Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

auch nur ein Haar, kein Stein von Paris auf dem andern
bleiben wird. Ich kenne die Wege und werde sie den
fremden Heeren selbst zeigen, die Vergeltung wird Euch
ereilen. Dieser Brief ist nur der Vorläufer eines Mani-
fests der Souveräne Europa's: sie werden Euch vernehm-
licher kundthun was Ihr zu thun und zu fürchten habt.
Gott befohlen, meine Herren, ich schließe ohne Förmlich-
keiten; meine Gesinnungen sind Euch bekannt."

Die Rückreise der königlichen Familie, auf einer Strecke
von etwa 30 deutschen Meilen, dauerte volle vier Tage,
so unermeßlich war die Volksmenge auf allen Straßen zu-
sammengeströmt, und je näher man der Hauptstadt rückte,
um so langsamer schritt der unheimliche Zug vorwärts,
auf dem Bocke drei Leibgarden sitzend, ihres Todes ge-
wärtig, weil sie auf der Reise Courierdienste gethan, um
den Wagen Nationalgarden, die meisten zu Fuß, halb-
verdrängt von der stets wachsenden Schaar von Landleu-
ten, die mit Forken und Sensen bewaffnet auf Ackerpfer-
den heransprengten, alle den Hut auf, ohne Begrüßung
des Fürsten; als ein Edelmann, von Dampierre, heran-
trat, mit Schmerz im Blick seine Ergebenheit denen im
Wagen bezeugte, büßte er die That mit dem augenblick-
lichen Tode. Bei Epernay begegnete man den Commissa-
rien der Nationalversammlung. Zwei von ihnen, Bar-
nave und Petion nahmen in dem königlichen Wagen Platz;
der dritte Latour-Maubourg vermied das. Den 25sten
Abends erreichte man die Hauptstadt. In der Vorstadt

auch nur ein Haar, kein Stein von Paris auf dem andern
bleiben wird. Ich kenne die Wege und werde ſie den
fremden Heeren ſelbſt zeigen, die Vergeltung wird Euch
ereilen. Dieſer Brief iſt nur der Vorläufer eines Mani-
feſts der Souveräne Europa’s: ſie werden Euch vernehm-
licher kundthun was Ihr zu thun und zu fürchten habt.
Gott befohlen, meine Herren, ich ſchließe ohne Förmlich-
keiten; meine Geſinnungen ſind Euch bekannt.“

