Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.XIII. Betrachtung. Verschulden von seiner Seite, trafen: so tadelte erdoch nie die Gedanken und Wege der Vorsehung, sondern er billigte alle Anordnungen Gottes, er be- ruhigte sich bey alle dem, was ihm sein himmlischer Vater zu thun und zu leiden auflegte; weil er so fest überzeugt war, daß ein höchst weiser und gütiger Gott die Schicksale aller Menschen, aller Völker und aller Welten regiere. Nie murrte er über die harten Verhängnisse der Vorsehung, sondern er war bey allen göttlichen Veranstaltungen ruhig und ge- lassen. Am meisten aber zeigte sich die Größe seiner Seele und seine bewundernswürdige Ergebung in Gottes Willen in jenen nächtlichen Stunden, wo in Gethsemane am Oelgebirge, die fürchterlichsten und empfindlichsten Leiden über ihn hereinbrachen, wo er als das wahre Versöhnungslamm litte, das der Welt Sünde trug, und er mit beklommenem Herzen betete: Mein Vater, ists möglich, so gehe dieser Relch von mir; doch nicht wie ich will, sondern wie du willt.*) Seine Seele bebte zwar zurück bey der Vorstellung jener entsetzlichen Martern, die ihm bevorstunden, und seine Angst war so groß, als wenn er für Schwer- muth sterben sollte; aber dennoch fügte er sich in die weisen Verordnungen seines Vaters, und drückte diese Unterwerfung in einer Sprache aus, die kein Herz ohne die größte Rührung lesen kann: Jsts mög- lich, *) Matth. 26, 39.
XIII. Betrachtung. Verſchulden von ſeiner Seite, trafen: ſo tadelte erdoch nie die Gedanken und Wege der Vorſehung, ſondern er billigte alle Anordnungen Gottes, er be- ruhigte ſich bey alle dem, was ihm ſein himmliſcher Vater zu thun und zu leiden auflegte; weil er ſo feſt überzeugt war, daß ein höchſt weiſer und gütiger Gott die Schickſale aller Menſchen, aller Völker und aller Welten regiere. Nie murrte er über die harten Verhängniſſe der Vorſehung, ſondern er war bey allen göttlichen Veranſtaltungen ruhig und ge- laſſen. Am meiſten aber zeigte ſich die Größe ſeiner Seele und ſeine bewundernswürdige Ergebung in Gottes Willen in jenen nächtlichen Stunden, wo in Gethſemane am Oelgebirge, die fürchterlichſten und empfindlichſten Leiden über ihn hereinbrachen, wo er als das wahre Verſöhnungslamm litte, das der Welt Sünde trug, und er mit beklommenem Herzen betete: Mein Vater, iſts möglich, ſo gehe dieſer Relch von mir; doch nicht wie ich will, ſondern wie du willt.*) Seine Seele bebte zwar zurück bey der Vorſtellung jener entſetzlichen Martern, die ihm bevorſtunden, und ſeine Angſt war ſo groß, als wenn er für Schwer- muth ſterben ſollte; aber dennoch fügte er ſich in die weiſen Verordnungen ſeines Vaters, und drückte dieſe Unterwerfung in einer Sprache aus, die kein Herz ohne die größte Rührung leſen kann: Jſts mög- lich, *) Matth. 26, 39.
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XIII. Betrachtung.
Verſchulden von ſeiner Seite, trafen: ſo tadelte er
doch nie die Gedanken und Wege der Vorſehung,
ſondern er billigte alle Anordnungen Gottes, er be-
ruhigte ſich bey alle dem, was ihm ſein himmliſcher
Vater zu thun und zu leiden auflegte; weil er ſo feſt
überzeugt war, daß ein höchſt weiſer und gütiger
Gott die Schickſale aller Menſchen, aller Völker
und aller Welten regiere. Nie murrte er über die
harten Verhängniſſe der Vorſehung, ſondern er war
bey allen göttlichen Veranſtaltungen ruhig und ge-
laſſen. Am meiſten aber zeigte ſich die Größe ſeiner
Seele und ſeine bewundernswürdige Ergebung in
Gottes Willen in jenen nächtlichen Stunden, wo in
Gethſemane am Oelgebirge, die fürchterlichſten und
empfindlichſten Leiden über ihn hereinbrachen, wo er
als das wahre Verſöhnungslamm litte, das der Welt
Sünde trug, und er mit beklommenem Herzen betete:
Mein Vater, iſts möglich, ſo gehe dieſer Relch von
mir; doch nicht wie ich will, ſondern wie du willt. *)
Seine Seele bebte zwar zurück bey der Vorſtellung
jener entſetzlichen Martern, die ihm bevorſtunden,
und ſeine Angſt war ſo groß, als wenn er für Schwer-
muth ſterben ſollte; aber dennoch fügte er ſich in die
weiſen Verordnungen ſeines Vaters, und drückte
dieſe Unterwerfung in einer Sprache aus, die kein
Herz ohne die größte Rührung leſen kann: Jſts mög-
lich,
*) Matth. 26, 39.
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