Jhr kennet das Geschlecht von Mendosa; das ist das mei- nige; ich heisse Hortensie, und bin zu Ubeda, einer der vornehmste Städte des König- reichs Granada, gebohren. Jch bin mit diesem verwundeten Edelmann, den ihr hieher bringen lassen, erzogen wor- den. Da wir Kinder von zween Brüdern, und seit unserer zartesten Kindheit vereinigt waren, so habe ich für ihm eine Freundschaft behal- ten, die mich, wie ihr gesehen, bey dem Zustande, wo ich ihn wieder angetroffen, empfindlich gemacht hat. Jch war kaum zwey Jahr alt, da mein Vater als Hauptmann ei- ner Compagnie der leuchten Reuter unter dem Befehl des Herzogs von Alba nach Flandern zog. Die wichtigen Dienste, welche er that, machten, daß er bald zu den an- sehnlichsten Ehren-Stuffen stieg. Aber das Glück ist allezeit mit Bitter- keit vermengt. Jch war zehn Jahr
alt,
G 5
Jhr kennet das Geſchlecht von Mendoſa; das iſt das mei- nige; ich heiſſe Hortenſie, und bin zu Ubeda, einer der vornehmſte Staͤdte des Koͤnig- reichs Granada, gebohren. Jch bin mit dieſem verwundeten Edelmann, den ihr hieher bringen laſſen, erzogen wor- den. Da wir Kinder von zween Bruͤdern, und ſeit unſerer zarteſten Kindheit vereinigt waren, ſo habe ich fuͤr ihm eine Freundſchaft behal- ten, die mich, wie ihr geſehen, bey dem Zuſtande, wo ich ihn wieder angetroffen, empfindlich gemacht hat. Jch war kaum zwey Jahr alt, da mein Vater als Hauptmann ei- ner Compagnie der leuchten Reuter unter dem Befehl des Herzogs von Alba nach Flandern zog. Die wichtigen Dienſte, welche er that, machten, daß er bald zu den an- ſehnlichſten Ehren-Stuffen ſtieg. Aber das Gluͤck iſt allezeit mit Bitter- keit vermengt. Jch war zehn Jahr
alt,
G 5
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0107"n="105"/><p><hirendition="#in">J</hi>hr kennet das Geſchlecht von<lb/><hirendition="#fr"><hirendition="#g">Mendoſa</hi></hi>; das iſt das mei-<lb/>
nige; ich heiſſe <hirendition="#fr"><hirendition="#g">Hortenſie</hi></hi>,<lb/>
und bin zu <hirendition="#fr"><hirendition="#g">Ubeda</hi></hi>, einer<lb/>
der vornehmſte Staͤdte des Koͤnig-<lb/>
reichs <hirendition="#fr"><hirendition="#g">Granada</hi></hi>, gebohren. Jch bin<lb/>
mit dieſem verwundeten Edelmann, den<lb/>
ihr hieher bringen laſſen, erzogen wor-<lb/>
den. Da wir Kinder von zween<lb/>
Bruͤdern, und ſeit unſerer zarteſten<lb/>
Kindheit vereinigt waren, ſo habe<lb/>
ich fuͤr ihm eine Freundſchaft behal-<lb/>
ten, die mich, wie ihr geſehen, bey<lb/>
dem Zuſtande, wo ich ihn wieder<lb/>
angetroffen, empfindlich gemacht hat.<lb/>
Jch war kaum zwey Jahr alt,<lb/>
da mein Vater als Hauptmann ei-<lb/>
ner Compagnie der leuchten Reuter<lb/>
unter dem Befehl des Herzogs von<lb/><hirendition="#fr"><hirendition="#g">Alba</hi></hi> nach <hirendition="#fr"><hirendition="#g">Flandern</hi></hi> zog. Die<lb/>
wichtigen Dienſte, welche er that,<lb/>
machten, daß er bald zu den an-<lb/>ſehnlichſten Ehren-Stuffen ſtieg.<lb/>
Aber das Gluͤck iſt allezeit mit Bitter-<lb/>
keit vermengt. Jch war zehn Jahr<lb/><fwtype="sig"place="bottom">G 5</fw><fwtype="catch"place="bottom">alt,</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[105/0107]
Jhr kennet das Geſchlecht von
Mendoſa; das iſt das mei-
nige; ich heiſſe Hortenſie,
und bin zu Ubeda, einer
der vornehmſte Staͤdte des Koͤnig-
reichs Granada, gebohren. Jch bin
mit dieſem verwundeten Edelmann, den
ihr hieher bringen laſſen, erzogen wor-
den. Da wir Kinder von zween
Bruͤdern, und ſeit unſerer zarteſten
Kindheit vereinigt waren, ſo habe
ich fuͤr ihm eine Freundſchaft behal-
ten, die mich, wie ihr geſehen, bey
dem Zuſtande, wo ich ihn wieder
angetroffen, empfindlich gemacht hat.
Jch war kaum zwey Jahr alt,
da mein Vater als Hauptmann ei-
ner Compagnie der leuchten Reuter
unter dem Befehl des Herzogs von
Alba nach Flandern zog. Die
wichtigen Dienſte, welche er that,
machten, daß er bald zu den an-
ſehnlichſten Ehren-Stuffen ſtieg.
Aber das Gluͤck iſt allezeit mit Bitter-
keit vermengt. Jch war zehn Jahr
alt,
G 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Frau von D.: Die in der Liebe herumschweifende oder bestrafte Untreue. 1763, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/d_untreue_1763/107>, abgerufen am 15.08.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.