Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Siebzehnte Betrachtung.
Jesu Hochachtung für den öffentlichen Gottes-
dienst.

Hebr. 10, 25.

Lasset uns nicht verlassen unsre Versammlungen.

So wie Jesus Christus Gott, seinen himmlischen
Vater, durch sein ganzes Leben, durch alle
seine Gesinnungen, Reden und Handlungen verehr-
te: eben so nahm er auch an dem öffentlichen und
äußerlichen Gottesdienste sehr gerne Antheil. Nie-
mand wußte zwar besser, als er, daß der öffentliche
Gottesdienst, daß alle heilige Gebräuche und Anstal-
ten nur die äußere Schale der Religion ausmachen,
und daß sinnliche religiöse Handlungen nichts weiter,
als die Hülfsmittel sind, wodurch die wahre Tugend
bey uns befördert und erhalten werden soll; nicht
aber die Frömmigkeit selbst. Jhm war der äußere
Gottesdienst nicht Hauptsache in der Religion, son-
dern die besteht nach seinem eigenen Urtheile in der
Anbetung Gottes im Geist und in der Wahrheit, in
der Reinigkeit des Herzens, in der Unschuld des Le-
bens und in der treuen gewissenhaften Ausübung al-
ler unserer Pflichten. Jn dieser Rücksicht sagte er,
wenn man ihn wegen menschenfreundlicher Thaten,

die

Siebzehnte Betrachtung.
Jeſu Hochachtung für den öffentlichen Gottes-
dienſt.

Hebr. 10, 25.

Laſſet uns nicht verlaſſen unſre Verſammlungen.

So wie Jeſus Chriſtus Gott, ſeinen himmliſchen
Vater, durch ſein ganzes Leben, durch alle
ſeine Geſinnungen, Reden und Handlungen verehr-
te: eben ſo nahm er auch an dem öffentlichen und
äußerlichen Gottesdienſte ſehr gerne Antheil. Nie-
mand wußte zwar beſſer, als er, daß der öffentliche
Gottesdienſt, daß alle heilige Gebräuche und Anſtal-
ten nur die äußere Schale der Religion ausmachen,
und daß ſinnliche religiöſe Handlungen nichts weiter,
als die Hülfsmittel ſind, wodurch die wahre Tugend
bey uns befördert und erhalten werden ſoll; nicht
aber die Frömmigkeit ſelbſt. Jhm war der äußere
Gottesdienſt nicht Hauptſache in der Religion, ſon-
dern die beſteht nach ſeinem eigenen Urtheile in der
Anbetung Gottes im Geiſt und in der Wahrheit, in
der Reinigkeit des Herzens, in der Unſchuld des Le-
bens und in der treuen gewiſſenhaften Ausübung al-
ler unſerer Pflichten. Jn dieſer Rückſicht ſagte er,
wenn man ihn wegen menſchenfreundlicher Thaten,

die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0130" n="104"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head>Siebzehnte Betrachtung.<lb/>
Je&#x017F;u Hochachtung für den öffentlichen Gottes-<lb/>
dien&#x017F;t.</head><lb/>
          <p> <hi rendition="#c">Hebr. 10, 25.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#c">La&#x017F;&#x017F;et uns nicht verla&#x017F;&#x017F;en un&#x017F;re Ver&#x017F;ammlungen.</hi> </p><lb/>
          <p><hi rendition="#in">S</hi>o wie Je&#x017F;us Chri&#x017F;tus Gott, &#x017F;einen himmli&#x017F;chen<lb/>
Vater, durch &#x017F;ein ganzes Leben, durch alle<lb/>
&#x017F;eine Ge&#x017F;innungen, Reden und Handlungen verehr-<lb/>
te: eben &#x017F;o nahm er auch an dem öffentlichen und<lb/>
äußerlichen Gottesdien&#x017F;te &#x017F;ehr gerne Antheil. Nie-<lb/>
mand wußte zwar be&#x017F;&#x017F;er, als er, daß der öffentliche<lb/>
Gottesdien&#x017F;t, daß alle heilige Gebräuche und An&#x017F;tal-<lb/>
ten nur die äußere Schale der Religion ausmachen,<lb/>
und daß &#x017F;innliche religiö&#x017F;e Handlungen nichts weiter,<lb/>
als die Hülfsmittel &#x017F;ind, wodurch die wahre Tugend<lb/>
bey uns befördert und erhalten werden &#x017F;oll; nicht<lb/>
aber die Frömmigkeit &#x017F;elb&#x017F;t. Jhm war der äußere<lb/>
Gottesdien&#x017F;t nicht Haupt&#x017F;ache in der Religion, &#x017F;on-<lb/>
dern die be&#x017F;teht nach &#x017F;einem eigenen Urtheile in der<lb/>
Anbetung Gottes im Gei&#x017F;t und in der Wahrheit, in<lb/>
der Reinigkeit des Herzens, in der Un&#x017F;chuld des Le-<lb/>
bens und in der treuen gewi&#x017F;&#x017F;enhaften Ausübung al-<lb/>
ler un&#x017F;erer Pflichten. Jn die&#x017F;er Rück&#x017F;icht &#x017F;agte er,<lb/>
wenn man ihn wegen men&#x017F;chenfreundlicher Thaten,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0130] Siebzehnte Betrachtung. Jeſu Hochachtung für den öffentlichen Gottes- dienſt. Hebr. 10, 25. Laſſet uns nicht verlaſſen unſre Verſammlungen. So wie Jeſus Chriſtus Gott, ſeinen himmliſchen Vater, durch ſein ganzes Leben, durch alle ſeine Geſinnungen, Reden und Handlungen verehr- te: eben ſo nahm er auch an dem öffentlichen und äußerlichen Gottesdienſte ſehr gerne Antheil. Nie- mand wußte zwar beſſer, als er, daß der öffentliche Gottesdienſt, daß alle heilige Gebräuche und Anſtal- ten nur die äußere Schale der Religion ausmachen, und daß ſinnliche religiöſe Handlungen nichts weiter, als die Hülfsmittel ſind, wodurch die wahre Tugend bey uns befördert und erhalten werden ſoll; nicht aber die Frömmigkeit ſelbſt. Jhm war der äußere Gottesdienſt nicht Hauptſache in der Religion, ſon- dern die beſteht nach ſeinem eigenen Urtheile in der Anbetung Gottes im Geiſt und in der Wahrheit, in der Reinigkeit des Herzens, in der Unſchuld des Le- bens und in der treuen gewiſſenhaften Ausübung al- ler unſerer Pflichten. Jn dieſer Rückſicht ſagte er, wenn man ihn wegen menſchenfreundlicher Thaten, die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/130
Zitationshilfe: Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/130>, abgerufen am 25.11.2024.