Cundisius, Gottfried: Der Geistreiche Prophet Haggaj. Leipzig, 1648.Die dreyzehende Predigt/ und Dünne. Was zum Feldbaw gehörete/ das liessen sie ihnen an-gelegen seyn/ und bestelleten alles wohl: Was auch vor Arbeit die Weinberge erfoderten/ die muste auch gethan werden/ und nicht das Wenigste dahinden bleiben. Versahen sich also/ sie würden eine gute Ernde/ und reiche Weinlese haben: wie denn die Vernunfft ihre Auschläge hat/ und offtmals ohne den Wirth die Rechnung machet. Aber es schlug dem Jüdischen Volckt fehl/ und ihre Hoff- nung ward zu Wasser: es ging gar anders daher/ als sie ihnen hat- ten eingebild[e]t/ und muste ihre Haushaltung einen mercklicken Stoß leiden. Wann einer zum Kornhauffen kam/ der 20. Maß haben solte/ so waren kaum 10. da/ ließ sichs gleich zu Felde ansehen/ als were viel Getreydig gewachsen/ so fand sichs doch hernach in der Scheune anders/ in dem es weniger gab/ als man gedacht hette. Kam er zur Kelter/ und meynte 50. Eymer zu schöpffen/ so ware kaum 20. da. Ehe man gelesen hatte/ tröste- te der Wintzer wohl/ der Herr des Weinberges selber frewete sich/ wenn er die schöne und edie Früchte ansahe/ er hatte auch schon seine Anschläge/ wie er den Wein an den Mann bringen/ und ein ansehliches Geld daraus lösen wolte. Aber es lieff gar anderg ab/ und muste er mit einem Wenigen verlieb nehmen/ dessen er sich nicht versehen hatte. Darnach/ damit niemand Ausflüchte suche- te/ und auff natürliche Vrsachen/ oder andere Hindernüsse/ (welche die Menschen mehrentheils flugs auszudencken wissen:) allzusehr gaffete/ so wird angezeigt/ woher vornemlich dieser Mißwachs ge- kommen/ als welchen Gott selbst über die Jüden geschickt hatte. Denn Jch/ sp[ri]cht er/ plagete euch. Jch/ (will er sagen) der Jch lasse Graß wachsen für das Viehe/ und Saat zu Nutze dem Menschen/ der Jch das Brot aus der Erden bringe/ und verschaffe/ daß der Wein erfrewe des Menschen Hertz/ und seine Gestalt schöne werde von Oele/ und das Brot Psal. 104, 14. 15. Jer. 5, 24.des Menschen Hertz stercke. Psalm 104. v. 14. 15. Jch/ der Jch deine Ernde trewlich und jährlich behüte. Jer. 5. v. 24. Jch/ der
Die dreyzehende Predigt/ und Duͤnne. Was zum Feldbaw gehoͤrete/ das lieſſen ſie ihnen an-gelegen ſeyn/ und beſtelleten alles wohl: Was auch vor Arbeit die Weinberge erfoderten/ die muſte auch gethan werden/ und nicht das Wenigſte dahinden bleiben. Verſahen ſich alſo/ ſie wuͤrden eine gute Ernde/ und reiche Weinleſe haben: wie denn die Vernunfft ihre Auſchläge hat/ und offtmals ohne den Wirth die Rechnung machet. Aber es ſchlug dem Juͤdiſchen Volckt fehl/ und ihre Hoff- nung ward zu Waſſer: es ging gar anders daher/ als ſie ihnen hat- ten eingebild[e]t/ und muſte ihre Haushaltung einen mercklicken Stoß leiden. Wann einer zum Kornhauffen kam/ der 20. Maß haben ſolte/ ſo waren kaum 10. da/ ließ ſichs gleich zu Felde anſehen/ als were viel Getreydig gewachſen/ ſo fand ſichs doch hernach in der Scheune anders/ in dem es weniger gab/ als man gedacht hette. Kam er zur Kelter/ und meynte 50. Eymer zu ſchoͤpffen/ ſo warè kaum 20. da. Ehe man geleſen hatte/ troͤſte- te der Wintzer wohl/ der Herr des Weinberges ſelber frewete ſich/ wenn er die ſchoͤne und edie Fruͤchte anſahe/ er hatte auch ſchon ſeine Anſchlaͤge/ wie er den Wein an