Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764.wahren Würde kommen, desto näher kommen wir auch durch seine Erkenntniß unsrer einzigen wah- ren Wohlfarth. Wenn schon die Wahrheiten, welche uns mit endlichen und eingeschränkten Dingen bekannt machen, eine fast unbeschreibli- che Anmuth für unsern Geist haben: Können denn wohl diejenigen weniger gewähren, welche das Wesen der Wesen, die Quelle und den Ur- sprung alles dessen angehen, was unsre Aufmerk- samkeit und Betrachtung an sich zieht? Dieß sind Wahrheiten, die uns nur so lan- Wo wir Vollkommenheit finden, finden Er-
wahren Würde kommen, deſto näher kommen wir auch durch ſeine Erkenntniß unſrer einzigen wah- ren Wohlfarth. Wenn ſchon die Wahrheiten, welche uns mit endlichen und eingeſchränkten Dingen bekannt machen, eine faſt unbeſchreibli- che Anmuth für unſern Geiſt haben: Können denn wohl diejenigen weniger gewähren, welche das Weſen der Weſen, die Quelle und den Ur- ſprung alles deſſen angehen, was unſre Aufmerk- ſamkeit und Betrachtung an ſich zieht? Dieß ſind Wahrheiten, die uns nur ſo lan- Wo wir Vollkommenheit finden, finden Er-
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wahren Würde kommen, deſto näher kommen wir
auch durch ſeine Erkenntniß unſrer einzigen wah-
ren Wohlfarth. Wenn ſchon die Wahrheiten,
welche uns mit endlichen und eingeſchränkten
Dingen bekannt machen, eine faſt unbeſchreibli-
che Anmuth für unſern Geiſt haben: Können
denn wohl diejenigen weniger gewähren, welche
das Weſen der Weſen, die Quelle und den Ur-
ſprung alles deſſen angehen, was unſre Aufmerk-
ſamkeit und Betrachtung an ſich zieht?
Dieß ſind Wahrheiten, die uns nur ſo lan-
ge nicht rühren, ſo lange wir mehr Thiere als
Menſchen ſind; ſo lange die Vernunft ihre Stim-
me vergebens erhebt, weil ſie von der Sinnlich-
keit übertäubt wird; ſo lange wir das Auge, den
Geſchmack, das Ohr, und die körperliche Em-
pfindung für die einzigen Wegweiſer zum Ver-
gnügen halten, ob ſie uns gleich zu keinen andern
Freuden führen, als zu ſolchen, die eben ſo ge-
ſchwind verwelken, als ſie aufblühen.
Wo wir Vollkommenheit finden, finden
wir Freude. Bloß ihr Anblick iſt genug, die
Seele aufzuheitern; man fängt das Gute ſchon
an zu genießen, wenn man es nur kennt. Wo-
her käme der angenehme Eindruck, welchen die
Er-
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