Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

der innerhalb seiner Mauern versteckten Verräther durch
Schrecken zu bändigen; und ohne Zweifel wird die ganze
Nation nach der langen Kette von Verräthereien, welche
sie bis an den Rand des Abgrundes gebracht haben, wett-
eifern einer so nützlichen und so nothwendigen Maßregel
nachzuahmen, und alle Franzosen werden gleich den
Parisern sagen: Wir ziehen gegen den Feind, allein wir
werden keine Banditen in unserm Rücken lassen, die un-
sere Frauen und Kinder ermorden." Hier folgen sieben
Unterschriften: Duplain. Panis. Sergent. Lenfant. Ma-
rat
. Lefort. Jourdeuil. Auch zeigten sich in Rheims, in
Meaux, in Lyon und anderer Orten Nacheiferer. Am wil-
desten begab sich die Ermordung von über 50 Gefangenen,
die von Orleans nach Versailles gebracht wurden und
weiter nach Paris sollten. Die Pariser Mörder gingen
diesen entgegen, vergeblich daß der Maire von Versailles
sie zu retten suchte. Unter den hier Ermordeten befand
sich Delessart, der frühere Minister. Versailles hatte die
ganze Schwere der Revolution schon empfunden. Seit
der Entfernung des Hofes sank die Stadt von 80,000 Ein-
wohnern auf 25,000 herab.

Fragt man, wo in diesen vier Tagen und Nächten des
Mordens bei Sonnen- und bei Fackelschein die National-
garde blieb, so lautet die Antwort daß Santerre sie unge-
achtet aller Mahnungen Rolands unaufgeboten ließ. Und
die Nationalversammlung? Sie forderte den Gemeinde-
rath auf, über den Zustand der Stadt zu berichten; der aber

der innerhalb ſeiner Mauern verſteckten Verräther durch
Schrecken zu bändigen; und ohne Zweifel wird die ganze
Nation nach der langen Kette von Verräthereien, welche
ſie bis an den Rand des Abgrundes gebracht haben, wett-
eifern einer ſo nützlichen und ſo nothwendigen Maßregel
nachzuahmen, und alle Franzoſen werden gleich den
Pariſern ſagen: Wir ziehen gegen den Feind, allein wir
werden keine Banditen in unſerm Rücken laſſen, die un-
ſere Frauen und Kinder ermorden.“ Hier folgen ſieben
Unterſchriften: Duplain. Panis. Sergent. Lenfant. Ma-
rat
. Lefort. Jourdeuil. Auch zeigten ſich in Rheims, in
Meaux, in Lyon und anderer Orten Nacheiferer. Am wil-
deſten begab ſich die Ermordung von über 50 Gefangenen,
die von Orleans nach Verſailles gebracht wurden und
weiter nach Paris ſollten. Die Pariſer Mörder gingen
dieſen entgegen, vergeblich daß der Maire von Verſailles
ſie zu retten ſuchte. Unter den hier Ermordeten befand
ſich Deleſſart, der frühere Miniſter. Verſailles hatte die
ganze Schwere der Revolution ſchon empfunden. Seit
der Entfernung des Hofes ſank die Stadt von 80,000 Ein-
wohnern auf 25,000 herab.

Fragt man, wo in dieſen vier Tagen und Nächten des
Mordens bei Sonnen- und bei Fackelſchein die National-
garde blieb, ſo lautet die Antwort daß Santerre ſie unge-
achtet aller Mahnungen Rolands unaufgeboten ließ. Und
die Nationalverſammlung? Sie forderte den Gemeinde-
rath auf, über den Zuſtand der Stadt zu berichten; der aber

