Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

XLIII. Betrachtung.
seyn scheinen. Gelingt euch nicht alles, so entzieht
euch nicht gleich aus Mißvergnügen der Welt; hebt
nicht gleich allen Umgang mit Menschen auf, und
hütet euch besonders vor der finstern mißmuthigen
Laune, die den Menschen so menschenfeindlich macht,
daß er blos für sich lebt, und sich seinen Pflichten
gegen andre gänzlich entzieht. Laßt euch nicht gleich
durch jedes Hinderniß, durch jeden mißlungenen Ver-
such abschrecken; fahret vielmehr fort, euern Beruf
gewissenhaft abzuwarten und eure Arbeiten mit uner-
müdetem Eifer fortzusetzen. Denn wenn auch eure
Unternehmungen nicht allemal so gelingen, wie ihr
wünschet; so habt ihr doch eure Pflicht gethan.
Murret nicht gleich wider Gott; macht es nicht wie
diejenigen, welche voller Verdruß ihren Unwillen
oft einen Unschuldigen entgelten lassen. Prüft euch
vielmehr, ob ihr nicht bey dem löblichsten Fleiße ei-
nige Fehler begangen habt, ob ihr nicht ohne hinläng-
liche Einsichten, ohne gehörige Vorsichtigkeit und
Ueberlegung zu Werke gegangen seyd. Spricht
euch aber euer Gewissen von allen diesen Fehlern frey,
waren euch nur gewisse Umstände, die ihr nicht in
eurer Gewalt hattet, ungünstig; so bedenket, daß
Gott es ist, der alle günstige und ungünstige Umstän-
de lenkt, der Glück und Unglück, Reichthum und
Armuth, Fortgang und Widerstand, so wie jeden
Erfolg unserer Bemühungen bestimmt und leitet,

je

XLIII. Betrachtung.
ſeyn ſcheinen. Gelingt euch nicht alles, ſo entzieht
euch nicht gleich aus Mißvergnügen der Welt; hebt
nicht gleich allen Umgang mit Menſchen auf, und
hütet euch beſonders vor der finſtern mißmuthigen
Laune, die den Menſchen ſo menſchenfeindlich macht,
daß er blos für ſich lebt, und ſich ſeinen Pflichten
gegen andre gänzlich entzieht. Laßt euch nicht gleich
durch jedes Hinderniß, durch jeden mißlungenen Ver-
ſuch abſchrecken; fahret vielmehr fort, euern Beruf
gewiſſenhaft abzuwarten und eure Arbeiten mit uner-
müdetem Eifer fortzuſetzen. Denn wenn auch eure
Unternehmungen nicht allemal ſo gelingen, wie ihr
wünſchet; ſo habt ihr doch eure Pflicht gethan.
Murret nicht gleich wider Gott; macht es nicht wie
diejenigen, welche voller Verdruß ihren Unwillen
oft einen Unſchuldigen entgelten laſſen. Prüft euch
vielmehr, ob ihr nicht bey dem löblichſten Fleiße ei-
nige Fehler begangen habt, ob ihr nicht ohne hinläng-
liche Einſichten, ohne gehörige Vorſichtigkeit und
Ueberlegung zu Werke gegangen ſeyd. Spricht
euch aber euer Gewiſſen von allen dieſen Fehlern frey,
waren euch nur gewiſſe Umſtände, die ihr nicht in
eurer Gewalt hattet, ungünſtig; ſo bedenket, daß
Gott es iſt, der alle günſtige und ungünſtige Umſtän-
de lenkt, der Glück und Unglück, Reichthum und
Armuth, Fortgang und Widerſtand, ſo wie jeden
Erfolg unſerer Bemühungen beſtimmt und leitet,

