Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cubach, Michael: Einer gläubigen und andächtigen Seelen vermehrtes tägliches Bet- Buß- Lob- Und Danck-Opffer. Leipzig, 1699.

Bild:
<< vorherige Seite

Betrachtung des menschlichen Elendes.
Welt verlassene/ aber in GOtt freudige Seel/ edaß
sie aus dem Kercker dieses Leibes möge erlöset wer-
den. Ach wie ängstet sie sich in ihr selbst über der lan-
gen Verweilung/ ihr wird angst und bange länger in
dieser sterblichen Hütten zu wohnen. Ach so komme/
O allerfreudenreicher Tod/ mache es ein Ende mit
mir/ und bringe mich zur ewigen Freude/ ich ver-
lange Tag und Nacht nach dir/ ich entsetze mich nicht
vor dir. Du aber/ O Herr JEsu/ verleihe mir dei-
ne Gnade/ daß ich beständig bleiben möge in meinem
Verlangen dich zu sehen/ löse auff meine Seele/ wenn
dirs gefällt/ und bringe mich zu deiner unvergängli-
chen Herrligkeit/ umb deines hochgelobten Nah-
mens willen/ Amen.

Betrachtung des menschlichen Elendes.

S. Augustinus.

MAs ist doch das Leben dieser Welt? Ach es
ist mehr ein Tod/ als ein Leben zu achten.
Denn es ist ein elendes/ betriegliches Leben/
voller Traurigkeit/ ein armes/ geringes Leben/ das
schnell dahin fähret. O du elendes Leben/ wie betrüg-
lich bist du/ bald blühest du schöne dahin/ und ehe
man es vermeynet/ verwelck est du: Ein Leben voller
Gefährligkeit/ voller Unwissenheit/ voller Gebrech-
ligkeit: Ein Leben das schnell dahin fähret und ver-
gehet. O du elendes Leben/ ie länger du währest/
ie mehr du abnimmst/ ie weiter du dich erstreckest/
ie näher du dem Todekommest. O du betriegliches
Leben/ wie bist du so voller Netze und Fallstricke/
dadurch die Kinder dieser Welt häuffig gefangen/
und durch die stinckende Lüste in die ewige Hölle ge-
stürtzet werden. Selig ist/ der deinen Betrug und
Boßheit kennet/ noch seliger ist/ der deine vergäng-
liche Lüste nichts achtet/ aber viel seliger ist/ der aus

die-

Betrachtung des menſchlichen Elendes.
Welt verlaſſene/ aber in GOtt freudige Seel/ edaß
ſie aus dem Kercker dieſes Leibes möge erlöſet wer-
den. Ach wie ängſtet ſie ſich in ihr ſelbſt über der lan-
gen Verweilung/ ihr wird angſt und bange länger in
dieſer ſterblichen Hütten zu wohnen. Ach ſo komme/
O allerfreudenreicher Tod/ mache es ein Ende mit
mir/ und bringe mich zur ewigen Freude/ ich ver-
lange Tag und Nacht nach dir/ ich entſetze mich nicht
vor dir. Du aber/ O Herr JEſu/ verleihe mir dei-
ne Gnade/ daß ich beſtändig bleiben möge in meinem
Verlangen dich zu ſehen/ löſe auff meine Seele/ wenn
dirs gefällt/ und bringe mich zu deiner unvergängli-
chen Herrligkeit/ umb deines hochgelobten Nah-
mens willen/ Amen.

Betrachtung des menſchlichen Elendes.

S. Auguſtinus.

MAs iſt doch das Leben dieſer Welt? Ach es
iſt mehr ein Tod/ als ein Leben zu achten.
Denn es iſt ein elendes/ betriegliches Leben/
voller Traurigkeit/ ein armes/ geringes Leben/ das
ſchnell dahin fähret. O du elendes Leben/ wie betrüg-
lich biſt du/ bald blüheſt du ſchöne dahin/ und ehe
man es vermeynet/ verwelck eſt du: Ein Leben voller
Gefährligkeit/ voller Unwiſſenheit/ voller Gebrech-
ligkeit: Ein Leben das ſchnell dahin fähret und ver-
gehet. O du elendes Leben/ ie länger du währeſt/
ie mehr du abnimmſt/ ie weiter du dich erſtreckeſt/
ie näher du dem Todekommeſt. O du betriegliches
Leben/ wie biſt du ſo voller Netze und Fallſtricke/
dadurch die Kinder dieſer Welt häuffig gefangen/
und durch die ſtinckende Lüſte in die ewige Hölle ge-
ſtürtzet werden. Selig iſt/ der deinen Betrug und
Boßheit kennet/ noch ſeliger iſt/ der deine vergäng-
liche Lüſte nichts achtet/ aber viel ſeliger iſt/ der aus

