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Cundisius, Gottfried: Der Geistreiche Prophet Haggaj. Leipzig, 1648.

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Die vierzehende Predigt/
GOtt der HErr allhier/ der Saame liegt noch in der Schew-
ren/ und trägt noch nichts weder Weinstock/ Feigenbaum/
Granatbaum noch Oelbaum.
Wie es die Zeit-Rechnung
gibt/ so war damals Winter/ als dieses geredet und geprediget
ward/ da haben freylich diese Gewächse noch nicht Frucht getra-
Cant. 2, 12.
13.
gen. Von der Frülings-Zeit stehet geschrieben Cant. 2. v. 12. 13.
Der Lentz ist herbey kommen/ und die Dorteltaube lässet
sich hören in unserm Lande. Der Feigenbaum hat Kno-
ten gewonnen/ die Weinstöcke haben Augen gewonnen/ und
ihren Ruch.
Das kunte man im Wintermonat nicht sagen/ denn
da stund es weit anders. Es dienet dem Propheten zu seiner Sa-
che/
daß es noch zur Zeit keine apparentz zu einem fruchtbaren und
reichem Jahre hatte. Were sonst ein Anfang da gewesen/ were al-
les fein ausgeschlagen und hette gegrunet/ so würden die Leute nim-
mermehr die Verheissung/ welche folget/ gründlich verstanden/ oder
dem Allerhöchsten allein in die Hände gesehen haben. Nun aber
beweiset es der Augenschein/ daß es an Mitteln mercklich fehlete/
und daß es von Gott muste herfliessen/ wenn sie Boden und
Kellerkünfftig solten voll haben.

USUS.
1.

Mercket 1. wie in Heiliger Schrifft alles so gar fein mit
einander überein stimmet/ also daß nichts wider das andere
lauffen thut:
Hat es auch bißweilengleich an manchen Orten den
Schein einer Wiederwe[r]tigkeit/ so kan doch darauff wohl geantwor-
tet/ und dieselbige durch richtigen Vnterscheid/ oder in andere We-
ge leicht auffgehoben werden.

2.

Nehmet wahr 2. Gottes Weißheit/ wie er so weißlich
verordnet hat/ daß die Zeiten mit einander abwechseln/

und eine auff die andere folget. O wie ein weiser HErr ist unser
Psal. 74, 17.GOtt/ Sommer und Winter machet Er Psalm 74. v. 17. Er
lasset die Dreschzeit reichen zur Weinerde/ und die Wein-

ernde

Die vierzehende Predigt/
GOtt der HErr allhier/ der Saame liegt noch in der Schew-
ren/ und traͤgt noch nichts weder Weinſtock/ Feigenbaum/
Granatbaum noch Oelbaum.
Wie es die Zeit-Rechnung
gibt/ ſo war damals Winter/ als dieſes geredet und geprediget
ward/ da haben freylich dieſe Gewaͤchſe noch nicht Frucht getra-
Cant. 2, 12.
13.
gen. Von der Fruͤlings-Zeit ſtehet geſchrieben Cant. 2. v. 12. 13.
Der Lentz iſt herbey kommen/ und die Dorteltaube laͤſſet
ſich hoͤren in unſerm Lande. Der Feigenbaum hat Kno-
ten gewonnen/ die Weinſtoͤcke haben Augen gewonnen/ und
ihren Ruch.
Das kunte man im Wintermonat nicht ſagen/ denn
da ſtund es weit anders. Es dienet dem Propheten zu ſeiner Sa-
che/
daß es noch zur Zeit keine apparentz zu einem fruchtbaren und
reichem Jahre hatte. Were ſonſt ein Anfang da geweſen/ were al-
les fein ausgeſchlagen und hette gegrunet/ ſo wuͤrden die Leute nim-
mermehr die Verheiſſung/ welche folget/ gruͤndlich verſtanden/ oder
dem Allerhoͤchſten allein in die Haͤnde geſehen haben. Nun aber
beweiſet es der Augenſchein/ daß es an Mitteln mercklich fehlete/
und daß es von Gott muſte herflieſſen/ wenn ſie Boden und
Kellerkuͤnfftig ſolten voll haben.

USUS.
1.

Mercket 1. wie in Heiliger Schrifft alles ſo gar fein mit
einander uͤberein ſtimmet/ alſo daß nichts wider das andere
lauffen thut:
Hat es auch bißweilengleich an manchen Orten den
Schein einer Wiederwe[r]tigkeit/ ſo kan doch darauff wohl geantwor-
tet/ und dieſelbige durch richtigen Vnterſcheid/ oder in andere We-
ge leicht auffgehoben werden.

2.

Nehmet wahr 2. Gottes Weißheit/ wie er ſo weißlich
verordnet hat/ daß die Zeiten mit einander abwechſeln/

und eine auff die andere folget. O wie ein weiſer HErr iſt unſer
Pſal. 74, 17.GOtt/ Sommer und Winter machet Er Pſalm 74. v. 17. Er
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ernde
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[254/0274] Die vierzehende Predigt/ GOtt der HErr allhier/ der Saame liegt noch in der Schew- ren/ und traͤgt noch nichts weder Weinſtock/ Feigenbaum/ Granatbaum noch Oelbaum. Wie es die Zeit-Rechnung gibt/ ſo war damals Winter/ als dieſes geredet und geprediget ward/ da haben freylich dieſe Gewaͤchſe noch nicht Frucht getra- gen. Von der Fruͤlings-Zeit ſtehet geſchrieben Cant. 2. v. 12. 13. Der Lentz iſt herbey kommen/ und die Dorteltaube laͤſſet ſich hoͤren in unſerm Lande. Der Feigenbaum hat Kno- ten gewonnen/ die Weinſtoͤcke haben Augen gewonnen/ und ihren Ruch. Das kunte man im Wintermonat nicht ſagen/ denn da ſtund es weit anders. Es dienet dem Propheten zu ſeiner Sa- che/ daß es noch zur Zeit keine apparentz zu einem fruchtbaren und reichem Jahre hatte. Were ſonſt ein Anfang da geweſen/ were al- les fein ausgeſchlagen und hette gegrunet/ ſo wuͤrden die Leute nim- mermehr die Verheiſſung/ welche folget/ gruͤndlich verſtanden/ oder dem Allerhoͤchſten allein in die Haͤnde geſehen haben. Nun aber beweiſet es der Augenſchein/ daß es an Mitteln mercklich fehlete/ und daß es von Gott muſte herflieſſen/ wenn ſie Boden und Kellerkuͤnfftig ſolten voll haben. Cant. 2, 12. 13. Mercket 1. wie in Heiliger Schrifft alles ſo gar fein mit einander uͤberein ſtimmet/ alſo daß nichts wider das andere lauffen thut: Hat es auch bißweilengleich an manchen Orten den Schein einer Wiederwertigkeit/ ſo kan doch darauff wohl geantwor- tet/ und dieſelbige durch richtigen Vnterſcheid/ oder in andere We- ge leicht auffgehoben werden. Nehmet wahr 2. Gottes Weißheit/ wie er ſo weißlich verordnet hat/ daß die Zeiten mit einander abwechſeln/ und eine auff die andere folget. O wie ein weiſer HErr iſt unſer GOtt/ Sommer und Winter machet Er Pſalm 74. v. 17. Er låſſet die Dreſchzeit reichen zur Weinerde/ und die Wein- ernde Pſal. 74, 17.

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Zitationshilfe: Cundisius, Gottfried: Der Geistreiche Prophet Haggaj. Leipzig, 1648, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cundisius_predigten_1648/274>, abgerufen am 16.05.2024.