reich aufzustellen, war nicht der geringste Grund vorhan- den. Inzwischen war das Comite selbst der Meinung, man müsse diese Arbeit bis ganz zuletzt, bis so lange ver- sparen, daß alle übrigen Theile der Constitution vorher ausgearbeitet wären. Wann es aber dazu kommen werde, ließ sich fürwahr kaum absehen, wenn es bei dem höchst unpraktischen Vorschlage blieb, den Verfassungsentwurf keinem Ausschusse zu vertrauen, sondern die vom Comite namhaft gemachten Artikel: Menschenrechte, Grundlagen der Monarchie, Rechte der Nation, Rechte des Königs und so weiter, gleichzeitig in allen Büreaus berathen und die Abweichungen durch einen Vermittelungs-Ausschuß ausgleichen zu lassen.
Allein es ist hiebei in keiner Art geblieben. Ein Ver- fassungsausschuß von Achten ward beliebt, dessen Mit- glieder der Erzbischof von Bordeaux, der Bischof von Au- tun, die Grafen Lally-Tollendal und Clermont-Tonnerre und vom dritten Stande Mounier, Sieyes, Le Chapelier und Bergasse wurden; und kaum waren die Menschen- rechte auf die Bahn gebracht, als auch Lafayette leicht- füßig von der Frage Ob auf das Wie hinübersprang, ei- Juli 11.nen Entwurf hervorzog und zur Annahme empfahl. Er geht von der natürlichen Freiheit und Gleichheit aller Menschen aus, folgert daraus für den Einzelnen eine An- zahl jedem Menschen angeborener unverjährbarer Rechte, für das Ganze die Volkssouveränität. Aus der Volkssou- veränität geht dann weiter das Recht der künftigen Ge-
reich aufzuſtellen, war nicht der geringſte Grund vorhan- den. Inzwiſchen war das Comité ſelbſt der Meinung, man müſſe dieſe Arbeit bis ganz zuletzt, bis ſo lange ver- ſparen, daß alle übrigen Theile der Conſtitution vorher ausgearbeitet wären. Wann es aber dazu kommen werde, ließ ſich fürwahr kaum abſehen, wenn es bei dem höchſt unpraktiſchen Vorſchlage blieb, den Verfaſſungsentwurf keinem Ausſchuſſe zu vertrauen, ſondern die vom Comité namhaft gemachten Artikel: Menſchenrechte, Grundlagen der Monarchie, Rechte der Nation, Rechte des Königs und ſo weiter, gleichzeitig in allen Büreaus berathen und die Abweichungen durch einen Vermittelungs-Ausſchuß ausgleichen zu laſſen.
Allein es iſt hiebei in keiner Art geblieben. Ein Ver- faſſungsausſchuß von Achten ward beliebt, deſſen Mit- glieder der Erzbiſchof von Bordeaux, der Biſchof von Au- tun, die Grafen Lally-Tollendal und Clermont-Tonnerre und vom dritten Stande Mounier, Sieyes, Le Chapelier und Bergaſſe wurden; und kaum waren die Menſchen- rechte auf die Bahn gebracht, als auch Lafayette leicht- füßig von der Frage Ob auf das Wie hinüberſprang, ei- Juli 11.nen Entwurf hervorzog und zur Annahme empfahl. Er geht von der natürlichen Freiheit und Gleichheit aller Menſchen aus, folgert daraus für den Einzelnen eine An- zahl jedem Menſchen angeborener unverjährbarer Rechte, für das Ganze die Volksſouveränität. Aus der Volksſou- veränität geht dann weiter das Recht der künftigen Ge-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0252"n="242"/>
reich aufzuſtellen, war nicht der geringſte Grund vorhan-<lb/>
den. Inzwiſchen war das Comité ſelbſt der Meinung,<lb/>
