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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

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Die Siebende
Mühewaltung/ aus lauter Göttlicher Gnade/ Gunst und Gewogenheit/
Gott hatte Jacob lieb in collation und Belehnung dieses zeitlichen Se-
gens/ Esau hat Er gehasset/ das ist/ nach Art der heiligen Schrifft/ postha-
b
irt und jenem nachgesetzet. Gratia non est gratia ullo modo, si non est
omni modo,
Stück- und Stümpel-Gnade ist keine Gnade/ gantze Gna-
de ist rechte Gnade.

Eine allgemeine allemans Gnade/ die nicht/ in Sachen un-
ser Seligkeit betreffend/ einem Menschen geneigter ist als dem andern/
sondern auff Seiten Gottes eine gleiche/ und gantz unparteyische Gnade/
Tit. 2, 11.dann es ist erschienen die heilsame Gnade allen Menschen/
gleich wie die Sonn über alle gleich leuchtet/ so weit sich Gottes Barmher-
tzigkeit/ Christi Verdienst außbreitet/ so weit gehet auch die Gnade des Hei-
ligen Geistes/ niemand ist hier absolute und bloß außgeschlossen. Gleich ist
die heiligmachende Gnade/ dann sonst sind die Ampts-Gaben un-
Rom. 12, 6.
1. Pet. 4, 10.
Luc. 23, 43.
Act. 9, 5. 9.
Matth.
11,
21.
gleich; gleich ist die ordentliche Mittel-Gnade des gepredigten
Worts und Sacramenten/
dann sonst ausser dieser Ordnung ist die
Gnade bey dem bekehrten Schecher/ bey Paulo und denen zu Chorazin
scheinbarer und mächtiger gewest.

An und vor sich selbst/ und ihrer eigenen innerlichen
Art nach/
dann daß in effectu die Gnade ungleich würcket/ das kommet
ex accidenti & circumstantia subjectorum, zufälliger weise aus mehrer
passiv-Fügligkeit bey dem einen als bey dem andern; gleich wie der Son-
nen Stralen ungleich würcken/ in dem Wachs und Erden; jenes erweicht
sie/ diese verhärtet sie/ Vrsach/ die subjecta sind ungleich/ alsol ist die Be-
kehrung der Heyden freylich leichter gewest als der Juden; der Huren und
Zöllner als der Phariseer: der einfältigen Leute eher als der Welt-Praller
1. Cor. 1, 27.und Welt-Weisen; Nicht viel edle/ sagt St. Paulus/ seynd beruf-
fen/ sondern was thonricht ist für der Welt/ das hat Gott er-
wehlet;
Selbst-Witz/ und vorgefassete/ starcke/ inprimirte Meynungen
sind harte Rigel/ so den Geist Gottes seine Würckung sperren; Daß aber
dem also/ daß ordentlicher Weise/ an und vor sich selbst die lebendigma-
chende Gnade gleich sey gegen alle Menschen gesinnet/ bey einem wie gegen
Rom. 5, 15.
20.
dem andern würcke/ das lehret St. Paulus/ da diese Gnade den Titul und
Namen führt sie seye perioseuousa, uperekperisseuousa uperballousa, anek-
diegetos kharis, ein über uns außgegossene/ reiche/ überfliessende/
überschwengliche/ unaußsprechliche Gnade/ so vielen wiederfahren/ mäch-

tiger

Die Siebende
Muͤhewaltung/ aus lauter Goͤttlicher Gnade/ Gunſt und Gewogenheit/
Gott hatte Jacob lieb in collation und Belehnung dieſes zeitlichen Se-
gens/ Eſau hat Er gehaſſet/ das iſt/ nach Art der heiligen Schrifft/ poſtha-
b
irt und jenem nachgeſetzet. Gratia non eſt gratia ullo modo, ſi non eſt
omni modo,
Stuͤck- und Stuͤmpel-Gnade iſt keine Gnade/ gantze Gna-
de iſt rechte Gnade.

Eine allgemeine allemans Gnade/ die nicht/ in Sachen un-
ſer Seligkeit betreffend/ einem Menſchen geneigter iſt als dem andern/
ſondern auff Seiten Gottes eine gleiche/ und gantz unparteyiſche Gnade/
Tit. 2, 11.dann es iſt erſchienen die heilſame Gnade allen Menſchen/
gleich wie die Sonn uͤber alle gleich leuchtet/ ſo weit ſich Gottes Barmher-
tzigkeit/ Chriſti Verdienſt außbreitet/ ſo weit gehet auch die Gnade des Hei-
ligen Geiſtes/ niemand iſt hier abſolutè und bloß außgeſchloſſen. Gleich iſt
die heiligmachende Gnade/ dann ſonſt ſind die Ampts-Gaben un-
Rom. 12, 6.
1. Pet. 4, 10.
Luc. 23, 43.
Act. 9, 5. 9.
Matth.
11,
21.
gleich; gleich iſt die ordentliche Mittel-Gnade des gepredigten
Worts und Sacramenten/
dann ſonſt auſſer dieſer Ordnung iſt die
Gnade bey dem bekehrten Schecher/ bey Paulo und denen zu Chorazin
ſcheinbarer und maͤchtiger geweſt.

