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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

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lichkeit der That auf sich, und ehe noch die Nationalver-
sammlung zusammentrat, waren schon seine Officiere in
Bewegung. Sie überbrachten an alle Nationalgarden, alle
Gemeinden des Königreiches den von ihrem General un-
terzeichneten Befehl, sich der Entweichung des Königs zu
widersetzen.

Die Nationalversammlung trat, rasch entboten, um
10 Uhr Morgens zusammen. Während die Menge draußen
ihren Zorn an königlichen Wappen und Namenzügen aus-
ließ, ward hier mit einiger Schonung der königlichen
Würde der Beschluß gefaßt, daß die Feinde des Staates,
welche die Entführung des Königs veranstaltet, verhaftet
werden sollen. Zugleich erklärte man sich für permanent,
nahm von den in der Hauptstadt anwesenden Generalen
die Zusicherung ihres Gehorsams in Empfang, übertrug
die vollziehende Gewalt an die Minister. Allein die De-
crete der Versammlung bedürfen keiner Sanction mehr,
der Siegelbewahrer wird sie unterzeichnen und besiegeln;
dergestalt wohnte man sich in die Republik ein. Die Ge-
sandten der fremden Mächte sollen unverzüglich von dem
Geschehenen unterrichtet, die eigenen Gesandten demge-
mäß angewiesen werden. Das gethan, ging die Ver-
sammlung mit gewohnter Zuversicht zur Tagesordnung
über, berieth über das künftige Strafgesetz. Nicht lange
freilich, so führte eine Unterbrechung auf die beklemmende
Frage des Augenblickes zurück. Denn der Intendant der
Civilliste übersendet dem Präsidenten ein ihm so eben zu-

lichkeit der That auf ſich, und ehe noch die Nationalver-
ſammlung zuſammentrat, waren ſchon ſeine Officiere in
Bewegung. Sie überbrachten an alle Nationalgarden, alle
Gemeinden des Königreiches den von ihrem General un-
terzeichneten Befehl, ſich der Entweichung des Königs zu
widerſetzen.

Die Nationalverſammlung trat, raſch entboten, um
10 Uhr Morgens zuſammen. Während die Menge draußen
ihren Zorn an königlichen Wappen und Namenzügen aus-
ließ, ward hier mit einiger Schonung der königlichen
Würde der Beſchluß gefaßt, daß die Feinde des Staates,
welche die Entführung des Königs veranſtaltet, verhaftet
werden ſollen. Zugleich erklärte man ſich für permanent,
nahm von den in der Hauptſtadt anweſenden Generalen
die Zuſicherung ihres Gehorſams in Empfang, übertrug
die vollziehende Gewalt an die Miniſter. Allein die De-
crete der Verſammlung bedürfen keiner Sanction mehr,
der Siegelbewahrer wird ſie unterzeichnen und beſiegeln;
dergeſtalt wohnte man ſich in die Republik ein. Die Ge-
ſandten der fremden Mächte ſollen unverzüglich von dem
Geſchehenen unterrichtet, die eigenen Geſandten demge-
mäß angewieſen werden. Das gethan, ging die Ver-
ſammlung mit gewohnter Zuverſicht zur Tagesordnung
über, berieth über das künftige Strafgeſetz. Nicht lange
freilich, ſo führte eine Unterbrechung auf die beklemmende
Frage des Augenblickes zurück. Denn der Intendant der
Civilliſte überſendet dem Präſidenten ein ihm ſo eben zu-

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[374/0384] lichkeit der That auf ſich, und ehe noch die Nationalver- ſammlung zuſammentrat, waren ſchon ſeine Officiere in Bewegung. Sie überbrachten an alle Nationalgarden, alle Gemeinden des Königreiches den von ihrem General un- terzeichneten Befehl, ſich der Entweichung des Königs zu widerſetzen. Die Nationalverſammlung trat, raſch entboten, um 10 Uhr Morgens zuſammen. Während die Menge draußen ihren Zorn an königlichen Wappen und Namenzügen aus- ließ, ward hier mit einiger Schonung der königlichen Würde der Beſchluß gefaßt, daß die Feinde des Staates, welche die Entführung des Königs veranſtaltet, verhaftet werden ſollen. Zugleich erklärte man ſich für permanent, nahm von den in der Hauptſtadt anweſenden Generalen die Zuſicherung ihres Gehorſams in Empfang, übertrug die vollziehende Gewalt an die Miniſter. Allein die De- crete der Verſammlung bedürfen keiner Sanction mehr, der Siegelbewahrer wird ſie unterzeichnen und beſiegeln; dergeſtalt wohnte man ſich in die Republik ein. Die Ge- ſandten der fremden Mächte ſollen unverzüglich von dem Geſchehenen unterrichtet, die eigenen Geſandten demge- mäß angewieſen werden. Das gethan, ging die Ver- ſammlung mit gewohnter Zuverſicht zur Tagesordnung über, berieth über das künftige Strafgeſetz. Nicht lange freilich, ſo führte eine Unterbrechung auf die beklemmende Frage des Augenblickes zurück. Denn der Intendant der Civilliſte überſendet dem Präſidenten ein ihm ſo eben zu-

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/384>, abgerufen am 14.05.2024.