man müſſe dieſe Arbeit bis ganz zuletzt, bis ſo lange ver-<lb/>ſparen, daß alle übrigen Theile der Conſtitution vorher<lb/>
ausgearbeitet wären. Wann es aber dazu kommen werde,<lb/>
ließ ſich fürwahr kaum abſehen, wenn es bei dem höchſt<lb/>
unpraktiſchen Vorſchlage blieb, den Verfaſſungsentwurf<lb/>
keinem Ausſchuſſe zu vertrauen, ſondern die vom Comité<lb/>
namhaft gemachten Artikel: Menſchenrechte, Grundlagen<lb/>
der Monarchie, Rechte der Nation, Rechte des Königs<lb/>
und ſo weiter, gleichzeitig in allen Büreaus berathen und<lb/>
die Abweichungen durch einen Vermittelungs-Ausſchuß<lb/>
ausgleichen zu laſſen.</p><lb/><p>Allein es iſt hiebei in keiner Art geblieben. Ein Ver-<lb/>
faſſungsausſchuß von Achten ward beliebt, deſſen Mit-<lb/>
glieder der Erzbiſchof von Bordeaux, der Biſchof von Au-<lb/>
tun, die Grafen Lally-Tollendal und Clermont-Tonnerre<lb/>
und vom dritten Stande Mounier, Sieyes, Le Chapelier<lb/>
und Bergaſſe wurden; und kaum waren die Menſchen-<lb/>
rechte auf die Bahn gebracht, als auch Lafayette leicht-<lb/>
füßig von der Frage Ob auf das Wie hinüberſprang, ei-<lb/><noteplace="left">Juli 11.</note>nen Entwurf hervorzog und zur Annahme empfahl. Er<lb/>
geht von der natürlichen Freiheit und Gleichheit aller<lb/>
Menſchen aus, folgert daraus für den Einzelnen eine An-<lb/>
zahl jedem Menſchen angeborener unverjährbarer Rechte,<lb/>
für das Ganze die Volksſouveränität. Aus der Volksſou-<lb/>
veränität geht dann weiter das Recht der künftigen Ge-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[242/0252]
reich aufzuſtellen, war nicht der geringſte Grund vorhan-
den. Inzwiſchen war das Comité ſelbſt der Meinung,
man müſſe dieſe Arbeit bis ganz zuletzt, bis ſo lange ver-
ſparen, daß alle übrigen Theile der Conſtitution vorher
ausgearbeitet wären. Wann es aber dazu kommen werde,
ließ ſich fürwahr kaum abſehen, wenn es bei dem höchſt
unpraktiſchen Vorſchlage blieb, den Verfaſſungsentwurf
keinem Ausſchuſſe zu vertrauen, ſondern die vom Comité
namhaft gemachten Artikel: Menſchenrechte, Grundlagen
der Monarchie, Rechte der Nation, Rechte des Königs
und ſo weiter, gleichzeitig in allen Büreaus berathen und
die Abweichungen durch einen Vermittelungs-Ausſchuß
ausgleichen zu laſſen.
Allein es iſt hiebei in keiner Art geblieben. Ein Ver-
faſſungsausſchuß von Achten ward beliebt, deſſen Mit-
glieder der Erzbiſchof von Bordeaux, der Biſchof von Au-
tun, die Grafen Lally-Tollendal und Clermont-Tonnerre
und vom dritten Stande Mounier, Sieyes, Le Chapelier
und Bergaſſe wurden; und kaum waren die Menſchen-
rechte auf die Bahn gebracht, als auch Lafayette leicht-
füßig von der Frage Ob auf das Wie hinüberſprang, ei-
nen Entwurf hervorzog und zur Annahme empfahl. Er
geht von der natürlichen Freiheit und Gleichheit aller
Menſchen aus, folgert daraus für den Einzelnen eine An-
zahl jedem Menſchen angeborener unverjährbarer Rechte,
für das Ganze die Volksſouveränität. Aus der Volksſou-
veränität geht dann weiter das Recht der künftigen Ge-
Juli 11.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/252>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.