Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.Sechstes Capitel. endlich zu directen Wahlen zurückkehrte (Wahlg. v. 5 Febr. 1817),nicht bloß die Armuth ausschließen, sondern auf dem Reichthum ihre Kammer gründen wollte. Ihre 80,000 Wähler bei viel- leicht 20,000 Wählbaren (diese auf 1000 Francs, jene auf 300 directer Steuer gesetzt) sind seit dem neuesten Wahlgesetz vom 19. April 1831 freilich mehr als verdoppelt. Man zählt an 174,000 Wähler, seit höchstens 200 Francs directer Steuer die Bedin- gung dieses Rechtes sind, vom double vote des Höchstbesteuer- ten ist keine Rede mehr, allein noch immer bedingt man 500 Francs directer Steuer für die Wählbarkeit. Es wä[ - 2 Zeichen fehlen] aber statt von meuterischem Adel schon ein Wort von meuteri- schen Reichen zu reden, und die Stunde mag schlagen, da man in Frankreich eine Bürgschaft der Ruhe in Diäten sieht. Man hat die Saite schon anklingen hören. 157. Fälschlich hält man es für conservativ, die For- 158. Wo das Wählerrecht nicht bloß nach äußerli- Sechstes Capitel. endlich zu directen Wahlen zuruͤckkehrte (Wahlg. v. 5 Febr. 1817),nicht bloß die Armuth ausſchließen, ſondern auf dem Reichthum ihre Kammer gruͤnden wollte. Ihre 80,000 Waͤhler bei viel- leicht 20,000 Waͤhlbaren (dieſe auf 1000 Francs, jene auf 300 directer Steuer geſetzt) ſind ſeit dem neueſten Wahlgeſetz vom 19. April 1831 freilich mehr als verdoppelt. Man zaͤhlt an 174,000 Waͤhler, ſeit hoͤchſtens 200 Francs directer Steuer die Bedin- gung dieſes Rechtes ſind, vom double vote des Hoͤchſtbeſteuer- ten iſt keine Rede mehr, allein noch immer bedingt man 500 Francs directer Steuer fuͤr die Waͤhlbarkeit. Es waͤ[ – 2 Zeichen fehlen] aber ſtatt von meuteriſchem Adel ſchon ein Wort von meuteri- ſchen Reichen zu reden, und die Stunde mag ſchlagen, da man in Frankreich eine Buͤrgſchaft der Ruhe in Diaͤten ſieht. Man hat die Saite ſchon anklingen hoͤren. 157. Faͤlſchlich haͤlt man es fuͤr conſervativ, die For- 158. Wo das Waͤhlerrecht nicht bloß nach aͤußerli- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p> <pb facs="#f0146" n="134"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Sechstes Capitel</hi>.</fw><lb/> <hi rendition="#et">endlich zu directen Wahlen zuruͤckkehrte (Wahlg. v. 5 Febr. 1817),<lb/> nicht bloß die Armuth ausſchließen, ſondern auf dem Reichthum<lb/> ihre Kammer gruͤnden wollte. Ihre 80,000 Waͤhler bei viel-<lb/> leicht 20,000 Waͤhlbaren (dieſe auf 1000 Francs, jene auf 300<lb/> directer Steuer geſetzt) ſind ſeit dem neueſten Wahlgeſetz vom 19.<lb/> April 1831 freilich mehr als verdoppelt. Man zaͤhlt an 174,000<lb/> Waͤhler, ſeit hoͤchſtens 200 Francs directer Steuer die Bedin-<lb/> gung dieſes Rechtes ſind, vom <hi rendition="#aq">double vote</hi> des Hoͤchſtbeſteuer-<lb/> ten iſt keine Rede mehr, allein noch immer bedingt man<lb/> 500 Francs directer Steuer fuͤr die Waͤhlbarkeit. Es waͤ<gap unit="chars" quantity="2"/><lb/> aber ſtatt von meuteriſchem Adel ſchon ein Wort von meuteri-<lb/> ſchen Reichen zu reden, und die Stunde mag ſchlagen, da man<lb/> in Frankreich eine Buͤrgſchaft der Ruhe in <hi rendition="#g">Diaͤten</hi> ſieht. Man<lb/> hat die Saite ſchon anklingen hoͤren.