durch richtige Einsichten besser und vollkommner zu werden, nachdenken wollten!
Es sey also, meine Seele, deine erste Sor- ge, auf die Erkenntniß deines Gottes, alle Auf- merksamkeit zu richten, der du fähig bist; alle Gleichgültigkeit gegen den erhabensten und wür- digsten Gegenstand deiner Gedanken zu verban- nen; nicht mit Flüchtigkeit, Nachläßigkeit oder Leichtsinn über den Unterricht seines Wortes und seiner Werke nachzusinnen. Laß dein Ohr auf die Weisheit acht haben, und neige dein Herz mit Fleiß dazu. Denn so du mit Fleiß darnach rufest; so du sie suchest wie Silber, und forschest sie wie Schätze, so wirst du die Furcht des Herrn vernehmen und Got- tes Erkenntniß finden. Jst nicht die Auf- merksamkeit, diese Sammlung und anhaltende Richtung der Kräfte unsers Geistes auf das, was unsre Betrachtung verdient, der erste Grund zur Erlernung aller auch bloß irrdischen Wissen- schaften und Künste? Was hindert sie mehr, als die Unstätigkeit des Verstandes, den jede An- strengung ermüdet, und das Umherschweifen der Gedanken, von denen einer den andern, wie eine Welle die andre fortstößt, ohne daß eine Spur davon in unserm Geiste zurückbleibt? Was hilft
es,
durch richtige Einſichten beſſer und vollkommner zu werden, nachdenken wollten!
Es ſey alſo, meine Seele, deine erſte Sor- ge, auf die Erkenntniß deines Gottes, alle Auf- merkſamkeit zu richten, der du fähig biſt; alle Gleichgültigkeit gegen den erhabenſten und wür- digſten Gegenſtand deiner Gedanken zu verban- nen; nicht mit Flüchtigkeit, Nachläßigkeit oder Leichtſinn über den Unterricht ſeines Wortes und ſeiner Werke nachzuſinnen. Laß dein Ohr auf die Weisheit acht haben, und neige dein Herz mit Fleiß dazu. Denn ſo du mit Fleiß darnach rufeſt; ſo du ſie ſucheſt wie Silber, und forſcheſt ſie wie Schätze, ſo wirſt du die Furcht des Herrn vernehmen und Got- tes Erkenntniß finden. Jſt nicht die Auf- merkſamkeit, dieſe Sammlung und anhaltende Richtung der Kräfte unſers Geiſtes auf das, was unſre Betrachtung verdient, der erſte Grund zur Erlernung aller auch bloß irrdiſchen Wiſſen- ſchaften und Künſte? Was hindert ſie mehr, als die Unſtätigkeit des Verſtandes, den jede An- ſtrengung ermüdet, und das Umherſchweifen der Gedanken, von denen einer den andern, wie eine Welle die andre fortſtößt, ohne daß eine Spur davon in unſerm Geiſte zurückbleibt? Was hilft
es,
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durch richtige Einſichten beſſer und vollkommner
zu werden, nachdenken wollten!
Es ſey alſo, meine Seele, deine erſte Sor-
ge, auf die Erkenntniß deines Gottes, alle Auf-
merkſamkeit zu richten, der du fähig biſt; alle
Gleichgültigkeit gegen den erhabenſten und wür-
digſten Gegenſtand deiner Gedanken zu verban-
nen; nicht mit Flüchtigkeit, Nachläßigkeit oder
Leichtſinn über den Unterricht ſeines Wortes und
ſeiner Werke nachzuſinnen. Laß dein Ohr auf
die Weisheit acht haben, und neige dein
Herz mit Fleiß dazu. Denn ſo du mit Fleiß
darnach rufeſt; ſo du ſie ſucheſt wie Silber,
und forſcheſt ſie wie Schätze, ſo wirſt du
die Furcht des Herrn vernehmen und Got-
tes Erkenntniß finden. Jſt nicht die Auf-
merkſamkeit, dieſe Sammlung und anhaltende
Richtung der Kräfte unſers Geiſtes auf das,
was unſre Betrachtung verdient, der erſte Grund
zur Erlernung aller auch bloß irrdiſchen Wiſſen-
ſchaften und Künſte? Was hindert ſie mehr, als
die Unſtätigkeit des Verſtandes, den jede An-
ſtrengung ermüdet, und das Umherſchweifen der
Gedanken, von denen einer den andern, wie eine
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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/98>, abgerufen am 22.11.2024.
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