Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.Bildung der zweiten Kammer. von ihrem ursprünglichen Grundbesitze her, dessen Verwal-tung mit selbständigem Gemeinderecht sie zu wichtigen po- litischen Körperschaften machte. Aber gerade dieser Theil ihrer Bedeutung ist überall im Verschwinden; die neuen Universitäten sind ohne Grundbesitz errichtet; auch als ge- lehrte Körperschaften ist ihre Selbständigkeit geringe; keine Selbstwahl der Lehrer mehr; keine unveränderlichen Sta- tuten; abnehmende Geltung der akademischen Würden im Staate. Mithin findet an sich hier kein größerer Anspruch auf Beschickung des Landtags statt, als etwa für ein höhe- res Landes-Collegium. Dennoch kann es nützlich seyn einer unpartheilich zum ganzen Lande stehenden Gesellschaft der Wis- senschaftlichen ein Wahlrecht einzuräumen, nur daß die Wahl nicht nothwendig an ein Mitglied derselben gebunden sey. 154. Jeder Wähler muß die volle Rechtsfähigkeit Moribus civilia officia ademta sunt feminis. Fr. 1. §. 1. D. 16, 1. 155. Den Maasstab der Einkünfte für den Wähler 9*
Bildung der zweiten Kammer. von ihrem urſpruͤnglichen Grundbeſitze her, deſſen Verwal-tung mit ſelbſtaͤndigem Gemeinderecht ſie zu wichtigen po- litiſchen Koͤrperſchaften machte. Aber gerade dieſer Theil ihrer Bedeutung iſt uͤberall im Verſchwinden; die neuen Univerſitaͤten ſind ohne Grundbeſitz errichtet; auch als ge- lehrte Koͤrperſchaften iſt ihre Selbſtaͤndigkeit geringe; keine Selbſtwahl der Lehrer mehr; keine unveraͤnderlichen Sta- tuten; abnehmende Geltung der akademiſchen Wuͤrden im Staate. Mithin findet an ſich hier kein groͤßerer Anſpruch auf Beſchickung des Landtags ſtatt, als etwa fuͤr ein hoͤhe- res Landes-Collegium. Dennoch kann es nuͤtzlich ſeyn einer unpartheilich zum ganzen Lande ſtehenden Geſellſchaft der Wiſ- ſenſchaftlichen ein Wahlrecht einzuraͤumen, nur daß die Wahl nicht nothwendig an ein Mitglied derſelben gebunden ſey. 154. Jeder Waͤhler muß die volle Rechtsfaͤhigkeit Moribus civilia officia ademta sunt feminis. Fr. 1. §. 1. D. 16, 1. 155. Den Maasſtab der Einkuͤnfte fuͤr den Waͤhler 9*
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Bildung der zweiten Kammer.
von ihrem urſpruͤnglichen Grundbeſitze her, deſſen Verwal-
tung mit ſelbſtaͤndigem Gemeinderecht ſie zu wichtigen po-
litiſchen Koͤrperſchaften machte. Aber gerade dieſer Theil
ihrer Bedeutung iſt uͤberall im Verſchwinden; die neuen
Univerſitaͤten ſind ohne Grundbeſitz errichtet; auch als ge-
lehrte Koͤrperſchaften iſt ihre Selbſtaͤndigkeit geringe; keine
Selbſtwahl der Lehrer mehr; keine unveraͤnderlichen Sta-
tuten; abnehmende Geltung der akademiſchen Wuͤrden im
Staate. Mithin findet an ſich hier kein groͤßerer Anſpruch
auf Beſchickung des Landtags ſtatt, als etwa fuͤr ein hoͤhe-
res Landes-Collegium. Dennoch kann es nuͤtzlich ſeyn einer
unpartheilich zum ganzen Lande ſtehenden Geſellſchaft der Wiſ-
ſenſchaftlichen ein Wahlrecht einzuraͤumen, nur daß die Wahl
nicht nothwendig an ein Mitglied derſelben gebunden ſey.
154. Jeder Waͤhler muß die volle Rechtsfaͤhigkeit
eines Eingeborenen beſitzen, das geſetzliche Alter und (es
waͤre denn daß eine beſſere Bewaͤhrung an die Stelle traͤte)
ein Gewiſſes an ſichern Einkuͤnften. Er muß auch wohn-
haft (oder mindeſtens angeſeſſen) in der Ortsgemeinde, in
welcher er Wahlrechte anſpricht, ſeyn, und verwandt der-
ſelben, wenn auch nicht als Vollbuͤrger, ſo doch durch
gewiſſe Leiſtungen fuͤr die Gemeinde. Noch ſtandesloſe,
und Schuͤtzlinge eines Standes (Lehrlinge aller Art) oder
die in der Gewalt ihrer Glaͤubiger ſtehend, vor der Hand
keinen Stand haben, uͤben kein Wahlrecht. Das Wahl-
recht der Frauen in Canada (doch ohne Waͤhlbarkeit) wird
wol eine muntere Ausnahme bleiben.
Moribus civilia officia ademta sunt feminis. Fr. 1. §. 1. D. 16, 1.
Auf den deutſchen Reichstagen erſcheinen die Äbtiſſinnen in den
letzten 5 Jahrhunderten nur durch Geſandte. Scheidemantel Repert.
I, 103. vergl. Hugo Naturrecht §. 166. n. 3.
155. Den Maasſtab der Einkuͤnfte fuͤr den Waͤhler
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