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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

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von der eindringlichen Bitte an den König aus, er möge
in der Erhaltung der Constitution das einzige Heil Frank-
reichs erblicken, und knüpft daran die Bitte, gegen das
letzte Decret der Nationalversammlung sein Veto einlegen
zu wollen. "Sire, die Nationalversammlung hat sicher-
lich das Gute gewollt und will es beständig: wir erwei-
sen ihr gern diese Huldigung, verschaffen ihr gern Genug-
thuung, ihren strafbaren Widersachern gegenüber; sie hat
die unzähligen Übel ausrotten wollen, wovon gerade jetzt
die kirchlichen Zwistigkeiten die Ursache oder der Vorwand
sind. Allein wir glauben daß dieser löbliche Vorsatz sie zu
Maßregeln verleitet hat, welche die Constitution, die Ge-
rechtigkeit, die Klugheit nicht dulden.

"Für die Zukunft soll für alle Geistliche außer Dienst
der Genuß ihrer Jahrgelder von der Ableistung des Bür-
gereides abhängen, während die Constitution ganz aus-
drücklich und buchstäblich diese Pensionen der National-
schuld gleichstellt. Kann denn aber die Weigerung irgend
einen Eid zu leisten, und wäre dieser der allergesetzlichste,
ein anerkanntes Recht des Gläubigers vernichten? und
kann in irgend einem Falle es dem Schuldner zustehen,
hinterher eine Bedingung zu stellen, welche ihn von einer
früher eingegangenen Verpflichtung befreien soll?

"Die constituirende Versammlung hat in Bezug auf
die unbeeidigten Priester gethan was sie thun konnte.
Diese haben den vorgeschriebenen Eid verweigert, sie hat
dieselben ihrer Functionen beraubt, und indem sie sie außer

von der eindringlichen Bitte an den König aus, er möge
in der Erhaltung der Conſtitution das einzige Heil Frank-
reichs erblicken, und knüpft daran die Bitte, gegen das
letzte Decret der Nationalverſammlung ſein Veto einlegen
zu wollen. „Sire, die Nationalverſammlung hat ſicher-
lich das Gute gewollt und will es beſtändig: wir erwei-
ſen ihr gern dieſe Huldigung, verſchaffen ihr gern Genug-
thuung, ihren ſtrafbaren Widerſachern gegenüber; ſie hat
die unzähligen Übel ausrotten wollen, wovon gerade jetzt
die kirchlichen Zwiſtigkeiten die Urſache oder der Vorwand
ſind. Allein wir glauben daß dieſer löbliche Vorſatz ſie zu
Maßregeln verleitet hat, welche die Conſtitution, die Ge-
rechtigkeit, die Klugheit nicht dulden.

„Für die Zukunft ſoll für alle Geiſtliche außer Dienſt
der Genuß ihrer Jahrgelder von der Ableiſtung des Bür-
gereides abhängen, während die Conſtitution ganz aus-
drücklich und buchſtäblich dieſe Penſionen der National-
ſchuld gleichſtellt. Kann denn aber die Weigerung irgend
einen Eid zu leiſten, und wäre dieſer der allergeſetzlichſte,
ein anerkanntes Recht des Gläubigers vernichten? und
kann in irgend einem Falle es dem Schuldner zuſtehen,
hinterher eine Bedingung zu ſtellen, welche ihn von einer
früher eingegangenen Verpflichtung befreien ſoll?

„Die conſtituirende Verſammlung hat in Bezug auf
die unbeeidigten Prieſter gethan was ſie thun konnte.
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[408/0418] von der eindringlichen Bitte an den König aus, er möge in der Erhaltung der Conſtitution das einzige Heil Frank- reichs erblicken, und knüpft daran die Bitte, gegen das letzte Decret der Nationalverſammlung ſein Veto einlegen zu wollen. „Sire, die Nationalverſammlung hat ſicher- lich das Gute gewollt und will es beſtändig: wir erwei- ſen ihr gern dieſe Huldigung, verſchaffen ihr gern Genug- thuung, ihren ſtrafbaren Widerſachern gegenüber; ſie hat die unzähligen Übel ausrotten wollen, wovon gerade jetzt die kirchlichen Zwiſtigkeiten die Urſache oder der Vorwand ſind. Allein wir glauben daß dieſer löbliche Vorſatz ſie zu Maßregeln verleitet hat, welche die Conſtitution, die Ge- rechtigkeit, die Klugheit nicht dulden. „Für die Zukunft ſoll für alle Geiſtliche außer Dienſt der Genuß ihrer Jahrgelder von der Ableiſtung des Bür- gereides abhängen, während die Conſtitution ganz aus- drücklich und buchſtäblich dieſe Penſionen der National- ſchuld gleichſtellt. Kann denn aber die Weigerung irgend einen Eid zu leiſten, und wäre dieſer der allergeſetzlichſte, ein anerkanntes Recht des Gläubigers vernichten? und kann in irgend einem Falle es dem Schuldner zuſtehen, hinterher eine Bedingung zu ſtellen, welche ihn von einer früher eingegangenen Verpflichtung befreien ſoll? „Die conſtituirende Verſammlung hat in Bezug auf die unbeeidigten Prieſter gethan was ſie thun konnte. Dieſe haben den vorgeſchriebenen Eid verweigert, ſie hat dieſelben ihrer Functionen beraubt, und indem ſie ſie außer

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/418>, abgerufen am 14.05.2024.