die-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1370" n="1322"/><fw place="top" type="header">Betrachtung des men&#x017F;chlichen Elendes.</fw><lb/>
Welt verla&#x017F;&#x017F;ene/ aber in GOtt freudige Seel/ edaß<lb/>
&#x017F;ie aus dem Kercker die&#x017F;es Leibes möge erlö&#x017F;et wer-<lb/>
den. Ach wie äng&#x017F;tet &#x017F;ie &#x017F;ich in ihr &#x017F;elb&#x017F;t über der lan-<lb/>
gen Verweilung/ ihr wird ang&#x017F;t und bange länger in<lb/>
die&#x017F;er &#x017F;terblichen Hütten zu wohnen. Ach &#x017F;o komme/<lb/>
O allerfreudenreicher Tod/ mache es ein Ende mit<lb/>
mir/ und bringe mich zur ewigen Freude/ ich ver-<lb/>
lange Tag und Nacht nach dir/ ich ent&#x017F;etze mich nicht<lb/>
vor dir. Du aber/ O Herr JE&#x017F;u/ verleihe mir dei-<lb/>
ne Gnade/ daß ich be&#x017F;tändig bleiben möge in meinem<lb/>
Verlangen dich zu &#x017F;ehen/ lö&#x017F;e auff meine Seele/ wenn<lb/>
dirs gefällt/ und bringe mich zu deiner unvergängli-<lb/>
chen Herrligkeit/ umb deines hochgelobten Nah-<lb/>
mens willen/ Amen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Betrachtung des men&#x017F;chlichen Elendes.</hi> </head><lb/>
          <argument>
            <p>S. Augu&#x017F;tinus.</p>
          </argument><lb/>
          <p><hi rendition="#in">M</hi>As i&#x017F;t doch das Leben die&#x017F;er Welt? Ach es<lb/>
i&#x017F;t mehr ein Tod/ als ein Leben zu achten.<lb/>
Denn es i&#x017F;t ein elendes/ betriegliches Leben/<lb/>
voller Traurigkeit/ ein armes/ geringes Leben/ das<lb/>
&#x017F;chnell dahin fähret. O du elendes Leben/ wie betrüg-<lb/>
lich bi&#x017F;t du/ bald blühe&#x017F;t du &#x017F;chöne dahin/ und ehe<lb/>
man es vermeynet/ verwelck e&#x017F;t du: Ein Leben voller<lb/>
Gefährligkeit/ voller Unwi&#x017F;&#x017F;enheit/ voller Gebrech-<lb/>
ligkeit: Ein Leben das &#x017F;chnell dahin fähret und ver-<lb/>
gehet. O du elendes Leben/ ie länger du währe&#x017F;t/<lb/>
ie mehr du abnimm&#x017F;t/ ie weiter du dich er&#x017F;trecke&#x017F;t/<lb/>
ie näher du dem Todekomme&#x017F;t. O du betriegliches<lb/>
Leben/ wie bi&#x017F;t du &#x017F;o voller Netze und Fall&#x017F;tricke/<lb/>
dadurch die Kinder die&#x017F;er Welt häuffig gefangen/<lb/>
und durch die &#x017F;tinckende Lü&#x017F;te in die ewige Hölle ge-<lb/>
&#x017F;türtzet werden. Selig i&#x017F;t/ der deinen Betrug und<lb/>
Boßheit kennet/ noch &#x017F;eliger i&#x017F;t/ der deine vergäng-<lb/>
liche Lü&#x017F;te nichts achtet/ aber viel &#x017F;eliger i&#x017F;t/ der aus<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1322/1370] Betrachtung des menſchlichen Elendes. Welt verlaſſene/ aber in GOtt freudige Seel/ edaß ſie aus dem Kercker dieſes Leibes möge erlöſet wer- den. Ach wie ängſtet ſie ſich in ihr ſelbſt über der lan- gen Verweilung/ ihr wird angſt und bange länger in dieſer ſterblichen Hütten zu wohnen. Ach ſo komme/ O allerfreudenreicher Tod/ mache es ein Ende mit mir/ und bringe mich zur ewigen Freude/ ich ver- lange Tag und Nacht nach dir/ ich entſetze mich nicht vor dir. Du aber/ O Herr JEſu/ verleihe mir dei- ne Gnade/ daß ich beſtändig bleiben möge in meinem Verlangen dich zu ſehen/ löſe auff meine Seele/ wenn dirs gefällt/ und bringe mich zu deiner unvergängli- chen Herrligkeit/ umb deines hochgelobten Nah- mens willen/ Amen. Betrachtung des menſchlichen Elendes. S. Auguſtinus. MAs iſt doch das Leben dieſer Welt? Ach es iſt mehr ein Tod/ als ein Leben zu achten. Denn es iſt ein elendes/ betriegliches Leben/ voller Traurigkeit/ ein armes/ geringes Leben/ das ſchnell dahin fähret. O du elendes Leben/ wie betrüg- lich biſt du/ bald blüheſt du ſchöne dahin/ und ehe man es vermeynet/ verwelck eſt du: Ein Leben voller Gefährligkeit/ voller Unwiſſenheit/ voller Gebrech- ligkeit: Ein Leben das ſchnell dahin fähret und ver- gehet. O du elendes Leben/ ie länger du währeſt/ ie mehr du abnimmſt/ ie weiter du dich erſtreckeſt/ ie näher du dem Todekommeſt. O du betriegliches Leben/ wie biſt du ſo voller Netze und Fallſtricke/ dadurch die Kinder dieſer Welt häuffig gefangen/ und durch die ſtinckende Lüſte in die ewige Hölle ge- ſtürtzet werden. Selig iſt/ der deinen Betrug und Boßheit kennet/ noch ſeliger iſt/ der deine vergäng- liche Lüſte nichts achtet/ aber viel ſeliger iſt/ der aus die-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cubach_betbuch_1699
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cubach_betbuch_1699/1370
Zitationshilfe: Cubach, Michael: Einer gläubigen und andächtigen Seelen vermehrtes tägliches Bet- Buß- Lob- Und Danck-Opffer. Leipzig, 1699, S. 1322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cubach_betbuch_1699/1370>, abgerufen am 23.07.2024.