Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.XXXIV. Betrachtung. sinnungen werden täglich dadurch neue Nahrung be-kommen. Erflehe ich z. B. meinem Mitbruder Se- gen und Fortgang bey seinen Arbeiten, so werde ich sei- nen Wohlstand nicht beneiden, sondern mich über das zunehmende Wachsthum desselben freuen. Bete ich um Bekehrung meiner Mitmenschen, um die Ausbrei- tung der Tugend und des thätigen Christenthums; so werde ich niemanden durch mein Beyspiel ärgern, und die Unschuld verführen. Empfehle ich die Meinigen dem Schutze Gottes, so werde ich auch mein Haus zu einem Wohnsitze der Frömmigkeit machen, so werde ich meine Kinder gut und christlich erziehen, so werde ich den Meinigen das Leben froh und angenehm zu machen suchen. Bete ich für die Elenden und Noth- leidenden; so werde ich im Laufe des Tages keinen, der mir aufstößt, hülflos gehen lassen, wenn ich ihm nur irgend auf eine Art beystehen kann, ich werde jede Gelegenheit, dem Unglücklichen zu helfen, als einen Ruf von Gott ansehn, und mich freuen, daß mich Gott als Werkzeug brauchen will, das menschliche Elend zu vermindern. Bet' oft zu Gott für deine Brüder, Für alle Menschen, als ihr Freund, Denn wir sind eines Leibes Glieder, Ein Glied davon ist auch dein Feind. Solch Bitten, das aus Liebe fließt, Ehrt Gott, der selbst die Liebe ist. Fünf- P
XXXIV. Betrachtung. ſinnungen werden täglich dadurch neue Nahrung be-kommen. Erflehe ich z. B. meinem Mitbruder Se- gen und Fortgang bey ſeinen Arbeiten, ſo werde ich ſei- nen Wohlſtand nicht beneiden, ſondern mich über das zunehmende Wachsthum deſſelben freuen. Bete ich um Bekehrung meiner Mitmenſchen, um die Ausbrei- tung der Tugend und des thätigen Chriſtenthums; ſo werde ich niemanden durch mein Beyſpiel ärgern, und die Unſchuld verführen. Empfehle ich die Meinigen dem Schutze Gottes, ſo werde ich auch mein Haus zu einem Wohnſitze der Frömmigkeit machen, ſo werde ich meine Kinder gut und chriſtlich erziehen, ſo werde ich den Meinigen das Leben froh und angenehm zu machen ſuchen. Bete ich für die Elenden und Noth- leidenden; ſo werde ich im Laufe des Tages keinen, der mir aufſtößt, hülflos gehen laſſen, wenn ich ihm nur irgend auf eine Art beyſtehen kann, ich werde jede Gelegenheit, dem Unglücklichen zu helfen, als einen Ruf von Gott anſehn, und mich freuen, daß mich Gott als Werkzeug brauchen will, das menſchliche Elend zu vermindern. Bet’ oft zu Gott für deine Brüder, Für alle Menſchen, als ihr Freund, Denn wir ſind eines Leibes Glieder, Ein Glied davon iſt auch dein Feind. Solch Bitten, das aus Liebe fließt, Ehrt Gott, der ſelbſt die Liebe iſt. Fünf- P
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0251" n="225"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">XXXIV.</hi> Betrachtung.</fw><lb/> ſinnungen werden täglich dadurch neue Nahrung be-<lb/> kommen. Erflehe ich z. B. meinem Mitbruder Se-<lb/> gen und Fortgang bey ſeinen Arbeiten, ſo werde ich ſei-<lb/> nen Wohlſtand nicht beneiden, ſondern mich über das<lb/> zunehmende Wachsthum deſſelben freuen. Bete ich<lb/> um Bekehrung meiner Mitmenſchen, um die Ausbrei-<lb/> tung der Tugend und des thätigen Chriſtenthums; ſo<lb/> werde ich niemanden durch mein Beyſpiel ärgern, und<lb/> die Unſchuld verführen. Empfehle ich die Meinigen<lb/> dem Schutze Gottes, ſo werde ich auch mein Haus zu<lb/> einem Wohnſitze der Frömmigkeit machen, ſo werde<lb/> ich meine Kinder gut und chriſtlich erziehen, ſo werde<lb/> ich den Meinigen das Leben froh und angenehm zu<lb/> machen ſuchen. Bete ich für die Elenden und Noth-<lb/> leidenden; ſo werde ich im Laufe des Tages keinen,<lb/> der mir aufſtößt, hülflos gehen laſſen, wenn ich ihm<lb/> nur irgend auf eine Art beyſtehen kann, ich werde jede<lb/> Gelegenheit, dem Unglücklichen zu helfen, als einen<lb/> Ruf von Gott anſehn, und mich freuen, daß mich<lb/> Gott als Werkzeug brauchen will, das menſchliche<lb/> Elend zu vermindern.</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Bet’ oft zu Gott für deine Brüder,</l><lb/> <l>Für alle Menſchen, als ihr Freund,</l><lb/> <l>Denn wir ſind eines Leibes Glieder,</l><lb/> <l>Ein Glied davon iſt auch dein Feind.</l><lb/> <l>Solch Bitten, das aus Liebe fließt,</l><lb/> <l>Ehrt Gott, der ſelbſt die Liebe iſt.</l> </lg> </div><lb/> <fw place="bottom" type="sig">P</fw> <fw place="bottom" type="catch">Fünf-</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [225/0251]
XXXIV. Betrachtung.
ſinnungen werden täglich dadurch neue Nahrung be-
kommen. Erflehe ich z. B. meinem Mitbruder Se-
gen und Fortgang bey ſeinen Arbeiten, ſo werde ich ſei-
nen Wohlſtand nicht beneiden, ſondern mich über das
zunehmende Wachsthum deſſelben freuen. Bete ich
um Bekehrung meiner Mitmenſchen, um die Ausbrei-
tung der Tugend und des thätigen Chriſtenthums; ſo
werde ich niemanden durch mein Beyſpiel ärgern, und
die Unſchuld verführen. Empfehle ich die Meinigen
dem Schutze Gottes, ſo werde ich auch mein Haus zu
einem Wohnſitze der Frömmigkeit machen, ſo werde
ich meine Kinder gut und chriſtlich erziehen, ſo werde
ich den Meinigen das Leben froh und angenehm zu
machen ſuchen. Bete ich für die Elenden und Noth-
leidenden; ſo werde ich im Laufe des Tages keinen,
der mir aufſtößt, hülflos gehen laſſen, wenn ich ihm
nur irgend auf eine Art beyſtehen kann, ich werde jede
Gelegenheit, dem Unglücklichen zu helfen, als einen
Ruf von Gott anſehn, und mich freuen, daß mich
Gott als Werkzeug brauchen will, das menſchliche
Elend zu vermindern.
Bet’ oft zu Gott für deine Brüder,
Für alle Menſchen, als ihr Freund,
Denn wir ſind eines Leibes Glieder,
Ein Glied davon iſt auch dein Feind.
Solch Bitten, das aus Liebe fließt,
Ehrt Gott, der ſelbſt die Liebe iſt.
Fünf-
P
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/251 |
Zitationshilfe: | Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/251>, abgerufen am 16.02.2025. |