Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.L. Betrachtung. schaffen und dem drohenden Mangel abhelfen würde.Da sie ihm aber dabey Zeit und Stunde vorschreiben wollte, so gab er ihr jene Antwort, mit der er etwa dieses sagen wollte: Was bekümmerst du dich um mich in Sachen meines Amts; noch ist der Augen- blick nicht da, wo ich, meinem Plane gemäß, ein Wun- der thun werde. Uebrigens sorgte er wahrscheinlich, so lange er lebte, für den Unterhalt seiner Mutter. Und wem ist nicht der schöne rührende Beweis be- kannt, den Jesus von seiner kindlichen Liebe und Dank- barkeit noch sterbend gab, als er diese seine verlaßne trostlose Mutter der Fürsorge seines zärtlichen Freun- des, des Johannes, empfahl! Vom Kreuze herab nahm er noch den wärmsten Antheil an ihrem Leiden, er vergaß seine eignen Martern, und sorgte für ihre Beruhigung in dem Zeitpuncte, wo nach einer frü- hern Weissagung des alten ehrwürdigen Simeons, wo ein Schwerd durch ihre Seele gieng,*) wo der tiefste Schmerz sie durchdrang. Ja selbst nach sei- ner Auferstehung war sie eine von den ersten, denen er sich offenbarte, um sie so bald als möglich über seinen Tod zu beruhigen, und ihr die Thränen der Wehmuth abzutrocknen. O junge Mitchristen, die ihr dieses leset, lernet thäter, *) Luc. 2, 35. X 5
L. Betrachtung. ſchaffen und dem drohenden Mangel abhelfen würde.Da ſie ihm aber dabey Zeit und Stunde vorſchreiben wollte, ſo gab er ihr jene Antwort, mit der er etwa dieſes ſagen wollte: Was bekümmerſt du dich um mich in Sachen meines Amts; noch iſt der Augen- blick nicht da, wo ich, meinem Plane gemäß, ein Wun- der thun werde. Uebrigens ſorgte er wahrſcheinlich, ſo lange er lebte, für den Unterhalt ſeiner Mutter. Und wem iſt nicht der ſchöne rührende Beweis be- kannt, den Jeſus von ſeiner kindlichen Liebe und Dank- barkeit noch ſterbend gab, als er dieſe ſeine verlaßne troſtloſe Mutter der Fürſorge ſeines zärtlichen Freun- des, des Johannes, empfahl! Vom Kreuze herab nahm er noch den wärmſten Antheil an ihrem Leiden, er vergaß ſeine eignen Martern, und ſorgte für ihre Beruhigung in dem Zeitpuncte, wo nach einer frü- hern Weiſſagung des alten ehrwürdigen Simeons, wo ein Schwerd durch ihre Seele gieng,*) wo der tiefſte Schmerz ſie durchdrang. Ja ſelbſt nach ſei- ner Auferſtehung war ſie eine von den erſten, denen er ſich offenbarte, um ſie ſo bald als möglich über ſeinen Tod zu beruhigen, und ihr die Thränen der Wehmuth abzutrocknen. O junge Mitchriſten, die ihr dieſes leſet, lernet thäter, *) Luc. 2, 35. X 5
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L. Betrachtung.
ſchaffen und dem drohenden Mangel abhelfen würde.
Da ſie ihm aber dabey Zeit und Stunde vorſchreiben
wollte, ſo gab er ihr jene Antwort, mit der er etwa
dieſes ſagen wollte: Was bekümmerſt du dich um
mich in Sachen meines Amts; noch iſt der Augen-
blick nicht da, wo ich, meinem Plane gemäß, ein Wun-
der thun werde. Uebrigens ſorgte er wahrſcheinlich,
ſo lange er lebte, für den Unterhalt ſeiner Mutter.
Und wem iſt nicht der ſchöne rührende Beweis be-
kannt, den Jeſus von ſeiner kindlichen Liebe und Dank-
barkeit noch ſterbend gab, als er dieſe ſeine verlaßne
troſtloſe Mutter der Fürſorge ſeines zärtlichen Freun-
des, des Johannes, empfahl! Vom Kreuze herab
nahm er noch den wärmſten Antheil an ihrem Leiden,
er vergaß ſeine eignen Martern, und ſorgte für ihre
Beruhigung in dem Zeitpuncte, wo nach einer frü-
hern Weiſſagung des alten ehrwürdigen Simeons,
wo ein Schwerd durch ihre Seele gieng, *) wo der
tiefſte Schmerz ſie durchdrang. Ja ſelbſt nach ſei-
ner Auferſtehung war ſie eine von den erſten, denen
er ſich offenbarte, um ſie ſo bald als möglich über
ſeinen Tod zu beruhigen, und ihr die Thränen der
Wehmuth abzutrocknen.
O junge Mitchriſten, die ihr dieſes leſet, lernet
von euerm Heilande, wie ihr euch gegen eure Eltern
betragen müßt! Sie ſind eure größten irdiſchen Wohl-
thäter,
*) Luc. 2, 35.
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