Die Erkenntniß Gottes, die herrlichste Erkenntniß.
Die Seele, welche glücklich seyn will, muß groß seyn; groß in ihren Wünschen, und damit ihre Wünsche mit der Unendlichkeit ihrer Begierde nach Glückseeligkeit übereinstimmen mö- gen, groß in ihren Gedanken und Erkenntnissen. Weite Aussichten erweitern den Geist, der, je en- ger der Kreis seiner Einsichten ist, sich auch in ei- nem kleinern Kreise des Vergnügens befindet. Was die Sinne empfinden; was die Ohren hö- ren und die Augen sehen, kann nur so lange groß zu seyn scheinen, als wir nicht die Mängel und Unvollkommenheiten der Dinge erblicken, die uns in Verwunderung setzen. Jhr Aublick tödtet, so zu sagen die Verwunderung; das Erstaunen stirbt, das Große wird klein, das Erhabne nie-
drig,
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VIII.
Die Erkenntniß Gottes, die herrlichſte Erkenntniß.
Die Seele, welche glücklich ſeyn will, muß groß ſeyn; groß in ihren Wünſchen, und damit ihre Wünſche mit der Unendlichkeit ihrer Begierde nach Glückſeeligkeit übereinſtimmen mö- gen, groß in ihren Gedanken und Erkenntniſſen. Weite Ausſichten erweitern den Geiſt, der, je en- ger der Kreis ſeiner Einſichten iſt, ſich auch in ei- nem kleinern Kreiſe des Vergnügens befindet. Was die Sinne empfinden; was die Ohren hö- ren und die Augen ſehen, kann nur ſo lange groß zu ſeyn ſcheinen, als wir nicht die Mängel und Unvollkommenheiten der Dinge erblicken, die uns in Verwunderung ſetzen. Jhr Aublick tödtet, ſo zu ſagen die Verwunderung; das Erſtaunen ſtirbt, das Große wird klein, das Erhabne nie-
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VIII.
Die
Erkenntniß Gottes,
die
herrlichſte Erkenntniß.
Die Seele, welche glücklich ſeyn will, muß
groß ſeyn; groß in ihren Wünſchen, und
damit ihre Wünſche mit der Unendlichkeit ihrer
Begierde nach Glückſeeligkeit übereinſtimmen mö-
gen, groß in ihren Gedanken und Erkenntniſſen.
Weite Ausſichten erweitern den Geiſt, der, je en-
ger der Kreis ſeiner Einſichten iſt, ſich auch in ei-
nem kleinern Kreiſe des Vergnügens befindet.
Was die Sinne empfinden; was die Ohren hö-
ren und die Augen ſehen, kann nur ſo lange groß
zu ſeyn ſcheinen, als wir nicht die Mängel und
Unvollkommenheiten der Dinge erblicken, die uns
in Verwunderung ſetzen. Jhr Aublick tödtet,
ſo zu ſagen die Verwunderung; das Erſtaunen
ſtirbt, das Große wird klein, das Erhabne nie-
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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/53>, abgerufen am 25.11.2024.
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