Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 5. Straßburg, 1654.Die Neun vnd zwantzigste als hette anfangs das Volck nit vngern gesehen/ man hette Jesum gelas-sen/ wiewol sie hernach von den Hohenpriestern vnd Eltesten anders per- suadiret vnd verstifftet worden. Jst demnach gar glaublich/ daß eben die- ser Traum ins mittel kommen/ dadurch das Volck von jhrem vorigen be- ginnen abgeschrecket worden/ vnd demnach/ daß die relation vnd erzehlung solenniter vnd offentlich geschehen/ vnd also Christo ein offentlich zeugnüß seiner vnschuld sey zugestellet worden. Hette nun Pilatus diesem Weibesrath deferiret, wie wol hette er gethan: wie dann derselbe nit allezeit zuverachten; Es hat zwar durch Evae bösen Rath/ den sie jhrem Ehemann Adam ertheilet/ das gantze Weibliche Geschlechte den Rath-sitz/ das Lehr-ambt vnd Lehr-recht ver- lohren/ dieweil der erste Weiber-raht so vbel gerahten; doch gibt auch manch- Vide de Pythia Plu- tarch. l. de claris mu- lierib. p. 446.mahl eine fromme kluge Sara/ Abigail/ Pulceria/ einen heilsamen Rath/ der nicht zuverwerffen/ wann er mit Gottes Wort vnd der gesunden Ver- nunfft vbereinstimmet/ wie dieser Rath deß Weibes Pilati. Zwar es hat etwas geholffen bey der sach/ Pilatus hat jelänger jemehr zuruck gehalten. Aber endlich hat die politic, die Gunst-sucht das Feld behalten. Quid veri- Er
Die Neun vnd zwantzigſte als hette anfangs das Volck nit vngern geſehen/ man hette Jeſum gelaſ-ſen/ wiewol ſie hernach von den Hohenprieſtern vnd Elteſten anders per- ſuadiret vnd verſtifftet worden. Jſt demnach gar glaublich/ daß eben die- ſer Traum ins mittel kommen/ dadurch das Volck von jhrem vorigen be- ginnen abgeſchrecket worden/ vnd demnach/ daß die relation vnd erzehlung ſolenniter vnd offentlich geſchehen/ vnd alſo Chriſto ein offentlich zeugnuͤß ſeiner vnſchuld ſey zugeſtellet wordẽ. Hette nun Pilatus dieſem Weibesrath deferiret, wie wol hette er gethan: wie dann derſelbe nit allezeit zuverachtẽ; Es hat zwar durch Evæ boͤſen Rath/ den ſie jhrem Ehemañ Adam ertheilet/ das gantze Weibliche Geſchlechte den Rath-ſitz/ das Lehr-ambt vñ Lehr-recht ver- lohren/ dieweil der erſte Weiber-raht ſo vbel gerahten; doch gibt auch manch- Vide de Pythiâ Plu- tarch. l. de claris mu- lierib. p. 446.mahl eine fromme kluge Sara/ Abigail/ Pulceria/ einen heilſamen Rath/ der nicht zuverwerffen/ wann er mit Gottes Wort vnd der geſunden Ver- nunfft vbereinſtimmet/ wie dieſer Rath deß Weibes Pilati. Zwar es hat etwas geholffen bey der ſach/ Pilatus hat jelaͤnger jemehr zuruck gehalten. Aber endlich hat die politic, die Gunſt-ſucht das Feld behalten. Quid veri- Er
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Die Neun vnd zwantzigſte
als hette anfangs das Volck nit vngern geſehen/ man hette Jeſum gelaſ-
ſen/ wiewol ſie hernach von den Hohenprieſtern vnd Elteſten anders per-
ſuadiret vnd verſtifftet worden. Jſt demnach gar glaublich/ daß eben die-
ſer Traum ins mittel kommen/ dadurch das Volck von jhrem vorigen be-
ginnen abgeſchrecket worden/ vnd demnach/ daß die relation vnd erzehlung
ſolenniter vnd offentlich geſchehen/ vnd alſo Chriſto ein offentlich zeugnuͤß
ſeiner vnſchuld ſey zugeſtellet wordẽ. Hette nun Pilatus dieſem Weibesrath
deferiret, wie wol hette er gethan: wie dann derſelbe nit allezeit zuverachtẽ; Es
hat zwar durch Evæ boͤſen Rath/ den ſie jhrem Ehemañ Adam ertheilet/ das
gantze Weibliche Geſchlechte den Rath-ſitz/ das Lehr-ambt vñ Lehr-recht ver-
lohren/ dieweil der erſte Weiber-raht ſo vbel gerahten; doch gibt auch manch-
mahl eine fromme kluge Sara/ Abigail/ Pulceria/ einen heilſamen Rath/
der nicht zuverwerffen/ wann er mit Gottes Wort vnd der geſunden Ver-
nunfft vbereinſtimmet/ wie dieſer Rath deß Weibes Pilati. Zwar es hat
etwas geholffen bey der ſach/ Pilatus hat jelaͤnger jemehr zuruck gehalten.
Vide de
Pythiâ Plu-
tarch. l. de
claris mu-
lierib. p.
446.
Aber endlich hat die politic, die Gunſt-ſucht das Feld behalten. Quid veri-
tas? was iſt warheit ſagt er: du armer Tropff/ wiltu vmb der warheit willẽ lei-
den. Es mag auch wol ſeyn/ daß jhm die Oberſten deß Volcks den Traum
außgeredet: ſo ein tapfferer/ anſehenlicher Mann vñ Roͤmiſcher Landpfleger
ſolte ſich von einem Weibe nit laſſen ruckwendig machen? geſetzt; es geſchehe
dem beklagten gewalt/ ſein Blut ſey vber vns! wir wollen dich bey Gott vnd
der Welt vertreten/ vnſere Kinder ſollen geiſel ſeyn fuͤr deine Kinder du haſt
newlich wollen das Bildnuͤß deß Keyſers im Tempel auff richten/ wir haben
vnſere Haͤlſe entgegen geſetzt; wilt du vns ein Bild nehmen/ lieber nimb Je-
ſum hin! wo nicht! ſo wirſtu den Keyſer zum Feind bekommen/ du kenneſt
den Keyſer wol! hinc ceſſit juſtitia! da hat die juſtitia den Rechtshandel
verlohren/ warheit hat muͤſſen trawrig abziehen/ die from̃keit der rucken-
kehren. Darumb auch GOtt der HERR ſolche vngerechtigkeit der-
maſſen gerochen/ daß es Pilatus nicht zu lachen gehabt. Als er in ei-
nem Tumult am Berge Garizin viel Samariter getoͤdtet hatte/ wird er
beym L. Vitellio dem Roͤmiſchen Kriegsfuͤrſten verklaget/ vnd ſeines Land-
pfleger-ambts darauff entſetzet/ nach dem er eilff Jahr Landpfleger gewe-
ſen; fleucht demnach in Franckreich/ laͤſt ſich nicht weit von der Statt
Tournon bey dem Fluß Rhodano nieder/ hat keine gute ſtunde mehr/ ſei-
nes boͤſen vnruhigen gewiſſens halben/ verzweiffelt endlich vnnd erſticht
ſich. Alles nach dem vralten talions-recht/ gleich mit gleichen vergolten.
Er
Ioh. 18, 83.
Ioſeph. l.
18. c. 5.
Euſeb. l. 2.
hiſt. c. 7.
Fabulam
de Pilati
lacu apud
Lucernam
Helvetio-
rum tem
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