Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.Zehntes Capitel. Staatsverwaltung sich einmischen und in Zeitungsartikelnwiederhallen? Bei dem reitzbaren Gehör der Zeit dürfte der Versuch leicht die letzte Stunde der Städteordnung und ihrer Revision herbeiführen. 249. Die Land-Gemeinde beruht auf der allge- Zehntes Capitel. Staatsverwaltung ſich einmiſchen und in Zeitungsartikelnwiederhallen? Bei dem reitzbaren Gehoͤr der Zeit duͤrfte der Verſuch leicht die letzte Stunde der Staͤdteordnung und ihrer Reviſion herbeifuͤhren. 249. Die Land-Gemeinde beruht auf der allge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <note place="end" n="2)"> <pb facs="#f0252" n="240"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zehntes Capitel</hi>.</fw><lb/> <hi rendition="#et">Staatsverwaltung ſich einmiſchen und in Zeitungsartikeln<lb/> wiederhallen? Bei dem reitzbaren Gehoͤr der Zeit duͤrfte der<lb/> Verſuch leicht die letzte Stunde der Staͤdteordnung und ihrer<lb/> Reviſion herbeifuͤhren.</hi> </note><lb/> <p>249. Die <hi rendition="#g">Land-Gemeinde</hi> beruht auf der allge-<lb/> meinen Grundlage der ſtaͤdtiſchen, und ſo haben auch nach<lb/> dem Vorgange Baierns und Wuͤrtembergs andere Deutſche<lb/> Staaten, als Baden, Koͤnigreich Sachſen und zuletzt Cur-<lb/> Heſſen allgemeine Gemeindeordnungen geſtiftet, in welchen<lb/> Land und Staͤdte ſich nur durch Modificationen unterſchei-<lb/> den. Die Zweckmaͤßigkeit dieſes Verfahrens haͤngt davon<lb/> ab, ob gewiſſe Vorbedingungen ſich ſchon genuͤgend auf<lb/> dem Lande entwickelt haben: perſoͤnliche Freiheit des Land-<lb/> manns, freiere Dispoſition uͤber den Boden und deſſen<lb/> Bewirthſchaftung, Aufhebung gemeinſchaͤdlicher Exemtionen<lb/> von Gemeindelaſten und Ortsgerichten bei verbeſſerter<lb/> Einrichtung der letzteren, ein befreiteres Gewerbweſen un-<lb/> ter Beſeitigung des ſtrengen Unterſchiedes zwiſchen laͤndlichen<lb/> und ſtaͤdtiſchen Gewerben. Bei der Anordnung der laͤnd-<lb/> lichen Gemeinde muß aber viel mehr von vorne angefangen<lb/> werden als bei der ſtaͤdtiſchen. Denn waͤhrend dieſe ſich<lb/> entſchieden oͤrtlich abſchließt, nie zu klein iſt, immer eine<lb/> concentrirte Bevoͤlkerung enthaͤlt, kann die laͤndliche oft<lb/> erſt dadurch politiſche Bedeutung erhalten, daß ſie dieſe im<lb/> Verbande mit andern Gemeinden erſtrebt, bloß ihre indi-<lb/> viduellen Sorgen als laͤndliche Corporation fuͤr ſich ab-<lb/> thut. Den rechten Mittelpunkt zum lebendigen Vereine aber<lb/> zu finden iſt ſchwer. Denn nicht uͤberall gelingt es wie im<lb/> Großherzogthum Oldenburg neuerdings (Erlaß v. 28. Dec.<lb/> 1831), die kirchliche Gemeinde auch zum politiſchen Gemein-<lb/> deverbande zu geſtalten. Denn wie oft ſind es nicht ganz<lb/> verſchiedene Dorfſchaften und Weiler, die die Feldmark, die<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [240/0252]
Zehntes Capitel.
²⁾
Staatsverwaltung ſich einmiſchen und in Zeitungsartikeln
wiederhallen? Bei dem reitzbaren Gehoͤr der Zeit duͤrfte der
Verſuch leicht die letzte Stunde der Staͤdteordnung und ihrer
Reviſion herbeifuͤhren.
249. Die Land-Gemeinde beruht auf der allge-
meinen Grundlage der ſtaͤdtiſchen, und ſo haben auch nach
dem Vorgange Baierns und Wuͤrtembergs andere Deutſche
Staaten, als Baden, Koͤnigreich Sachſen und zuletzt Cur-
Heſſen allgemeine Gemeindeordnungen geſtiftet, in welchen
Land und Staͤdte ſich nur durch Modificationen unterſchei-
den. Die Zweckmaͤßigkeit dieſes Verfahrens haͤngt davon
ab, ob gewiſſe Vorbedingungen ſich ſchon genuͤgend auf
dem Lande entwickelt haben: perſoͤnliche Freiheit des Land-
manns, freiere Dispoſition uͤber den Boden und deſſen
Bewirthſchaftung, Aufhebung gemeinſchaͤdlicher Exemtionen
von Gemeindelaſten und Ortsgerichten bei verbeſſerter
Einrichtung der letzteren, ein befreiteres Gewerbweſen un-
ter Beſeitigung des ſtrengen Unterſchiedes zwiſchen laͤndlichen
und ſtaͤdtiſchen Gewerben. Bei der Anordnung der laͤnd-
lichen Gemeinde muß aber viel mehr von vorne angefangen
werden als bei der ſtaͤdtiſchen. Denn waͤhrend dieſe ſich
entſchieden oͤrtlich abſchließt, nie zu klein iſt, immer eine
concentrirte Bevoͤlkerung enthaͤlt, kann die laͤndliche oft
erſt dadurch politiſche Bedeutung erhalten, daß ſie dieſe im
Verbande mit andern Gemeinden erſtrebt, bloß ihre indi-
viduellen Sorgen als laͤndliche Corporation fuͤr ſich ab-
thut. Den rechten Mittelpunkt zum lebendigen Vereine aber
zu finden iſt ſchwer. Denn nicht uͤberall gelingt es wie im
Großherzogthum Oldenburg neuerdings (Erlaß v. 28. Dec.
1831), die kirchliche Gemeinde auch zum politiſchen Gemein-
deverbande zu geſtalten. Denn wie oft ſind es nicht ganz
verſchiedene Dorfſchaften und Weiler, die die Feldmark, die
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