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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

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führung abgeschnitten, weil sie die Heberolle nicht kennen.
Und wenn sie sie kennten, tritt ihnen nicht sofort eine an-
dere Heimlichkeit, die der Personen, eben so hemmend
entgegen? Denn keinen Unterbeamten giebt es, der nicht
der Form nach im Namen eines Höheren verführe, wel-
cher seine Vollmacht unterzeichnet hat, ohne ihre Grund-
lagen zu untersuchen. Darum wagt man im Dorfe nicht
sich gegen den Unterbeamten zu beschweren, denn er hat
seine Vollmacht vom Intendanten, in der Stadt nicht
gegen den Intendanten, denn er stützt sich auf eine Cabi-
netsorder; und wenn selbst eines der höchsten Collegien
sich erkühnt Gegenvorstellungen gegen ministerielle Befehle,
deren Inhalt vielleicht nur ihren Commis deutlich bekannt
ist, zu versuchen, so heißt man ihn einen Verwegenen,
denn diese Befehle sind vom König selbst unterzeichnet.
Die Sachen stehen so als hätte die Regierung ihren Beam-
ten von jeder Abstufung erklärt: "Diese Summe Geldes
bedürfen wir, nehmt sie von wem ihr wollet, ihr seyd für
nichts verantwortlich, als daß ihr sie anschaffet."

Drei directe Abgaben bestehen: die Taille, die Kopf-
steuer und der Zwanzigste. -- Ich unterbreche aber hier
für eine Weile den Gang der Denkschrift, um zu bemer-
ken, daß die Taille die einzige Steuer war, welche er-
höht werden konnte, ohne einer Einzeichnung von Seiten
der Parlamente zu bedürfen. Sie war, nach ihrem Haupt-
ertrage bemessen, eine Grundsteuer, welche in einigen
Steuerbezirken des Südens bloß das gemeine Grundeigen-

führung abgeſchnitten, weil ſie die Heberolle nicht kennen.
Und wenn ſie ſie kennten, tritt ihnen nicht ſofort eine an-
dere Heimlichkeit, die der Perſonen, eben ſo hemmend
entgegen? Denn keinen Unterbeamten giebt es, der nicht
der Form nach im Namen eines Höheren verführe, wel-
cher ſeine Vollmacht unterzeichnet hat, ohne ihre Grund-
lagen zu unterſuchen. Darum wagt man im Dorfe nicht
ſich gegen den Unterbeamten zu beſchweren, denn er hat
ſeine Vollmacht vom Intendanten, in der Stadt nicht
gegen den Intendanten, denn er ſtützt ſich auf eine Cabi-
netsorder; und wenn ſelbſt eines der höchſten Collegien
ſich erkühnt Gegenvorſtellungen gegen miniſterielle Befehle,
deren Inhalt vielleicht nur ihren Commis deutlich bekannt
iſt, zu verſuchen, ſo heißt man ihn einen Verwegenen,
denn dieſe Befehle ſind vom König ſelbſt unterzeichnet.
Die Sachen ſtehen ſo als hätte die Regierung ihren Beam-
ten von jeder Abſtufung erklärt: „Dieſe Summe Geldes
bedürfen wir, nehmt ſie von wem ihr wollet, ihr ſeyd für
nichts verantwortlich, als daß ihr ſie anſchaffet.“

Drei directe Abgaben beſtehen: die Taille, die Kopf-
ſteuer und der Zwanzigſte. — Ich unterbreche aber hier
für eine Weile den Gang der Denkſchrift, um zu bemer-
ken, daß die Taille die einzige Steuer war, welche er-
höht werden konnte, ohne einer Einzeichnung von Seiten
der Parlamente zu bedürfen. Sie war, nach ihrem Haupt-
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[42/0052] führung abgeſchnitten, weil ſie die Heberolle nicht kennen. Und wenn ſie ſie kennten, tritt ihnen nicht ſofort eine an- dere Heimlichkeit, die der Perſonen, eben ſo hemmend entgegen? Denn keinen Unterbeamten giebt es, der nicht der Form nach im Namen eines Höheren verführe, wel- cher ſeine Vollmacht unterzeichnet hat, ohne ihre Grund- lagen zu unterſuchen. Darum wagt man im Dorfe nicht ſich gegen den Unterbeamten zu beſchweren, denn er hat ſeine Vollmacht vom Intendanten, in der Stadt nicht gegen den Intendanten, denn er ſtützt ſich auf eine Cabi- netsorder; und wenn ſelbſt eines der höchſten Collegien ſich erkühnt Gegenvorſtellungen gegen miniſterielle Befehle, deren Inhalt vielleicht nur ihren Commis deutlich bekannt iſt, zu verſuchen, ſo heißt man ihn einen Verwegenen, denn dieſe Befehle ſind vom König ſelbſt unterzeichnet. Die Sachen ſtehen ſo als hätte die Regierung ihren Beam- ten von jeder Abſtufung erklärt: „Dieſe Summe Geldes bedürfen wir, nehmt ſie von wem ihr wollet, ihr ſeyd für nichts verantwortlich, als daß ihr ſie anſchaffet.“ Drei directe Abgaben beſtehen: die Taille, die Kopf- ſteuer und der Zwanzigſte. — Ich unterbreche aber hier für eine Weile den Gang der Denkſchrift, um zu bemer- ken, daß die Taille die einzige Steuer war, welche er- höht werden konnte, ohne einer Einzeichnung von Seiten der Parlamente zu bedürfen. Sie war, nach ihrem Haupt- ertrage bemeſſen, eine Grundſteuer, welche in einigen Steuerbezirken des Südens bloß das gemeine Grundeigen-

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/52>, abgerufen am 01.05.2024.