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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764.

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verwüstet werden. Betrachten wir die Beschaf-
fenheit der ungeheuern Masse, aus welcher diese
schöne, reiche und prächtige Wohnung aller Le-
bendigen erbaut ist: Welche Ursachen zur Be-
wunderung der vollkommensten Weisheit! Wäre
sie weicher und schwammigter, als sie ist: So
würden sie darauf versinken. Wäre sie fester,
härter und undurchdringlicher: Wie könnte sie
bearbeitet werden, und so mannichfaltige Kräu-
ter, Wurzeln, Pflanzen und Bäume erzeugen
und nähren! Der Erdboden besteht aus verschied-
nen ordentlich liegenden Strichen und Gängen
verschiedner Mineralien, Metallen und Erdarten.
Wem können die mannichfaltigen Vortheile un-
bekannt seyn, die besonders die Menschen dadurch
erhalten? Woher empfiengen die Lebendigen das
süße Wasser, dessen sie zum Leben, zur Erqui-
ckung und Wohlfarth so sehr bedürfen, wenn es
nicht durch die Lagen von Sand, die wir tief
in der Erde entdecken, geläutert, und, so zu
sagen, filtrirt würde? Wir sehen auf der Ober-
fläche derselben eine bewundernswürdige Abwechs-
lung von Ebnen, Thälern, Hügeln und Ber-
gen! Wie sichtbar sind die Endzwecke derselben!
Wenn der Erdboden überall eine gleiche und
glatte Ebne wäre: Wie viel würde er von seiner
Anmuth und Schönheit verlieren? Wie viel ge-

sün-

verwüſtet werden. Betrachten wir die Beſchaf-
fenheit der ungeheuern Maſſe, aus welcher dieſe
ſchöne, reiche und prächtige Wohnung aller Le-
bendigen erbaut iſt: Welche Urſachen zur Be-
wunderung der vollkommenſten Weisheit! Wäre
ſie weicher und ſchwammigter, als ſie iſt: So
würden ſie darauf verſinken. Wäre ſie feſter,
härter und undurchdringlicher: Wie könnte ſie
bearbeitet werden, und ſo mannichfaltige Kräu-
ter, Wurzeln, Pflanzen und Bäume erzeugen
und nähren! Der Erdboden beſteht aus verſchied-
nen ordentlich liegenden Strichen und Gängen
verſchiedner Mineralien, Metallen und Erdarten.
Wem können die mannichfaltigen Vortheile un-
bekannt ſeyn, die beſonders die Menſchen dadurch
erhalten? Woher empfiengen die Lebendigen das
ſüße Waſſer, deſſen ſie zum Leben, zur Erqui-
ckung und Wohlfarth ſo ſehr bedürfen, wenn es
nicht durch die Lagen von Sand, die wir tief
in der Erde entdecken, geläutert, und, ſo zu
ſagen, filtrirt würde? Wir ſehen auf der Ober-
fläche derſelben eine bewundernswürdige Abwechs-
lung von Ebnen, Thälern, Hügeln und Ber-
gen! Wie ſichtbar ſind die Endzwecke derſelben!
Wenn der Erdboden überall eine gleiche und
glatte Ebne wäre: Wie viel würde er von ſeiner
Anmuth und Schönheit verlieren? Wie viel ge-

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[190/0204] verwüſtet werden. Betrachten wir die Beſchaf- fenheit der ungeheuern Maſſe, aus welcher dieſe ſchöne, reiche und prächtige Wohnung aller Le- bendigen erbaut iſt: Welche Urſachen zur Be- wunderung der vollkommenſten Weisheit! Wäre ſie weicher und ſchwammigter, als ſie iſt: So würden ſie darauf verſinken. Wäre ſie feſter, härter und undurchdringlicher: Wie könnte ſie bearbeitet werden, und ſo mannichfaltige Kräu- ter, Wurzeln, Pflanzen und Bäume erzeugen und nähren! Der Erdboden beſteht aus verſchied- nen ordentlich liegenden Strichen und Gängen verſchiedner Mineralien, Metallen und Erdarten. Wem können die mannichfaltigen Vortheile un- bekannt ſeyn, die beſonders die Menſchen dadurch erhalten? Woher empfiengen die Lebendigen das ſüße Waſſer, deſſen ſie zum Leben, zur Erqui- ckung und Wohlfarth ſo ſehr bedürfen, wenn es nicht durch die Lagen von Sand, die wir tief in der Erde entdecken, geläutert, und, ſo zu ſagen, filtrirt würde? Wir ſehen auf der Ober- fläche derſelben eine bewundernswürdige Abwechs- lung von Ebnen, Thälern, Hügeln und Ber- gen! Wie ſichtbar ſind die Endzwecke derſelben! Wenn der Erdboden überall eine gleiche und glatte Ebne wäre: Wie viel würde er von ſeiner Anmuth und Schönheit verlieren? Wie viel ge- ſün-

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Zitationshilfe: Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/204>, abgerufen am 28.08.2024.