scholtenen Ehe seines Vaters kein Muster nahm. Dieser wollte von seiner Verlobten durchaus kein Vermögen, nicht einmal eine Aussteuer; der Marquis heirathet ein Ver- mögen, er wird der Geizhals des Hauses. Das Verneh- men der Eheleute, von jeher kalt, wird feindselig, seit der Mann mit einem schlauen Weibe, das ihn zu benutzen weiß, unrühmliche Gemeinschaft hat. Dazu kommen öko- nomische Verwickelungen, besonders durch seine verun- glückten Versuche als Landwirth, Volksbeglücker, Späher nach Minen und Güterkäufen veranlaßt. Die eilf Kinder erwuchsen fast als ob sie Waisen wären. Er war der Schrecken des Hauses und doch innerlich überzeugt von seiner Gutherzigkeit, wie er denn wirklich jedermann, der seinem Gebot sich unterwarf, und, wenn es möglich wäre, seinen Ami des hommes und seine ökonomischen Epheme- riden las, gern dienstlich war, seine Einsassen gut hielt, keinen Armen leicht ungetröstet ziehen ließ. Seine Mei- nung sagte er starr in Schriften heraus, einerlei ob sie den Hof verletzte. Seine "Theorie der Steuer" brachte ihn auf kurze Zeit nach Vincennes, er hatte das Allerhei- ligste, die Generalpächter angetastet. Nicht zu bewegen war er, eine seiner Schriften dem Dauphin, nachherigem König Ludwig XVI. zu widmen, er schrieb sie dem Groß- herzog Leopold von Toscana zu, mit welchem wie mit dem Markgrafen von Baden, seinem ökonomistischen Glaubens- genossen, er in vertrautem Briefwechsel stand. Es war mit diesem Marquis nicht mehr wie zur Zeit seiner Vor-
ſcholtenen Ehe ſeines Vaters kein Muſter nahm. Dieſer wollte von ſeiner Verlobten durchaus kein Vermögen, nicht einmal eine Ausſteuer; der Marquis heirathet ein Ver- mögen, er wird der Geizhals des Hauſes. Das Verneh- men der Eheleute, von jeher kalt, wird feindſelig, ſeit der Mann mit einem ſchlauen Weibe, das ihn zu benutzen weiß, unrühmliche Gemeinſchaft hat. Dazu kommen öko- nomiſche Verwickelungen, beſonders durch ſeine verun- glückten Verſuche als Landwirth, Volksbeglücker, Späher nach Minen und Güterkäufen veranlaßt. Die eilf Kinder erwuchſen faſt als ob ſie Waiſen wären. Er war der Schrecken des Hauſes und doch innerlich überzeugt von ſeiner Gutherzigkeit, wie er denn wirklich jedermann, der ſeinem Gebot ſich unterwarf, und, wenn es möglich wäre, ſeinen Ami des hommes und ſeine ökonomiſchen Epheme- riden las, gern dienſtlich war, ſeine Einſaſſen gut hielt, keinen Armen leicht ungetröſtet ziehen ließ. Seine Mei- nung ſagte er ſtarr in Schriften heraus, einerlei ob ſie den Hof verletzte. Seine „Theorie der Steuer“ brachte ihn auf kurze Zeit nach Vincennes, er hatte das Allerhei- ligſte, die Generalpächter angetaſtet. Nicht zu bewegen war er, eine ſeiner Schriften dem Dauphin, nachherigem König Ludwig XVI. zu widmen, er ſchrieb ſie dem Groß- herzog Leopold von Toscana zu, mit welchem wie mit dem Markgrafen von Baden, ſeinem ökonomiſtiſchen Glaubens- genoſſen, er in vertrautem Briefwechſel ſtand. Es war mit dieſem Marquis nicht mehr wie zur Zeit ſeiner Vor-
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ſcholtenen Ehe ſeines Vaters kein Muſter nahm. Dieſer
wollte von ſeiner Verlobten durchaus kein Vermögen, nicht
einmal eine Ausſteuer; der Marquis heirathet ein Ver-
mögen, er wird der Geizhals des Hauſes. Das Verneh-
men der Eheleute, von jeher kalt, wird feindſelig, ſeit
der Mann mit einem ſchlauen Weibe, das ihn zu benutzen
weiß, unrühmliche Gemeinſchaft hat. Dazu kommen öko-
nomiſche Verwickelungen, beſonders durch ſeine verun-
glückten Verſuche als Landwirth, Volksbeglücker, Späher
nach Minen und Güterkäufen veranlaßt. Die eilf Kinder
erwuchſen faſt als ob ſie Waiſen wären. Er war der
Schrecken des Hauſes und doch innerlich überzeugt von
ſeiner Gutherzigkeit, wie er denn wirklich jedermann, der
ſeinem Gebot ſich unterwarf, und, wenn es möglich wäre,
ſeinen Ami des hommes und ſeine ökonomiſchen Epheme-
riden las, gern dienſtlich war, ſeine Einſaſſen gut hielt,
keinen Armen leicht ungetröſtet ziehen ließ. Seine Mei-
nung ſagte er ſtarr in Schriften heraus, einerlei ob ſie
den Hof verletzte. Seine „Theorie der Steuer“ brachte
ihn auf kurze Zeit nach Vincennes, er hatte das Allerhei-
ligſte, die Generalpächter angetaſtet. Nicht zu bewegen
war er, eine ſeiner Schriften dem Dauphin, nachherigem
König Ludwig XVI. zu widmen, er ſchrieb ſie dem Groß-
herzog Leopold von Toscana zu, mit welchem wie mit dem
Markgrafen von Baden, ſeinem ökonomiſtiſchen Glaubens-
genoſſen, er in vertrautem Briefwechſel ſtand. Es war
mit dieſem Marquis nicht mehr wie zur Zeit ſeiner Vor-
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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/182>, abgerufen am 23.11.2024.
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