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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764.

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machen, oder besonders das freudige Vertrauen,
daß er mich durch den Erlöser, den er mir gege-
ben hat, seelig machen werde; so ist das gewiß,
daß ich keinen Glauben haben kann, ohne eine
richtige und gewisse Erkenntniß von ihm zu ha-
ben. Wenn ich ihn nicht kenne, wie kann ich
meine Glückseeligkeit von ihm erwarten? Wenn
ich ihn nicht kenne, was kann ich von seinen
Verheißungen wissen? Wenn ich ihn nicht kenne,
woher weiß ich, daß ich eines Erlösers bedarf,
oder daß er mich durch einen Erlöser glücklich
machen wolle? Wer zu Gott kommen will,
der muß glauben, daß er sey, und denen,
die ihn suchen, ein Vergelter seyn werde.

Jch muß ihn also suchen, daß ich glauben
könne; ich muß glauben, daß ich zu ihm kom-
men, ihn bekennen, ihn anbeten, und seiner Ge-
meinschaft gewürdigt werden möge, die nicht an-
ders als herrlich, wohlthätig, und eine Quelle der
erhabensten und reinsten Freuden seyn kann. Was
kann ich für eine nöthigere Beschäfftigung haben,
als die Beschäfftigung, den zu kennen, durch den
ich bin, durch den ich alles bin, was ich bin, ihn
immer deutlicher und vollkommener kennen zu ler-
nen? Von meiner frühsten Jugend an bin ich zu
seiner Erkenntniß angeführt worden; meine Vä-

ter



machen, oder beſonders das freudige Vertrauen,
daß er mich durch den Erlöſer, den er mir gege-
ben hat, ſeelig machen werde; ſo iſt das gewiß,
daß ich keinen Glauben haben kann, ohne eine
richtige und gewiſſe Erkenntniß von ihm zu ha-
ben. Wenn ich ihn nicht kenne, wie kann ich
meine Glückſeeligkeit von ihm erwarten? Wenn
ich ihn nicht kenne, was kann ich von ſeinen
Verheißungen wiſſen? Wenn ich ihn nicht kenne,
woher weiß ich, daß ich eines Erlöſers bedarf,
oder daß er mich durch einen Erlöſer glücklich
machen wolle? Wer zu Gott kommen will,
der muß glauben, daß er ſey, und denen,
die ihn ſuchen, ein Vergelter ſeyn werde.

Jch muß ihn alſo ſuchen, daß ich glauben
könne; ich muß glauben, daß ich zu ihm kom-
men, ihn bekennen, ihn anbeten, und ſeiner Ge-
meinſchaft gewürdigt werden möge, die nicht an-
ders als herrlich, wohlthätig, und eine Quelle der
erhabenſten und reinſten Freuden ſeyn kann. Was
kann ich für eine nöthigere Beſchäfftigung haben,
als die Beſchäfftigung, den zu kennen, durch den
ich bin, durch den ich alles bin, was ich bin, ihn
immer deutlicher und vollkommener kennen zu ler-
nen? Von meiner frühſten Jugend an bin ich zu
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[18/0032] machen, oder beſonders das freudige Vertrauen, daß er mich durch den Erlöſer, den er mir gege- ben hat, ſeelig machen werde; ſo iſt das gewiß, daß ich keinen Glauben haben kann, ohne eine richtige und gewiſſe Erkenntniß von ihm zu ha- ben. Wenn ich ihn nicht kenne, wie kann ich meine Glückſeeligkeit von ihm erwarten? Wenn ich ihn nicht kenne, was kann ich von ſeinen Verheißungen wiſſen? Wenn ich ihn nicht kenne, woher weiß ich, daß ich eines Erlöſers bedarf, oder daß er mich durch einen Erlöſer glücklich machen wolle? Wer zu Gott kommen will, der muß glauben, daß er ſey, und denen, die ihn ſuchen, ein Vergelter ſeyn werde. Jch muß ihn alſo ſuchen, daß ich glauben könne; ich muß glauben, daß ich zu ihm kom- men, ihn bekennen, ihn anbeten, und ſeiner Ge- meinſchaft gewürdigt werden möge, die nicht an- ders als herrlich, wohlthätig, und eine Quelle der erhabenſten und reinſten Freuden ſeyn kann. Was kann ich für eine nöthigere Beſchäfftigung haben, als die Beſchäfftigung, den zu kennen, durch den ich bin, durch den ich alles bin, was ich bin, ihn immer deutlicher und vollkommener kennen zu ler- nen? Von meiner frühſten Jugend an bin ich zu ſeiner Erkenntniß angeführt worden; meine Vä- ter

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Zitationshilfe: Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/32>, abgerufen am 25.05.2024.