den Mann bringen/ und ein anſehliches Geld daraus loͤſen wolte. Aber es lieff gar anderg ab/ und muſte er mit einem Wenigen verlieb nehmen/ deſſen er ſich nicht verſehen hatte. Darnach/ damit niemand Ausfluͤchte ſuche- te/ und auff natuͤrliche Vrſachen/ oder andere Hindernüſſe/ (welche die Menſchen mehrentheils flugs auszudencken wiſſen:) allzuſehr gaffete/ ſo wird angezeigt/ woher vornemlich dieſer Mißwachs ge- kommen/ als welchen Gott ſelbſt uͤber die Juͤden geſchickt hatte. Denn Jch/ ſp[ri]cht er/ plagete euch. Jch/ (will er ſagen) der Jch laſſe Graß wachſen fuͤr das Viehe/ und Saat zu Nutze dem Menſchen/ der Jch das Brot aus der Erden bringe/ und verſchaffe/ daß der Wein erfrewe des Menſchen Hertz/ und ſeine Geſtalt ſchoͤne werde von Oele/ und das Brot Pſal. 104, 14. 15. Jer. 5, 24.des Menſchen Hertz ſtercke. Pſalm 104. v. 14. 15. Jch/ der Jch deine Ernde trewlich und jaͤhrlich behuͤte. Jer. 5. v. 24. Jch/ der
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Die dreyzehende Predigt/
und Duͤnne. Was zum Feldbaw gehoͤrete/ das lieſſen ſie ihnen an-
gelegen ſeyn/ und beſtelleten alles wohl: Was auch vor Arbeit die
Weinberge erfoderten/ die muſte auch gethan werden/ und nicht
das Wenigſte dahinden bleiben. Verſahen ſich alſo/ ſie wuͤrden
eine gute Ernde/ und reiche Weinleſe haben: wie denn die Vernunfft
ihre Auſchläge hat/ und offtmals ohne den Wirth die Rechnung
machet. Aber es ſchlug dem Juͤdiſchen Volckt fehl/ und ihre Hoff-
nung ward zu Waſſer: es ging gar anders daher/ als ſie ihnen hat-
ten eingebildet/ und muſte ihre Haushaltung einen mercklicken
Stoß leiden. Wann einer zum Kornhauffen kam/ der 20.
Maß haben ſolte/ ſo waren kaum 10. da/ ließ ſichs gleich zu
Felde anſehen/ als were viel Getreydig gewachſen/ ſo fand ſichs doch
hernach in der Scheune anders/ in dem es weniger gab/ als man
gedacht hette. Kam er zur Kelter/ und meynte 50. Eymer
zu ſchoͤpffen/ ſo warè kaum 20. da. Ehe man geleſen hatte/ troͤſte-
te der Wintzer wohl/ der Herr des Weinberges ſelber frewete ſich/
wenn er die ſchoͤne und edie Fruͤchte anſahe/ er hatte auch ſchon
ſeine Anſchlaͤge/ wie er den Wein an den Mann bringen/ und ein
anſehliches Geld daraus loͤſen wolte. Aber es lieff gar anderg ab/
und muſte er mit einem Wenigen verlieb nehmen/ deſſen er ſich
nicht verſehen hatte. Darnach/ damit niemand Ausfluͤchte ſuche-
te/ und auff natuͤrliche Vrſachen/ oder andere Hindernüſſe/ (welche
die Menſchen mehrentheils flugs auszudencken wiſſen:) allzuſehr
gaffete/ ſo wird angezeigt/ woher vornemlich dieſer Mißwachs ge-
kommen/ als welchen Gott ſelbſt uͤber die Juͤden geſchickt hatte.
Denn Jch/ ſpricht er/ plagete euch. Jch/ (will er ſagen) der Jch
laſſe Graß wachſen fuͤr das Viehe/ und Saat zu Nutze
dem Menſchen/ der Jch das Brot aus der Erden bringe/
und verſchaffe/ daß der Wein erfrewe des Menſchen Hertz/
und ſeine Geſtalt ſchoͤne werde von Oele/ und das Brot
des Menſchen Hertz ſtercke. Pſalm 104. v. 14. 15. Jch/ der Jch
deine Ernde trewlich und jaͤhrlich behuͤte. Jer. 5. v. 24. Jch/
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Zitationshilfe: | Cundisius, Gottfried: Der Geistreiche Prophet Haggaj. Leipzig, 1648, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cundisius_predigten_1648/260>, abgerufen am 16.02.2025. |