Die Rückreiſe der königlichen Familie, auf einer Strecke
von etwa 30 deutſchen Meilen, dauerte volle vier Tage,
ſo unermeßlich war die Volksmenge auf allen Straßen zu-
ſammengeſtrömt, und je näher man der Hauptſtadt rückte,
um ſo langſamer ſchritt der unheimliche Zug vorwärts,
auf dem Bocke drei Leibgarden ſitzend, ihres Todes ge-
wärtig, weil ſie auf der Reiſe Courierdienſte gethan, um
den Wagen Nationalgarden, die meiſten zu Fuß, halb-
verdrängt von der ſtets wachſenden Schaar von Landleu-
ten, die mit Forken und Senſen bewaffnet auf Ackerpfer-
den heranſprengten, alle den Hut auf, ohne Begrüßung
des Fürſten; als ein Edelmann, von Dampierre, heran-
trat, mit Schmerz im Blick ſeine Ergebenheit denen im
Wagen bezeugte, büßte er die That mit dem augenblick-
lichen Tode. Bei Epernay begegnete man den Commiſſa-
rien der Nationalverſammlung. Zwei von ihnen, Bar-
nave und Pétion nahmen in dem königlichen Wagen Platz;
der dritte Latour-Maubourg vermied das. Den 25ſten
Abends erreichte man die Hauptſtadt. In der Vorſtadt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0389" n="379"/>
auch nur ein Haar, kein Stein von Paris auf dem andern<lb/>
bleiben wird. Ich kenne die Wege und werde &#x017F;ie den<lb/>
fremden Heeren &#x017F;elb&#x017F;t zeigen, die Vergeltung wird Euch<lb/>
ereilen. Die&#x017F;er Brief i&#x017F;t nur der Vorläufer eines Mani-<lb/>
fe&#x017F;ts der Souveräne Europa&#x2019;s: &#x017F;ie werden Euch vernehm-<lb/>
licher kundthun was Ihr zu thun und zu fürchten habt.<lb/>
Gott befohlen, meine Herren, ich &#x017F;chließe ohne Förmlich-<lb/>
keiten; meine Ge&#x017F;innungen &#x017F;ind Euch bekannt.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Die Rückrei&#x017F;e der königlichen Familie, auf einer Strecke<lb/>
von etwa 30 deut&#x017F;chen Meilen, dauerte volle vier Tage,<lb/>
&#x017F;o unermeßlich war die Volksmenge auf allen Straßen zu-<lb/>
&#x017F;ammenge&#x017F;trömt, und je näher man der Haupt&#x017F;tadt rückte,<lb/>
um &#x017F;o lang&#x017F;amer &#x017F;chritt der unheimliche Zug vorwärts,<lb/>
auf dem Bocke drei Leibgarden &#x017F;itzend, ihres Todes ge-<lb/>
wärtig, weil &#x017F;ie auf der Rei&#x017F;e Courierdien&#x017F;te gethan, um<lb/>
den Wagen Nationalgarden, die mei&#x017F;ten zu Fuß, halb-<lb/>
verdrängt von der &#x017F;tets wach&#x017F;enden Schaar von Landleu-<lb/>
ten, die mit Forken und Sen&#x017F;en bewaffnet auf Ackerpfer-<lb/>
den heran&#x017F;prengten, alle den Hut auf, ohne Begrüßung<lb/>
des Für&#x017F;ten; als ein Edelmann, von Dampierre, heran-<lb/>
trat, mit Schmerz im Blick &#x017F;eine Ergebenheit denen im<lb/>
Wagen bezeugte, büßte er die That mit dem augenblick-<lb/>
lichen Tode. Bei Epernay begegnete man den Commi&#x017F;&#x017F;a-<lb/>
rien der Nationalver&#x017F;ammlung. Zwei von ihnen, Bar-<lb/>
nave und Pétion nahmen in dem königlichen Wagen Platz;<lb/>
der dritte Latour-Maubourg vermied das. Den 25&#x017F;ten<lb/>
Abends erreichte man die Haupt&#x017F;tadt. In der Vor&#x017F;tadt<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[379/0389] auch nur ein Haar, kein Stein von Paris auf dem andern bleiben wird. Ich kenne die Wege und werde ſie den fremden Heeren ſelbſt zeigen, die Vergeltung wird Euch ereilen. Dieſer Brief iſt nur der Vorläufer eines Mani- feſts der Souveräne Europa’s: ſie werden Euch vernehm- licher kundthun was Ihr zu thun und zu fürchten habt. Gott befohlen, meine Herren, ich ſchließe ohne Förmlich- keiten; meine Geſinnungen ſind Euch bekannt.“ Die Rückreiſe der königlichen Familie, auf einer Strecke von etwa 30 deutſchen Meilen, dauerte volle vier Tage, ſo unermeßlich war die Volksmenge auf allen Straßen zu- ſammengeſtrömt, und je näher man der Hauptſtadt rückte, um ſo langſamer ſchritt der unheimliche Zug vorwärts, auf dem Bocke drei Leibgarden ſitzend, ihres Todes ge- wärtig, weil ſie auf der Reiſe Courierdienſte gethan, um den Wagen Nationalgarden, die meiſten zu Fuß, halb- verdrängt von der ſtets wachſenden Schaar von Landleu- ten, die mit Forken und Senſen bewaffnet auf Ackerpfer- den heranſprengten, alle den Hut auf, ohne Begrüßung des Fürſten; als ein Edelmann, von Dampierre, heran- trat, mit Schmerz im Blick ſeine Ergebenheit denen im Wagen bezeugte, büßte er die That mit dem augenblick- lichen Tode. Bei Epernay begegnete man den Commiſſa- rien der Nationalverſammlung. Zwei von ihnen, Bar- nave und Pétion nahmen in dem königlichen Wagen Platz; der dritte Latour-Maubourg vermied das. Den 25ſten Abends erreichte man die Hauptſtadt. In der Vorſtadt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/389
Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/389>, abgerufen am 13.05.2024.