je
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0310" n="284"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">XLIII.</hi> Betrachtung.</fw><lb/>
&#x017F;eyn &#x017F;cheinen. Gelingt euch nicht alles, &#x017F;o entzieht<lb/>
euch nicht gleich aus Mißvergnügen der Welt; hebt<lb/>
nicht gleich allen Umgang mit Men&#x017F;chen auf, und<lb/>
hütet euch be&#x017F;onders vor der fin&#x017F;tern mißmuthigen<lb/>
Laune, die den Men&#x017F;chen &#x017F;o men&#x017F;chenfeindlich macht,<lb/>
daß er blos für &#x017F;ich lebt, und &#x017F;ich &#x017F;einen Pflichten<lb/>
gegen andre gänzlich entzieht. Laßt euch nicht gleich<lb/>
durch jedes Hinderniß, durch jeden mißlungenen Ver-<lb/>
&#x017F;uch ab&#x017F;chrecken; fahret vielmehr fort, euern Beruf<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;enhaft abzuwarten und eure Arbeiten mit uner-<lb/>
müdetem Eifer fortzu&#x017F;etzen. Denn wenn auch eure<lb/>
Unternehmungen nicht allemal &#x017F;o gelingen, wie ihr<lb/>
wün&#x017F;chet; &#x017F;o habt ihr doch eure Pflicht gethan.<lb/>
Murret nicht gleich wider Gott; macht es nicht wie<lb/>
diejenigen, welche voller Verdruß ihren Unwillen<lb/>
oft einen Un&#x017F;chuldigen entgelten la&#x017F;&#x017F;en. Prüft euch<lb/>
vielmehr, ob ihr nicht bey dem löblich&#x017F;ten Fleiße ei-<lb/>
nige Fehler begangen habt, ob ihr nicht ohne hinläng-<lb/>
liche Ein&#x017F;ichten, ohne gehörige Vor&#x017F;ichtigkeit und<lb/>
Ueberlegung zu Werke gegangen &#x017F;eyd. Spricht<lb/>
euch aber euer Gewi&#x017F;&#x017F;en von allen die&#x017F;en Fehlern frey,<lb/>
waren euch nur gewi&#x017F;&#x017F;e Um&#x017F;tände, die ihr nicht in<lb/>
eurer Gewalt hattet, ungün&#x017F;tig; &#x017F;o bedenket, daß<lb/>
Gott es i&#x017F;t, der alle gün&#x017F;tige und ungün&#x017F;tige Um&#x017F;tän-<lb/>
de lenkt, der Glück und Unglück, Reichthum und<lb/>
Armuth, Fortgang und Wider&#x017F;tand, &#x017F;o wie jeden<lb/>
Erfolg un&#x017F;erer Bemühungen be&#x017F;timmt und leitet,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">je</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[284/0310] XLIII. Betrachtung. ſeyn ſcheinen. Gelingt euch nicht alles, ſo entzieht euch nicht gleich aus Mißvergnügen der Welt; hebt nicht gleich allen Umgang mit Menſchen auf, und hütet euch beſonders vor der finſtern mißmuthigen Laune, die den Menſchen ſo menſchenfeindlich macht, daß er blos für ſich lebt, und ſich ſeinen Pflichten gegen andre gänzlich entzieht. Laßt euch nicht gleich durch jedes Hinderniß, durch jeden mißlungenen Ver- ſuch abſchrecken; fahret vielmehr fort, euern Beruf gewiſſenhaft abzuwarten und eure Arbeiten mit uner- müdetem Eifer fortzuſetzen. Denn wenn auch eure Unternehmungen nicht allemal ſo gelingen, wie ihr wünſchet; ſo habt ihr doch eure Pflicht gethan. Murret nicht gleich wider Gott; macht es nicht wie diejenigen, welche voller Verdruß ihren Unwillen oft einen Unſchuldigen entgelten laſſen. Prüft euch vielmehr, ob ihr nicht bey dem löblichſten Fleiße ei- nige Fehler begangen habt, ob ihr nicht ohne hinläng- liche Einſichten, ohne gehörige Vorſichtigkeit und Ueberlegung zu Werke gegangen ſeyd. Spricht euch aber euer Gewiſſen von allen dieſen Fehlern frey, waren euch nur gewiſſe Umſtände, die ihr nicht in eurer Gewalt hattet, ungünſtig; ſo bedenket, daß Gott es iſt, der alle günſtige und ungünſtige Umſtän- de lenkt, der Glück und Unglück, Reichthum und Armuth, Fortgang und Widerſtand, ſo wie jeden Erfolg unſerer Bemühungen beſtimmt und leitet, je

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/310
Zitationshilfe: Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/310>, abgerufen am 27.11.2024.