</hi> </p><lb/> <p>157. Faͤlſchlich haͤlt man es fuͤr conſervativ, die For-<lb/> derung des Grundbeſitzes, die nicht einmahl in den Landge-<lb/> meinden unbedingt durchfuͤhrbar iſt, (denn Pachtungen und<lb/> Capitalien und Induſtrie verlangen gleichfalls Ruͤckſicht)<lb/> auch auf die Waͤhler der Staͤdte auszudehnen; wie viele<lb/> Beamte haben denn jetzt in großen Staͤdten, wo der Haus-<lb/> beſitz ein Gewerbe iſt, eigene Haͤuſer? Faͤlſchlich haͤlt man<lb/> es aber fuͤr eine Forderung der Freiheit, die Beamten ſo<lb/> viel moͤglich von den Staͤnden auszuſchließen. Schlimm<lb/> freilich, wenn es wie im Koͤnigreich Niederland ſteht, wo<lb/> die Stadt- und Gemeinderaͤthe allein die Provincial-<lb/> Staͤnde waͤhlen und dieſe wieder die Repraͤſentation in<lb/> die General-Staaten ſenden. Art. 144.</p><lb/> <p>158. Wo das Waͤhlerrecht nicht bloß nach aͤußerli-<lb/> chen Beſtimmungen abgegraͤnzt, ſondern nach lebendigen<lb/> Verhaͤltniſſen innerlich geordnet iſt, da ſcheint die <hi rendition="#g">Waͤhl-<lb/> barkeit</hi> vollends keiner Einkommens-Schranke zu beduͤr-<lb/> fen, und die Wuͤrtembergiſche Verfaſſung (§§. 134. 135.<lb/> 146.) wird dem Grundſatze nach wohl recht haben. Frei-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [134/0146]
Sechstes Capitel.
endlich zu directen Wahlen zuruͤckkehrte (Wahlg. v. 5 Febr. 1817),
nicht bloß die Armuth ausſchließen, ſondern auf dem Reichthum
ihre Kammer gruͤnden wollte. Ihre 80,000 Waͤhler bei viel-
leicht 20,000 Waͤhlbaren (dieſe auf 1000 Francs, jene auf 300
directer Steuer geſetzt) ſind ſeit dem neueſten Wahlgeſetz vom 19.
April 1831 freilich mehr als verdoppelt. Man zaͤhlt an 174,000
Waͤhler, ſeit hoͤchſtens 200 Francs directer Steuer die Bedin-
gung dieſes Rechtes ſind, vom double vote des Hoͤchſtbeſteuer-
ten iſt keine Rede mehr, allein noch immer bedingt man
500 Francs directer Steuer fuͤr die Waͤhlbarkeit. Es waͤ__
aber ſtatt von meuteriſchem Adel ſchon ein Wort von meuteri-
ſchen Reichen zu reden, und die Stunde mag ſchlagen, da man
in Frankreich eine Buͤrgſchaft der Ruhe in Diaͤten ſieht. Man
hat die Saite ſchon anklingen hoͤren.
157. Faͤlſchlich haͤlt man es fuͤr conſervativ, die For-
derung des Grundbeſitzes, die nicht einmahl in den Landge-
meinden unbedingt durchfuͤhrbar iſt, (denn Pachtungen und
Capitalien und Induſtrie verlangen gleichfalls Ruͤckſicht)
auch auf die Waͤhler der Staͤdte auszudehnen; wie viele
Beamte haben denn jetzt in großen Staͤdten, wo der Haus-
beſitz ein Gewerbe iſt, eigene Haͤuſer? Faͤlſchlich haͤlt man
es aber fuͤr eine Forderung der Freiheit, die Beamten ſo
viel moͤglich von den Staͤnden auszuſchließen. Schlimm
freilich, wenn es wie im Koͤnigreich Niederland ſteht, wo
die Stadt- und Gemeinderaͤthe allein die Provincial-
Staͤnde waͤhlen und dieſe wieder die Repraͤſentation in
die General-Staaten ſenden. Art. 144.
158. Wo das Waͤhlerrecht nicht bloß nach aͤußerli-
chen Beſtimmungen abgegraͤnzt, ſondern nach lebendigen
Verhaͤltniſſen innerlich geordnet iſt, da ſcheint die Waͤhl-
barkeit vollends keiner Einkommens-Schranke zu beduͤr-
fen, und die Wuͤrtembergiſche Verfaſſung (§§. 134. 135.
146.) wird dem Grundſatze nach wohl recht haben. Frei-
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