Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.LIV. Betrachtung. trachtete,*) als er die Nachricht von der HinrichtungJohannis erfuhr,**) als er mit seinen Jüngern eine neue Einrichtung vornahm, ja selbst noch den letzten Abend vor seinen großen Leiden suchte er die Einsam- keit, weil sie ihm theils zu seiner Sicherheit diente, theils zu wichtigen Ueberlegungen nützlich und be- quem war. Wahrscheinlich sammlete er in diesen einsamen Stunden neue Stärke, Muth und Kraft zur Duldung und Ausharrung in seinem schweren Amte. Freylich hatte er nicht nöthig, wie wir schwa- chen Menschen, um Vergebung und Besserung, um Erleuchtung und Bewahrung vor Sünden zu bitten, und doch versagte er sich oft den Schlaf, um sich mit Gott zu unterhalten, um über sich selbst und sei- ne Lage nachzudenken, um Gott für den bisher ver- liehenen Segen und Beystand zu danken, um seinen Geist mit großen Gedanken anzufüllen, und um sich in der edelsten Wirksamkeit zu erhalten. Auch war es nicht Verdruß und Menschenhaß, die ihn in die Einsamkeit trieben; denn er hob ja seine Gemeinschaft mit den Menschen nicht auf, er entzog ihnen seine Dienste nicht, und er verließ die Einsamkeit allemal gleich, so bald ihm die Pflichten seines Amtes zum thätigen Leben aufforderten, so bald er der Gesell- schaft nützliche Dienste leisten, oder sonst Jemanden Hülfe und Beystand verschaffen konnte. Begab er sich *) Joh. 5, 13. **) Matth. 14, 13.
LIV. Betrachtung. trachtete,*) als er die Nachricht von der HinrichtungJohannis erfuhr,**) als er mit ſeinen Jüngern eine neue Einrichtung vornahm, ja ſelbſt noch den letzten Abend vor ſeinen großen Leiden ſuchte er die Einſam- keit, weil ſie ihm theils zu ſeiner Sicherheit diente, theils zu wichtigen Ueberlegungen nützlich und be- quem war. Wahrſcheinlich ſammlete er in dieſen einſamen Stunden neue Stärke, Muth und Kraft zur Duldung und Ausharrung in ſeinem ſchweren Amte. Freylich hatte er nicht nöthig, wie wir ſchwa- chen Menſchen, um Vergebung und Beſſerung, um Erleuchtung und Bewahrung vor Sünden zu bitten, und doch verſagte er ſich oft den Schlaf, um ſich mit Gott zu unterhalten, um über ſich ſelbſt und ſei- ne Lage nachzudenken, um Gott für den bisher ver- liehenen Segen und Beyſtand zu danken, um ſeinen Geiſt mit großen Gedanken anzufüllen, und um ſich in der edelſten Wirkſamkeit zu erhalten. Auch war es nicht Verdruß und Menſchenhaß, die ihn in die Einſamkeit trieben; denn er hob ja ſeine Gemeinſchaft mit den Menſchen nicht auf, er entzog ihnen ſeine Dienſte nicht, und er verließ die Einſamkeit allemal gleich, ſo bald ihm die Pflichten ſeines Amtes zum thätigen Leben aufforderten, ſo bald er der Geſell- ſchaft nützliche Dienſte leiſten, oder ſonſt Jemanden Hülfe und Beyſtand verſchaffen konnte. Begab er ſich *) Joh. 5, 13. **) Matth. 14, 13.
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LIV. Betrachtung.
trachtete, *) als er die Nachricht von der Hinrichtung
Johannis erfuhr, **) als er mit ſeinen Jüngern eine
neue Einrichtung vornahm, ja ſelbſt noch den letzten
Abend vor ſeinen großen Leiden ſuchte er die Einſam-
keit, weil ſie ihm theils zu ſeiner Sicherheit diente,
theils zu wichtigen Ueberlegungen nützlich und be-
quem war. Wahrſcheinlich ſammlete er in dieſen
einſamen Stunden neue Stärke, Muth und Kraft
zur Duldung und Ausharrung in ſeinem ſchweren
Amte. Freylich hatte er nicht nöthig, wie wir ſchwa-
chen Menſchen, um Vergebung und Beſſerung, um
Erleuchtung und Bewahrung vor Sünden zu bitten,
und doch verſagte er ſich oft den Schlaf, um ſich
mit Gott zu unterhalten, um über ſich ſelbſt und ſei-
ne Lage nachzudenken, um Gott für den bisher ver-
liehenen Segen und Beyſtand zu danken, um ſeinen
Geiſt mit großen Gedanken anzufüllen, und um ſich
in der edelſten Wirkſamkeit zu erhalten. Auch war
es nicht Verdruß und Menſchenhaß, die ihn in die
Einſamkeit trieben; denn er hob ja ſeine Gemeinſchaft
mit den Menſchen nicht auf, er entzog ihnen ſeine
Dienſte nicht, und er verließ die Einſamkeit allemal
gleich, ſo bald ihm die Pflichten ſeines Amtes zum
thätigen Leben aufforderten, ſo bald er der Geſell-
ſchaft nützliche Dienſte leiſten, oder ſonſt Jemanden
Hülfe und Beyſtand verſchaffen konnte. Begab er
ſich
*) Joh. 5, 13.
**) Matth. 14, 13.
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