sen seyn: Necker stellte dem Könige vor, man dürfe nicht zu viel wagen; wenn man nicht einer großen Majorität für das absolute Veto gewiß sey, scheine es rathsamer sich zum Voraus zufrieden mit dem bloß aufschiebenden zu erklären, welches im Grunde eben so viele Vortheile und weniger Gefahren in sich trage als das absolute. Er faßte eine schriftliche Ausführung dieser Einfälle ab, theilte diese im Conseil mit und erhielt leicht von der Nachgiebigkeit des Königs die Erlaubniß sein Be- denken weiter an die Nationalversammlung gelangen zu lassen. Nun setzte zwar Mirabeau durch daß man, ohne den Neckerschen Bericht nur einmal zu verlesen, bei dem Schlusse der Discussion beharrte, aus dem Grunde, weil, wenn für des Königs Meinung, sie auch für die der Abgeordneten wieder eröffnet werden müsse, weil fer- ner der Umstand, daß der König das absolute Veto nicht begehre, die Versammlung nicht abhalten dürfe, es ihm aus höheren Staatsgründen dennoch beizulegen; allein die Überzeugungen waren einmal erschüttert, und man verließ die Krone, die sich selbst verlassen hatte. Im- mer leerer wurden die Sitze zur rechten Hand des Prä- sidenten, immer besetzter die zu seiner Linken; denn wäh- rend dieser Debatte bildete sich zuerst die Gewohnheit, in gegnerischen Massen aus einander zu treten. Am 11ten September entschieden 673 Stimmen gegen 325 für ein lediglich aufschiebendes Veto, für einen König, der noch immer erblich, für seine Person unverletzlich und heilig,
ſen ſeyn: Necker ſtellte dem Könige vor, man dürfe nicht zu viel wagen; wenn man nicht einer großen Majorität für das abſolute Veto gewiß ſey, ſcheine es rathſamer ſich zum Voraus zufrieden mit dem bloß aufſchiebenden zu erklären, welches im Grunde eben ſo viele Vortheile und weniger Gefahren in ſich trage als das abſolute. Er faßte eine ſchriftliche Ausführung dieſer Einfälle ab, theilte dieſe im Conſeil mit und erhielt leicht von der Nachgiebigkeit des Königs die Erlaubniß ſein Be- denken weiter an die Nationalverſammlung gelangen zu laſſen. Nun ſetzte zwar Mirabeau durch daß man, ohne den Neckerſchen Bericht nur einmal zu verleſen, bei dem Schluſſe der Discuſſion beharrte, aus dem Grunde, weil, wenn für des Königs Meinung, ſie auch für die der Abgeordneten wieder eröffnet werden müſſe, weil fer- ner der Umſtand, daß der König das abſolute Veto nicht begehre, die Verſammlung nicht abhalten dürfe, es ihm aus höheren Staatsgründen dennoch beizulegen; allein die Überzeugungen waren einmal erſchüttert, und man verließ die Krone, die ſich ſelbſt verlaſſen hatte. Im- mer leerer wurden die Sitze zur rechten Hand des Prä- ſidenten, immer beſetzter die zu ſeiner Linken; denn wäh- rend dieſer Debatte bildete ſich zuerſt die Gewohnheit, in gegneriſchen Maſſen aus einander zu treten. Am 11ten September entſchieden 673 Stimmen gegen 325 für ein lediglich aufſchiebendes Veto, für einen König, der noch immer erblich, für ſeine Perſon unverletzlich und heilig,
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ſen ſeyn: Necker ſtellte dem Könige vor, man dürfe nicht
zu viel wagen; wenn man nicht einer großen Majorität
für das abſolute Veto gewiß ſey, ſcheine es rathſamer
ſich zum Voraus zufrieden mit dem bloß aufſchiebenden
zu erklären, welches im Grunde eben ſo viele Vortheile
und weniger Gefahren in ſich trage als das abſolute.
Er faßte eine ſchriftliche Ausführung dieſer Einfälle ab,
theilte dieſe im Conſeil mit und erhielt leicht von der
Nachgiebigkeit des Königs die Erlaubniß ſein Be-
denken weiter an die Nationalverſammlung gelangen zu
laſſen. Nun ſetzte zwar Mirabeau durch daß man, ohne
den Neckerſchen Bericht nur einmal zu verleſen, bei dem
Schluſſe der Discuſſion beharrte, aus dem Grunde,
weil, wenn für des Königs Meinung, ſie auch für die
der Abgeordneten wieder eröffnet werden müſſe, weil fer-
ner der Umſtand, daß der König das abſolute Veto nicht
begehre, die Verſammlung nicht abhalten dürfe, es
ihm aus höheren Staatsgründen dennoch beizulegen;
allein die Überzeugungen waren einmal erſchüttert, und
man verließ die Krone, die ſich ſelbſt verlaſſen hatte. Im-
mer leerer wurden die Sitze zur rechten Hand des Prä-
ſidenten, immer beſetzter die zu ſeiner Linken; denn wäh-
rend dieſer Debatte bildete ſich zuerſt die Gewohnheit, in
gegneriſchen Maſſen aus einander zu treten. Am 11ten
September entſchieden 673 Stimmen gegen 325 für ein
lediglich aufſchiebendes Veto, für einen König, der noch
immer erblich, für ſeine Perſon unverletzlich und heilig,
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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/279>, abgerufen am 25.11.2024.
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