Herr, mein Gott, bey dir ist Weisheit, Rath und Verstand; du giebst den Wei- sen ihre Weisheit, und den Verständigen ihren Verstand. Du erkennest, was in der Finsterniß liegt; du offenbarest, was tief und verborgen ist; denn bey dir ist alles Licht! Offenbare dich mir; denn ich suche dich; erleuchte mit einem Strale deines Lichtes meine verfinsterte Seele, daß ich dich finden möge. Gott, du bist mein Gott, frühe wa- che ich zu dir; meine Seele verlanget nach dir und wollte gerne deine Macht und Ehre schauen, daß ich, weil ich lebe, dich mit frölichen Lippen loben könnte. O laß dich von mir erkennen, einziges Wesen, das allein meiner ganzen ewigen Auf- merksamkeit und Betrachtung werth ist! Alles um mich her ist eitel. Eitelkeit ist freylich die Nahrung einer müßigen und unfruchtbaren Neu- begierde; verdient sie aber wohl, die ernsthafte Vernunft zu beschäfftigen, die edelste Gabe, die du mir gegeben hast? Was ist mir anständiger?
Was
V.
Herr, mein Gott, bey dir iſt Weisheit, Rath und Verſtand; du giebſt den Wei- ſen ihre Weisheit, und den Verſtändigen ihren Verſtand. Du erkenneſt, was in der Finſterniß liegt; du offenbareſt, was tief und verborgen iſt; denn bey dir iſt alles Licht! Offenbare dich mir; denn ich ſuche dich; erleuchte mit einem Strale deines Lichtes meine verfinſterte Seele, daß ich dich finden möge. Gott, du biſt mein Gott, frühe wa- che ich zu dir; meine Seele verlanget nach dir und wollte gerne deine Macht und Ehre ſchauen, daß ich, weil ich lebe, dich mit frölichen Lippen loben könnte. O laß dich von mir erkennen, einziges Weſen, das allein meiner ganzen ewigen Auf- merkſamkeit und Betrachtung werth iſt! Alles um mich her iſt eitel. Eitelkeit iſt freylich die Nahrung einer müßigen und unfruchtbaren Neu- begierde; verdient ſie aber wohl, die ernſthafte Vernunft zu beſchäfftigen, die edelſte Gabe, die du mir gegeben haſt? Was iſt mir anſtändiger?
Was
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V.
Herr, mein Gott, bey dir iſt Weisheit,
Rath und Verſtand; du giebſt den Wei-
ſen ihre Weisheit, und den Verſtändigen ihren
Verſtand. Du erkenneſt, was in der Finſterniß
liegt; du offenbareſt, was tief und verborgen iſt;
denn bey dir iſt alles Licht! Offenbare dich mir;
denn ich ſuche dich; erleuchte mit einem Strale
deines Lichtes meine verfinſterte Seele, daß ich dich
finden möge. Gott, du biſt mein Gott, frühe wa-
che ich zu dir; meine Seele verlanget nach dir und
wollte gerne deine Macht und Ehre ſchauen, daß
ich, weil ich lebe, dich mit frölichen Lippen loben
könnte. O laß dich von mir erkennen, einziges
Weſen, das allein meiner ganzen ewigen Auf-
merkſamkeit und Betrachtung werth iſt! Alles
um mich her iſt eitel. Eitelkeit iſt freylich die
Nahrung einer müßigen und unfruchtbaren Neu-
begierde; verdient ſie aber wohl, die ernſthafte
Vernunft zu beſchäfftigen, die edelſte Gabe, die
du mir gegeben haſt? Was iſt mir anſtändiger?
Was
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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/40>, abgerufen am 18.12.2024.
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