An und vor ſich ſelbſt/ und ihrer eigenen innerlichen
Art nach/
dann daß in effectu die Gnade ungleich wuͤrcket/ das kommet
ex accidenti & circumſtantia ſubjectorum, zufaͤlliger weiſe aus mehrer
paſſiv-Fuͤgligkeit bey dem einen als bey dem andern; gleich wie der Son-
nen Stralen ungleich wuͤrcken/ in dem Wachs und Erden; jenes erweicht
ſie/ dieſe verhaͤrtet ſie/ Vrſach/ die ſubjecta ſind ungleich/ alſol iſt die Be-
kehrung der Heyden freylich leichter geweſt als der Juden; der Huren und
Zoͤllner als der Phariſeer: der einfaͤltigen Leute eher als der Welt-Praller
1. Cor. 1, 27.und Welt-Weiſen; Nicht viel edle/ ſagt St. Paulus/ ſeynd beruf-
fen/ ſondern was thõricht iſt fuͤr der Welt/ das hat Gott er-
wehlet;
Selbſt-Witz/ und vorgefaſſete/ ſtarcke/ inprimirte Meynungen
ſind harte Rigel/ ſo den Geiſt Gottes ſeine Wuͤrckung ſperren; Daß aber
dem alſo/ daß ordentlicher Weiſe/ an und vor ſich ſelbſt die lebendigma-
chende Gnade gleich ſey gegen alle Menſchen geſinnet/ bey einem wie gegen
Rom. 5, 15.
20.
dem andern wuͤrcke/ das lehret St. Paulus/ da dieſe Gnade den Titul und
Namen fuͤhrt ſie ſeye περιοςευούσα, ὑπερεκπερισσευούσα ὑπερβάλλουσα, ἀνεκ-
διήγητος χάρισ, ein uͤber uns außgegoſſene/ reiche/ uͤberflieſſende/
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[86/0118] Die Siebende Muͤhewaltung/ aus lauter Goͤttlicher Gnade/ Gunſt und Gewogenheit/ Gott hatte Jacob lieb in collation und Belehnung dieſes zeitlichen Se- gens/ Eſau hat Er gehaſſet/ das iſt/ nach Art der heiligen Schrifft/ poſtha- birt und jenem nachgeſetzet. Gratia non eſt gratia ullo modo, ſi non eſt omni modo, Stuͤck- und Stuͤmpel-Gnade iſt keine Gnade/ gantze Gna- de iſt rechte Gnade. Eine allgemeine allemans Gnade/ die nicht/ in Sachen un- ſer Seligkeit betreffend/ einem Menſchen geneigter iſt als dem andern/ ſondern auff Seiten Gottes eine gleiche/ und gantz unparteyiſche Gnade/ dann es iſt erſchienen die heilſame Gnade allen Menſchen/ gleich wie die Sonn uͤber alle gleich leuchtet/ ſo weit ſich Gottes Barmher- tzigkeit/ Chriſti Verdienſt außbreitet/ ſo weit gehet auch die Gnade des Hei- ligen Geiſtes/ niemand iſt hier abſolutè und bloß außgeſchloſſen. Gleich iſt die heiligmachende Gnade/ dann ſonſt ſind die Ampts-Gaben un- gleich; gleich iſt die ordentliche Mittel-Gnade des gepredigten Worts und Sacramenten/ dann ſonſt auſſer dieſer Ordnung iſt die Gnade bey dem bekehrten Schecher/ bey Paulo und denen zu Chorazin ſcheinbarer und maͤchtiger geweſt. Tit. 2, 11. Rom. 12, 6. 1. Pet. 4, 10. Luc. 23, 43. Act. 9, 5. 9. Matth. 11, 21. An und vor ſich ſelbſt/ und ihrer eigenen innerlichen Art nach/ dann daß in effectu die Gnade ungleich wuͤrcket/ das kommet ex accidenti & circumſtantia ſubjectorum, zufaͤlliger weiſe aus mehrer paſſiv-Fuͤgligkeit bey dem einen als bey dem andern; gleich wie der Son- nen Stralen ungleich wuͤrcken/ in dem Wachs und Erden; jenes erweicht ſie/ dieſe verhaͤrtet ſie/ Vrſach/ die ſubjecta ſind ungleich/ alſol iſt die Be- kehrung der Heyden freylich leichter geweſt als der Juden; der Huren und Zoͤllner als der Phariſeer: der einfaͤltigen Leute eher als der Welt-Praller und Welt-Weiſen; Nicht viel edle/ ſagt St. Paulus/ ſeynd beruf- fen/ ſondern was thõricht iſt fuͤr der Welt/ das hat Gott er- wehlet; Selbſt-Witz/ und vorgefaſſete/ ſtarcke/ inprimirte Meynungen ſind harte Rigel/ ſo den Geiſt Gottes ſeine Wuͤrckung ſperren; Daß aber dem alſo/ daß ordentlicher Weiſe/ an und vor ſich ſelbſt die lebendigma- chende Gnade gleich ſey gegen alle Menſchen geſinnet/ bey einem wie gegen dem andern wuͤrcke/ das lehret St. Paulus/ da dieſe Gnade den Titul und Namen fuͤhrt ſie ſeye περιοςευούσα, ὑπερεκπερισσευούσα ὑπερβάλλουσα, ἀνεκ- διήγητος χάρισ, ein uͤber uns außgegoſſene/ reiche/ uͤberflieſſende/ uͤberſchwengliche/ unaußſprechliche Gnade/ ſo vielen wiederfahren/ maͤch- tiger 1. Cor. 1, 27. Rom. 5, 15. 20.

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/118>, abgerufen am 22.11.2024.