Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

XXII. Betrachtung.
Vaterland, in welchem dir Gott das Leben, die Bil-
dung deiner Seele und so viele andre Güter und Vor-
züge, so viele Vortheile des häuslichen und gesell-
schaftlichen Lebens geschenkt hat. Freue dich über
den zunehmenden Wohlstand deines Vaterlandes,
und thue gerne alles, was in deinen Kräften steht,
den Flor desselben zu befördern, und den Gebrechen
desselben abzuhelfen. Zwar steht nicht immer ein je-
der auf einem solchen Posten, auf welchem er recht
sichtbaren Einfluß in das Wohl seines Vaterlandes
haben kann: indessen giebt es doch häufige Gelegen-
heiten, wo auch der geringste Bürger in seiner Lage
auf das allgemeine Beste mit wirken kann. Du
magst also seyn, was du willst, du magst in einem
hohen oder niedrigen Stande leben, du magst einen
großen oder geringen Antheil an irdischen Gütern be-
sitzen, so wird es dir doch nie an Veranlassung feh-
len, dich als einen redlichen Vaterlandsfreund zu be-
weisen, so bald du nur recht treu und eifrig in der
Abwartung deiner Berufsgeschäfte bist. Mache dir
es daher zur Pflicht, alle Gesetze und Verordnun-
gen, die in dem Lande, wo du lebst, gelten, eben so
genau und pünktlich, als gern und willig zu befolgen,
gerade so, wie Jesus allen Gesetzen seines Vaterlandes
gehorchte. Denn je gewissenhafter die Gesetze eines
Landes befolgt werden, je eifriger sich jeder einzelne
Bürger dieses angelegen seyn läßt, desto mehr wird

dadurch

XXII. Betrachtung.
Vaterland, in welchem dir Gott das Leben, die Bil-
dung deiner Seele und ſo viele andre Güter und Vor-
züge, ſo viele Vortheile des häuslichen und geſell-
ſchaftlichen Lebens geſchenkt hat. Freue dich über
den zunehmenden Wohlſtand deines Vaterlandes,
und thue gerne alles, was in deinen Kräften ſteht,
den Flor deſſelben zu befördern, und den Gebrechen
deſſelben abzuhelfen. Zwar ſteht nicht immer ein je-
der auf einem ſolchen Poſten, auf welchem er recht
ſichtbaren Einfluß in das Wohl ſeines Vaterlandes
haben kann: indeſſen giebt es doch häufige Gelegen-
heiten, wo auch der geringſte Bürger in ſeiner Lage
auf das allgemeine Beſte mit wirken kann. Du
magſt alſo ſeyn, was du willſt, du magſt in einem
hohen oder niedrigen Stande leben, du magſt einen
großen oder geringen Antheil an irdiſchen Gütern be-
ſitzen, ſo wird es dir doch nie an Veranlaſſung feh-
len, dich als einen redlichen Vaterlandsfreund zu be-
weiſen, ſo bald du nur recht treu und eifrig in der
Abwartung deiner Berufsgeſchäfte biſt. Mache dir
es daher zur Pflicht, alle Geſetze und Verordnun-
gen, die in dem Lande, wo du lebſt, gelten, eben ſo
genau und pünktlich, als gern und willig zu befolgen,
gerade ſo, wie Jeſus allen Geſetzen ſeines Vaterlandes
gehorchte. Denn je gewiſſenhafter die Geſetze eines
Landes befolgt werden, je eifriger ſich jeder einzelne
Bürger dieſes angelegen ſeyn läßt, deſto mehr wird