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0478" n="468"/>
der innerhalb &#x017F;einer Mauern ver&#x017F;teckten Verräther durch<lb/>
Schrecken zu bändigen; und ohne Zweifel wird die ganze<lb/>
Nation nach der langen Kette von Verräthereien, welche<lb/>
&#x017F;ie bis an den Rand des Abgrundes gebracht haben, wett-<lb/>
eifern einer &#x017F;o nützlichen und &#x017F;o nothwendigen Maßregel<lb/><hi rendition="#g">nachzuahmen</hi>, und alle Franzo&#x017F;en werden gleich den<lb/>
Pari&#x017F;ern &#x017F;agen: Wir ziehen gegen den Feind, allein wir<lb/>
werden keine Banditen in un&#x017F;erm Rücken la&#x017F;&#x017F;en, die un-<lb/>
&#x017F;ere Frauen und Kinder ermorden.&#x201C; Hier folgen &#x017F;ieben<lb/>
Unter&#x017F;chriften: Duplain. Panis. Sergent. Lenfant. <hi rendition="#g">Ma-<lb/>
rat</hi>. Lefort. Jourdeuil. Auch zeigten &#x017F;ich in Rheims, in<lb/>
Meaux, in Lyon und anderer Orten Nacheiferer. Am wil-<lb/>
de&#x017F;ten begab &#x017F;ich die Ermordung von über 50 Gefangenen,<lb/>
die von Orleans nach Ver&#x017F;ailles gebracht wurden und<lb/>
weiter nach Paris &#x017F;ollten. Die Pari&#x017F;er Mörder gingen<lb/>
die&#x017F;en entgegen, vergeblich daß der Maire von Ver&#x017F;ailles<lb/>
&#x017F;ie zu retten &#x017F;uchte. Unter den hier Ermordeten befand<lb/>
&#x017F;ich Dele&#x017F;&#x017F;art, der frühere Mini&#x017F;ter. Ver&#x017F;ailles hatte die<lb/>
ganze Schwere der Revolution &#x017F;chon empfunden. Seit<lb/>
der Entfernung des Hofes &#x017F;ank die Stadt von 80,000 Ein-<lb/>
wohnern auf 25,000 herab.</p><lb/>
          <p>Fragt man, wo in die&#x017F;en vier Tagen und Nächten des<lb/>
Mordens bei Sonnen- und bei Fackel&#x017F;chein die National-<lb/>
garde blieb, &#x017F;o lautet die Antwort daß Santerre &#x017F;ie unge-<lb/>
achtet aller Mahnungen Rolands unaufgeboten ließ. Und<lb/>
die Nationalver&#x017F;ammlung? Sie forderte den Gemeinde-<lb/>
rath auf, über den Zu&#x017F;tand der Stadt zu berichten; der aber<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[468/0478] der innerhalb ſeiner Mauern verſteckten Verräther durch Schrecken zu bändigen; und ohne Zweifel wird die ganze Nation nach der langen Kette von Verräthereien, welche ſie bis an den Rand des Abgrundes gebracht haben, wett- eifern einer ſo nützlichen und ſo nothwendigen Maßregel nachzuahmen, und alle Franzoſen werden gleich den Pariſern ſagen: Wir ziehen gegen den Feind, allein wir werden keine Banditen in unſerm Rücken laſſen, die un- ſere Frauen und Kinder ermorden.“ Hier folgen ſieben Unterſchriften: Duplain. Panis. Sergent. Lenfant. Ma- rat. Lefort. Jourdeuil. Auch zeigten ſich in Rheims, in Meaux, in Lyon und anderer Orten Nacheiferer. Am wil- deſten begab ſich die Ermordung von über 50 Gefangenen, die von Orleans nach Verſailles gebracht wurden und weiter nach Paris ſollten. Die Pariſer Mörder gingen dieſen entgegen, vergeblich daß der Maire von Verſailles ſie zu retten ſuchte. Unter den hier Ermordeten befand ſich Deleſſart, der frühere Miniſter. Verſailles hatte die ganze Schwere der Revolution ſchon empfunden. Seit der Entfernung des Hofes ſank die Stadt von 80,000 Ein- wohnern auf 25,000 herab. Fragt man, wo in dieſen vier Tagen und Nächten des Mordens bei Sonnen- und bei Fackelſchein die National- garde blieb, ſo lautet die Antwort daß Santerre ſie unge- achtet aller Mahnungen Rolands unaufgeboten ließ. Und die Nationalverſammlung? Sie forderte den Gemeinde- rath auf, über den Zuſtand der Stadt zu berichten; der aber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/478
Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/478>, abgerufen am 27.04.2024.