Gebrauch zu machen, und übertrug dieses Geschäft einem Ausschusse von 36 Mitgliedern. Das Alles nahm den ganzen Tag weg. Da die Regierung in keiner Art ein- schritt, so beschloß man bald hernach weder einen Edel- mann noch einen Geistlichen zu wählen, ging aber von diesem Beschlusse wieder zurück als man vernahm, der Abbe Sieyes, dessen politische Flugschriften man bewun- derte, sey noch nirgend gewählt. So fiel die letzte Wahl von allen auf ihn. Das Cahier von Paris, aus der Ver- arbeitung von 60 Schriften erwachsen, bildete ein ansehn- liches Heft, welches in nordamerikanischer Weise mit ei- ner Erklärung der Menschenrechte anhob, sich dann in sechs Abschnitten über die Verfassung, die Finanzen, den Ackerbau und den Handel, die Kirche, die Gesetzgebung und endlich über die besonderen Angelegenheiten der Hauptstadt verbreitete. Den König faßte man auf als mit der ganzen ausübenden Gewalt und einem Antheil an der gesetzgebenden bekleidet, verpflichtete seine Abgeordneten ganz ausdrücklich auf die Durchstimmung nach Köpfen, war übrigens damit zufrieden, wenn die allgemeinen Stände künftig jedes dritte Jahr zusammenkämen, nur daß es in der Hauptstadt geschehe, welche sich inzwischen durch Schleifung der Bastille würdig machen wird sie auf- zunehmen. Man arbeitete noch an diesem Werk und an den Wahlen, als bereits in Versailles (denn für Versail- les hatte der König auf den Rath seiner Gemahlin und des Grafen von Artois gegen Neckers Wunsch, der lieber
Gebrauch zu machen, und übertrug dieſes Geſchäft einem Ausſchuſſe von 36 Mitgliedern. Das Alles nahm den ganzen Tag weg. Da die Regierung in keiner Art ein- ſchritt, ſo beſchloß man bald hernach weder einen Edel- mann noch einen Geiſtlichen zu wählen, ging aber von dieſem Beſchluſſe wieder zurück als man vernahm, der Abbé Sieyes, deſſen politiſche Flugſchriften man bewun- derte, ſey noch nirgend gewählt. So fiel die letzte Wahl von allen auf ihn. Das Cahier von Paris, aus der Ver- arbeitung von 60 Schriften erwachſen, bildete ein anſehn- liches Heft, welches in nordamerikaniſcher Weiſe mit ei- ner Erklärung der Menſchenrechte anhob, ſich dann in ſechs Abſchnitten über die Verfaſſung, die Finanzen, den Ackerbau und den Handel, die Kirche, die Geſetzgebung und endlich über die beſonderen Angelegenheiten der Hauptſtadt verbreitete. Den König faßte man auf als mit der ganzen ausübenden Gewalt und einem Antheil an der geſetzgebenden bekleidet, verpflichtete ſeine Abgeordneten ganz ausdrücklich auf die Durchſtimmung nach Köpfen, war übrigens damit zufrieden, wenn die allgemeinen Stände künftig jedes dritte Jahr zuſammenkämen, nur daß es in der Hauptſtadt geſchehe, welche ſich inzwiſchen durch Schleifung der Baſtille würdig machen wird ſie auf- zunehmen. Man arbeitete noch an dieſem Werk und an den Wahlen, als bereits in Verſailles (denn für Verſail- les hatte der König auf den Rath ſeiner Gemahlin und des Grafen von Artois gegen Neckers Wunſch, der lieber
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Gebrauch zu machen, und übertrug dieſes Geſchäft einem
Ausſchuſſe von 36 Mitgliedern. Das Alles nahm den
ganzen Tag weg. Da die Regierung in keiner Art ein-
ſchritt, ſo beſchloß man bald hernach weder einen Edel-
mann noch einen Geiſtlichen zu wählen, ging aber von
dieſem Beſchluſſe wieder zurück als man vernahm, der
Abbé Sieyes, deſſen politiſche Flugſchriften man bewun-
derte, ſey noch nirgend gewählt. So fiel die letzte Wahl
von allen auf ihn. Das Cahier von Paris, aus der Ver-
arbeitung von 60 Schriften erwachſen, bildete ein anſehn-
liches Heft, welches in nordamerikaniſcher Weiſe mit ei-
ner Erklärung der Menſchenrechte anhob, ſich dann in
ſechs Abſchnitten über die Verfaſſung, die Finanzen, den
Ackerbau und den Handel, die Kirche, die Geſetzgebung
und endlich über die beſonderen Angelegenheiten der
Hauptſtadt verbreitete. Den König faßte man auf als mit
der ganzen ausübenden Gewalt und einem Antheil an der
geſetzgebenden bekleidet, verpflichtete ſeine Abgeordneten
ganz ausdrücklich auf die Durchſtimmung nach Köpfen,
war übrigens damit zufrieden, wenn die allgemeinen
Stände künftig jedes dritte Jahr zuſammenkämen, nur
daß es in der Hauptſtadt geſchehe, welche ſich inzwiſchen
durch Schleifung der Baſtille würdig machen wird ſie auf-
zunehmen. Man arbeitete noch an dieſem Werk und an
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les hatte der König auf den Rath ſeiner Gemahlin und
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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/172>, abgerufen am 23.11.2024.
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