Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.Sechstes Capitel. führen; eine Verfassung trägt nicht ungestraft den Charak-ter despotischer Erinnerungen an sich; eine solche schafft Despoten. 181. Jeder Kammer für sich gebührt das Recht durch 182. Weder eine einzelne Kammer, noch die Stände- 183. Jeder Landstand hat das Recht einer unverhoh- Sechstes Capitel. fuͤhren; eine Verfaſſung traͤgt nicht ungeſtraft den Charak-ter despotiſcher Erinnerungen an ſich; eine ſolche ſchafft Despoten. 181. Jeder Kammer fuͤr ſich gebuͤhrt das Recht durch 182. Weder eine einzelne Kammer, noch die Staͤnde- 183. Jeder Landſtand hat das Recht einer unverhoh- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0164" n="152"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Sechstes Capitel</hi>.</fw><lb/> fuͤhren; eine Verfaſſung traͤgt nicht ungeſtraft den Charak-<lb/> ter despotiſcher Erinnerungen an ſich; eine ſolche ſchafft<lb/> Despoten.</p><lb/> <p>181. Jeder Kammer fuͤr ſich gebuͤhrt das Recht durch<lb/> eine Adreſſe ihre Geſinnungen und Wuͤnſche gegen den<lb/> Koͤnig oder die Regierung auszuſprechen. Sie bildet die<lb/> Phyſiognomie der Verſammlung ab. Gluͤcklich wenn beide<lb/> Kammern in der Adreſſe einig zu ſeyn vermoͤgen, aber ſie<lb/> zur Einheit zuſammenzwingen, fuͤhrt wo nicht zur Unbe-<lb/> deutendheit, ſo zur Luͤge. Alle Antraͤge dahingegen, welche<lb/> geradezu eine rechtliche Folge beabſichtigen, muͤſſen von der<lb/> Staͤndeverſammlung als ſolcher ausgehn.</p><lb/> <p>182. Weder eine einzelne Kammer, noch die Staͤnde-<lb/> verſammlung hat das Recht Erklaͤrungen oder Rechtsver-<lb/> wahrungen an das Volk oder an die Landesbehoͤrden zu<lb/> richten. Sie ſteht allein in unmittelbarem Verhaͤltniß zur<lb/> hoͤchſten Regierungs- und Verwaltungs-Behoͤrde und alle<lb/> ſtaͤndiſchen Mittheilungen gehen durch dieſe. Hiervon ſind<lb/> allein die Antworten auf Bittſchriften ausgenommen.</p><lb/> <p>183. Jeder Landſtand hat das Recht einer unverhoh-<lb/> lenen Oppoſition; er kann ſeine Treue ſo gut im Nein<lb/> als im Ja bewaͤhren. Aber eben weil Wahrheit ſein Ziel<lb/> iſt, verwirft er die ſyſtematiſche Oppoſition (von der man<lb/> auch in England als von einer Maasregel der noch in der<lb/> Partheiung befangenen, ungelaͤuterten Verfaſſung zuruͤck-<lb/> zukommen anfaͤngt), hilft keine Parthey von Ja oder<lb/> Nein bilden, ſondern ſtimmt wie die Sache es jedes Mahl<lb/> von ſeiner Überzeugung fordert — <hi rendition="#aq">measures, not men,</hi><lb/> ſo lange nur irgend thunlich.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [152/0164]
Sechstes Capitel.
fuͤhren; eine Verfaſſung traͤgt nicht ungeſtraft den Charak-
ter despotiſcher Erinnerungen an ſich; eine ſolche ſchafft
Despoten.
181. Jeder Kammer fuͤr ſich gebuͤhrt das Recht durch
eine Adreſſe ihre Geſinnungen und Wuͤnſche gegen den
Koͤnig oder die Regierung auszuſprechen. Sie bildet die
Phyſiognomie der Verſammlung ab. Gluͤcklich wenn beide
Kammern in der Adreſſe einig zu ſeyn vermoͤgen, aber ſie
zur Einheit zuſammenzwingen, fuͤhrt wo nicht zur Unbe-
deutendheit, ſo zur Luͤge. Alle Antraͤge dahingegen, welche
geradezu eine rechtliche Folge beabſichtigen, muͤſſen von der
Staͤndeverſammlung als ſolcher ausgehn.
182. Weder eine einzelne Kammer, noch die Staͤnde-
verſammlung hat das Recht Erklaͤrungen oder Rechtsver-
wahrungen an das Volk oder an die Landesbehoͤrden zu
richten. Sie ſteht allein in unmittelbarem Verhaͤltniß zur
hoͤchſten Regierungs- und Verwaltungs-Behoͤrde und alle
ſtaͤndiſchen Mittheilungen gehen durch dieſe. Hiervon ſind
allein die Antworten auf Bittſchriften ausgenommen.
183. Jeder Landſtand hat das Recht einer unverhoh-
lenen Oppoſition; er kann ſeine Treue ſo gut im Nein
als im Ja bewaͤhren. Aber eben weil Wahrheit ſein Ziel
iſt, verwirft er die ſyſtematiſche Oppoſition (von der man
auch in England als von einer Maasregel der noch in der
Partheiung befangenen, ungelaͤuterten Verfaſſung zuruͤck-
zukommen anfaͤngt), hilft keine Parthey von Ja oder
Nein bilden, ſondern ſtimmt wie die Sache es jedes Mahl
von ſeiner Überzeugung fordert — measures, not men,
ſo lange nur irgend thunlich.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |