Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

LII. Betrachtung.
te mehr von seinem Privatleben gemeldet; so würden
die Christen an ihm ein würdiges Muster zur besten
Einrichtung ihrer häuslichen und gesellschaftlichen
Verbindungen haben, da sein Geschmack und seine Em-
pfindungen auch in dieser Rücksicht so edel und
menschlich waren. Jndessen finden wir schon in den
wenigen Nachrichten einen Beytrag zu den zärtlichen
und großmüthigen Gesinnungen, die er auch in die-
sem Falle an den Tag legte. Jmmer äußerte er ge-
gen seine Verwandte und Freunde eine vorzügliche
Liebe und Gefälligkeit. Seinen Schülern, die er
sich zu Vertrauten gewählt hatte, gab er stets, so
wie seinen übrigen Freunden, einen merklichen Vor-
zug. An ihrem Umgange, der ihm der angenehm-
ste war, hieng sein ganzes Herz; in ihrem Kreise
war ihm wohl, da erheiterte sich sein Gemüth. Die-
se hatte er immer um sich, und belehrte sie aus Got-
tes Wort ausführlicher als das übrige Volk. Jh-
nen legte er alles aus, was er dem Volke damals
nicht so frey heraus sagen konnte. Diese seine Ver-
trauten wußten um alle sein Thun und Lassen, sie
waren Augenzeugen von seinen größten Wundern und
zum Theil auch von seiner Majestät, als er in himm-
lischer Gestalt verklärt wurde.*) Denn indem sie
Zuschauer von der Verklärung Christi waren, so
wurden sie eines solchen Wunders gewürdigt, wel-
ches die Juden immer vergeblich verlangten. Jhnen

allein
*) Matth. 17, 1-9.

LII. Betrachtung.
te mehr von ſeinem Privatleben gemeldet; ſo würden
die Chriſten an ihm ein würdiges Muſter zur beſten
Einrichtung ihrer häuslichen und geſellſchaftlichen
Verbindungen haben, da ſein Geſchmack und ſeine Em-
pfindungen auch in dieſer Rückſicht ſo edel und
menſchlich waren. Jndeſſen finden wir ſchon in den
wenigen Nachrichten einen Beytrag zu den zärtlichen
und großmüthigen Geſinnungen, die er auch in die-
ſem Falle an den Tag legte. Jmmer äußerte er ge-
gen ſeine Verwandte und Freunde eine vorzügliche
Liebe und Gefälligkeit. Seinen Schülern, die er
ſich zu Vertrauten gewählt hatte, gab er ſtets, ſo
wie ſeinen übrigen Freunden, einen merklichen Vor-
zug. An ihrem Umgange, der ihm der angenehm-
ſte war, hieng ſein ganzes Herz; in ihrem Kreiſe
war ihm wohl, da erheiterte ſich ſein Gemüth. Die-
ſe hatte er immer um ſich, und belehrte ſie aus Got-
tes Wort ausführlicher als das übrige Volk. Jh-
nen legte er alles aus, was er dem Volke damals
nicht ſo frey heraus ſagen konnte. Dieſe ſeine Ver-
trauten wußten um alle ſein Thun und Laſſen, ſie
waren Augenzeugen von ſeinen größten Wundern und
zum Theil auch von ſeiner Majeſtät, als er in himm-
liſcher Geſtalt verklärt wurde.*) Denn indem ſie
Zuſchauer von der Verklärung Chriſti waren, ſo
wurden ſie eines ſolchen Wunders gewürdigt, wel-
ches die Juden immer vergeblich verlangten. Jhnen

allein
*) Matth. 17, 1-9.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0366" n="340"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">LII.</hi> Betrachtung.</fw><lb/>
te mehr von &#x017F;einem Privatleben gemeldet; &#x017F;o würden<lb/>
die Chri&#x017F;ten an ihm ein würdiges Mu&#x017F;ter zur be&#x017F;ten<lb/>
Einrichtung ihrer häuslichen und ge&#x017F;ell&#x017F;chaftlichen<lb/>
Verbindungen haben, da &#x017F;ein Ge&#x017F;chmack und &#x017F;eine Em-<lb/>
pfindungen auch in die&#x017F;er Rück&#x017F;icht &#x017F;o edel und<lb/>
men&#x017F;chlich waren. Jnde&#x017F;&#x017F;en finden wir &#x017F;chon in den<lb/>
wenigen Nachrichten einen Beytrag zu den zärtlichen<lb/>
und großmüthigen Ge&#x017F;innungen, die er auch in die-<lb/>
&#x017F;em Falle an den Tag legte. Jmmer äußerte er ge-<lb/>
gen &#x017F;eine Verwandte und Freunde eine vorzügliche<lb/>
Liebe und Gefälligkeit. Seinen Schülern, die er<lb/>
&#x017F;ich zu Vertrauten gewählt hatte, gab er &#x017F;tets, &#x017F;o<lb/>
wie &#x017F;einen übrigen Freunden, einen merklichen Vor-<lb/>
zug. An ihrem Umgange, der ihm der angenehm-<lb/>
&#x017F;te war, hieng &#x017F;ein ganzes Herz; in ihrem Krei&#x017F;e<lb/>
war ihm wohl, da erheiterte &#x017F;ich &#x017F;ein Gemüth. Die-<lb/>
&#x017F;e hatte er immer um &#x017F;ich, und belehrte &#x017F;ie aus Got-<lb/>
tes Wort ausführlicher als das übrige Volk. Jh-<lb/>
nen legte er alles aus, was er dem Volke damals<lb/>
nicht &#x017F;o frey heraus &#x017F;agen konnte. Die&#x017F;e &#x017F;eine Ver-<lb/>
trauten wußten um alle &#x017F;ein Thun und La&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ie<lb/>
waren Augenzeugen von &#x017F;einen größten Wundern und<lb/>
zum Theil auch von &#x017F;einer Maje&#x017F;tät, als er in himm-<lb/>
li&#x017F;cher Ge&#x017F;talt verklärt wurde.<note place="foot" n="*)">Matth. 17, 1-9.</note> Denn indem &#x017F;ie<lb/>
Zu&#x017F;chauer von der Verklärung Chri&#x017F;ti waren, &#x017F;o<lb/>
wurden &#x017F;ie eines &#x017F;olchen Wunders gewürdigt, wel-<lb/>
ches die Juden immer vergeblich verlangten. Jhnen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">allein</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[340/0366] LII. Betrachtung. te mehr von ſeinem Privatleben gemeldet; ſo würden die Chriſten an ihm ein würdiges Muſter zur beſten Einrichtung ihrer häuslichen und geſellſchaftlichen Verbindungen haben, da ſein Geſchmack und ſeine Em- pfindungen auch in dieſer Rückſicht ſo edel und menſchlich waren. Jndeſſen finden wir ſchon in den wenigen Nachrichten einen Beytrag zu den zärtlichen und großmüthigen Geſinnungen, die er auch in die- ſem Falle an den Tag legte. Jmmer äußerte er ge- gen ſeine Verwandte und Freunde eine vorzügliche Liebe und Gefälligkeit. Seinen Schülern, die er ſich zu Vertrauten gewählt hatte, gab er ſtets, ſo wie ſeinen übrigen Freunden, einen merklichen Vor- zug. An ihrem Umgange, der ihm der angenehm- ſte war, hieng ſein ganzes Herz; in ihrem Kreiſe war ihm wohl, da erheiterte ſich ſein Gemüth. Die- ſe hatte er immer um ſich, und belehrte ſie aus Got- tes Wort ausführlicher als das übrige Volk. Jh- nen legte er alles aus, was er dem Volke damals nicht ſo frey heraus ſagen konnte. Dieſe ſeine Ver- trauten wußten um alle ſein Thun und Laſſen, ſie waren Augenzeugen von ſeinen größten Wundern und zum Theil auch von ſeiner Majeſtät, als er in himm- liſcher Geſtalt verklärt wurde. *) Denn indem ſie Zuſchauer von der Verklärung Chriſti waren, ſo wurden ſie eines ſolchen Wunders gewürdigt, wel- ches die Juden immer vergeblich verlangten. Jhnen allein *) Matth. 17, 1-9.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/366
Zitationshilfe: Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/366>, abgerufen am 23.11.2024.