Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite



sen läugnen wollten, zu dessen Glauben sie uns
auffodern.

Können wir an der Richtigkeit dieser An-
merkungen zweifeln? Müßten wir nicht, wenn
eine glaubwürdige und mit Wundern bestätigte
Offenbarung nicht zureichen sollte, uns zu einer
gegründeten Erkenntniß von Gott, seinem Da-
seyn und seinen Eigenschaften zu bringen, allen
den abergläubischen und abgöttischen Völkern,
welche von der Finsterniß des Heidenthums zum
Lichte des Evangelii bekehrt worden sind, einen
gegründeten Glauben absprechen? Sie erkannten
Gottes Daseyn und Vollkommenheiten, aber
nicht durch das Licht der natürlichen Religion,
nicht um der Beweise willen, welche ihnen die
Betrachtung über seine Werke darbot; denn sie
stellten keine darüber an, sondern bloß durch das
Licht der Offenbarung. Beyde Arten der Of-
fenbarung stimmen mit einander überein; eine
bestätigt und verherrlicht die andre; aber darum
kann man nicht sagen, daß die eine der Grund
der andern sey, oder derjenige, der der Offenba-
rung ohne vorhergehende natürliche Erkenntniß
Gottes glaubt, von seinem Glauben keine ver-
nünftigen Ursachen seines Beyfalles anführen
könne.

Da



ſen läugnen wollten, zu deſſen Glauben ſie uns
auffodern.

Können wir an der Richtigkeit dieſer An-
merkungen zweifeln? Müßten wir nicht, wenn
eine glaubwürdige und mit Wundern beſtätigte
Offenbarung nicht zureichen ſollte, uns zu einer
gegründeten Erkenntniß von Gott, ſeinem Da-
ſeyn und ſeinen Eigenſchaften zu bringen, allen
den abergläubiſchen und abgöttiſchen Völkern,
welche von der Finſterniß des Heidenthums zum
Lichte des Evangelii bekehrt worden ſind, einen
gegründeten Glauben abſprechen? Sie erkannten
Gottes Daſeyn und Vollkommenheiten, aber
nicht durch das Licht der natürlichen Religion,
nicht um der Beweiſe willen, welche ihnen die
Betrachtung über ſeine Werke darbot; denn ſie
ſtellten keine darüber an, ſondern bloß durch das
Licht der Offenbarung. Beyde Arten der Of-
fenbarung ſtimmen mit einander überein; eine
beſtätigt und verherrlicht die andre; aber darum
kann man nicht ſagen, daß die eine der Grund
der andern ſey, oder derjenige, der der Offenba-
rung ohne vorhergehende natürliche Erkenntniß
Gottes glaubt, von ſeinem Glauben keine ver-
nünftigen Urſachen ſeines Beyfalles anführen
könne.

Da
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0089" n="75"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x017F;en läugnen wollten, zu de&#x017F;&#x017F;en Glauben &#x017F;ie uns<lb/>
auffodern.</p><lb/>
        <p>Können wir an der Richtigkeit die&#x017F;er An-<lb/>
merkungen zweifeln? Müßten wir nicht, wenn<lb/>
eine glaubwürdige und mit Wundern be&#x017F;tätigte<lb/>
Offenbarung nicht zureichen &#x017F;ollte, uns zu einer<lb/>
gegründeten Erkenntniß von Gott, &#x017F;einem Da-<lb/>
&#x017F;eyn und &#x017F;einen Eigen&#x017F;chaften zu bringen, allen<lb/>
den abergläubi&#x017F;chen und abgötti&#x017F;chen Völkern,<lb/>
welche von der Fin&#x017F;terniß des Heidenthums zum<lb/>
Lichte des Evangelii bekehrt worden &#x017F;ind, einen<lb/>
gegründeten Glauben ab&#x017F;prechen? Sie erkannten<lb/>
Gottes Da&#x017F;eyn und Vollkommenheiten, aber<lb/>
nicht durch das Licht der natürlichen Religion,<lb/>
nicht um der Bewei&#x017F;e willen, welche ihnen die<lb/>
Betrachtung über &#x017F;eine Werke darbot; denn &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;tellten keine darüber an, &#x017F;ondern bloß durch das<lb/>
Licht der Offenbarung. Beyde Arten der Of-<lb/>
fenbarung &#x017F;timmen mit einander überein; eine<lb/>
be&#x017F;tätigt und verherrlicht die andre; aber darum<lb/>
kann man nicht &#x017F;agen, daß die eine der Grund<lb/>
der andern &#x017F;ey, oder derjenige, der der Offenba-<lb/>
rung ohne vorhergehende natürliche Erkenntniß<lb/>
Gottes glaubt, von &#x017F;einem Glauben keine ver-<lb/>
nünftigen Ur&#x017F;achen &#x017F;eines Beyfalles anführen<lb/>
könne.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Da</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0089] ſen läugnen wollten, zu deſſen Glauben ſie uns auffodern. Können wir an der Richtigkeit dieſer An- merkungen zweifeln? Müßten wir nicht, wenn eine glaubwürdige und mit Wundern beſtätigte Offenbarung nicht zureichen ſollte, uns zu einer gegründeten Erkenntniß von Gott, ſeinem Da- ſeyn und ſeinen Eigenſchaften zu bringen, allen den abergläubiſchen und abgöttiſchen Völkern, welche von der Finſterniß des Heidenthums zum Lichte des Evangelii bekehrt worden ſind, einen gegründeten Glauben abſprechen? Sie erkannten Gottes Daſeyn und Vollkommenheiten, aber nicht durch das Licht der natürlichen Religion, nicht um der Beweiſe willen, welche ihnen die Betrachtung über ſeine Werke darbot; denn ſie ſtellten keine darüber an, ſondern bloß durch das Licht der Offenbarung. Beyde Arten der Of- fenbarung ſtimmen mit einander überein; eine beſtätigt und verherrlicht die andre; aber darum kann man nicht ſagen, daß die eine der Grund der andern ſey, oder derjenige, der der Offenba- rung ohne vorhergehende natürliche Erkenntniß Gottes glaubt, von ſeinem Glauben keine ver- nünftigen Urſachen ſeines Beyfalles anführen könne. Da

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/89
Zitationshilfe: Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/89>, abgerufen am 24.08.2024.