dadurch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0169" n="143"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">XXII.</hi> Betrachtung.</fw><lb/>
Vaterland, in welchem dir Gott das Leben, die Bil-<lb/>
dung deiner Seele und &#x017F;o viele andre Güter und Vor-<lb/>
züge, &#x017F;o viele Vortheile des häuslichen und ge&#x017F;ell-<lb/>
&#x017F;chaftlichen Lebens ge&#x017F;chenkt hat. Freue dich über<lb/>
den zunehmenden Wohl&#x017F;tand deines Vaterlandes,<lb/>
und thue gerne alles, was in deinen Kräften &#x017F;teht,<lb/>
den Flor de&#x017F;&#x017F;elben zu befördern, und den Gebrechen<lb/>
de&#x017F;&#x017F;elben abzuhelfen. Zwar &#x017F;teht nicht immer ein je-<lb/>
der auf einem &#x017F;olchen Po&#x017F;ten, auf welchem er recht<lb/>
&#x017F;ichtbaren Einfluß in das Wohl &#x017F;eines Vaterlandes<lb/>
haben kann: inde&#x017F;&#x017F;en giebt es doch häufige Gelegen-<lb/>
heiten, wo auch der gering&#x017F;te Bürger in &#x017F;einer Lage<lb/>
auf das allgemeine Be&#x017F;te mit wirken kann. Du<lb/>
mag&#x017F;t al&#x017F;o &#x017F;eyn, was du will&#x017F;t, du mag&#x017F;t in einem<lb/>
hohen oder niedrigen Stande leben, du mag&#x017F;t einen<lb/>
großen oder geringen Antheil an irdi&#x017F;chen Gütern be-<lb/>
&#x017F;itzen, &#x017F;o wird es dir doch nie an Veranla&#x017F;&#x017F;ung feh-<lb/>
len, dich als einen redlichen Vaterlandsfreund zu be-<lb/>
wei&#x017F;en, &#x017F;o bald du nur recht treu und eifrig in der<lb/>
Abwartung deiner Berufsge&#x017F;chäfte bi&#x017F;t. Mache dir<lb/>
es daher zur Pflicht, alle Ge&#x017F;etze und Verordnun-<lb/>
gen, die in dem Lande, wo du leb&#x017F;t, gelten, eben &#x017F;o<lb/>
genau und pünktlich, als gern und willig zu befolgen,<lb/>
gerade &#x017F;o, wie Je&#x017F;us allen Ge&#x017F;etzen &#x017F;eines Vaterlandes<lb/>
gehorchte. Denn je gewi&#x017F;&#x017F;enhafter die Ge&#x017F;etze eines<lb/>
Landes befolgt werden, je eifriger &#x017F;ich jeder einzelne<lb/>
Bürger die&#x017F;es angelegen &#x017F;eyn läßt, de&#x017F;to mehr wird<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dadurch</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[143/0169] XXII. Betrachtung. Vaterland, in welchem dir Gott das Leben, die Bil- dung deiner Seele und ſo viele andre Güter und Vor- züge, ſo viele Vortheile des häuslichen und geſell- ſchaftlichen Lebens geſchenkt hat. Freue dich über den zunehmenden Wohlſtand deines Vaterlandes, und thue gerne alles, was in deinen Kräften ſteht, den Flor deſſelben zu befördern, und den Gebrechen deſſelben abzuhelfen. Zwar ſteht nicht immer ein je- der auf einem ſolchen Poſten, auf welchem er recht ſichtbaren Einfluß in das Wohl ſeines Vaterlandes haben kann: indeſſen giebt es doch häufige Gelegen- heiten, wo auch der geringſte Bürger in ſeiner Lage auf das allgemeine Beſte mit wirken kann. Du magſt alſo ſeyn, was du willſt, du magſt in einem hohen oder niedrigen Stande leben, du magſt einen großen oder geringen Antheil an irdiſchen Gütern be- ſitzen, ſo wird es dir doch nie an Veranlaſſung feh- len, dich als einen redlichen Vaterlandsfreund zu be- weiſen, ſo bald du nur recht treu und eifrig in der Abwartung deiner Berufsgeſchäfte biſt. Mache dir es daher zur Pflicht, alle Geſetze und Verordnun- gen, die in dem Lande, wo du lebſt, gelten, eben ſo genau und pünktlich, als gern und willig zu befolgen, gerade ſo, wie Jeſus allen Geſetzen ſeines Vaterlandes gehorchte. Denn je gewiſſenhafter die Geſetze eines Landes befolgt werden, je eifriger ſich jeder einzelne Bürger dieſes angelegen ſeyn läßt, deſto mehr wird dadurch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/169
Zitationshilfe: Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/169>, abgerufen am 22.11.2024.