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Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715.

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Arte Artis
Artemisia,

König Xerxis Gemahlin, ein
solches hoch verständiges und er-
fahrnes Weibs-Bild, daß der Kö-
nig, wenn er im Rath eine wichtige
Sache abhandeln wollen, sie allezeit
darzu erfodern lassen, und ihr Gut-
düncken jedesmahl vor das beste ge-
halten. Vid. Joh. Frauenlob in
der Lobwürdigen Gesellschafft ge-
lehrter Weiber p. 5.

Artischocke,

Cinara, Artichaud, ist ein bekannt
Garten-Gewächs. Man findet
deren dreyerley Sorten, so hier zu
specificiren, nicht nöthig. Diese
Frucht siehet aus wie ein Distel-
Kopff, träget eine Purpurfarbene
röthlichte Blume, fast wie der wil-
de Saffran, und will ein sehr war-
mes und darbey nitroeses Land haben.
Delicate Mäuler machen sich viel
draus, und halten selbige vor eine
gesunde und angenehme Speise.
Sonst schreibet man ihr diese
Krafft zu, daß sie Venerem stimuli-
ren, und renes & vesicam von
Schleim purgiren sollen; zu dem
Ende werden sie in Franckreich,
wenn nur die fäserichte Substanz
weggeschnitten worden, des Mor-
gens nüchtern, mit Saltz und Pfef-
fer bey einem Glas Wein roh genos-
sen. Weil selbige auch in dem
regard ein Antiscorbuticum mit ab-
geben, bedienen sich die Frantzöi-
schen Chirurgi solcher bey denen
Gonorrhaeisten beyderley Ge-
schlechts mit grossen Nutzen. Ist
also Schade, daß sie von Medicis
nicht fleißiger zur Artzney, als zur
Mahlzeit gebraucht werden. Un-
sere Köche richten sie unterschiedlich
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Artischocken
zu. 1) Mit Muscaten-Blüten,
2) mit einer Spargel-Brüh, 3)
mit grünen Erbsen, 4) gefül-
let, 5) gefüllt auf eine andere Art,
6.) dergl. noch auf eine andere Art,
7) gebacken, 8) mit Mähren und
grüner Petersillie, 9) roh zu berei-
tet.

Artischocken mit Muscaten-
Blüten.

Es müssen denen Artischocken
der Stiel und die Spitzen an denen
Blättern abgeschnitten werden.
Darnach setzet Wasser in einen
Topff oder Kessel aufs Feuer, wenn
es siedet, werffet ein wenig Saltz
hinein, leget die Artischocken auch
darzu, und lasset selbige so lange sie-
den, biß sie die Blätter, welches die
rechte Proba ist, fahren lassen, neh-
met sie wieder aus dem Kessel, und
leget sie in kaltes Wasser. Se-
tzet hierauf in einer Casserole oder
Tiegel Fleisch-Brüh (ists beym
Catholischen Petersillien Wasser)
übers Kohl-Feuer, streuet klar ge-
riebene Semmel drein, thut ein
viertel Pfund rein gewaschene
Butter darzu, würtzet sie auch mit
Muscaten-Blüten, und etwas
weissen Ingber ab, leget die Arti-
schocken in die Brühe, und last es
fein gemählig unter einander ko-
chen. Es soll aber vorhero denen
Artischocken das inwenndige weisse
harichte Zeug genommen werden.
Meynet ihr nun, daß die Artischo-
cken bald genung gekochet haben,
und es Anrichtens Zeit ist, so setzet
die schönste in die mitte, leget die
Blätter, welche denen andern Ar-
tischocken ausgezogen worden, or-
dentlich auf den Schüssel-Rand he-

rum
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Arte Artiſ
Artemiſia,

Koͤnig Xerxis Gemahlin, ein
ſolches hoch verſtaͤndiges und er-
fahrnes Weibs-Bild, daß der Koͤ-
nig, wenn er im Rath eine wichtige
Sache abhandeln wollen, ſie allezeit
darzu erfodern laſſen, und ihr Gut-
duͤncken jedesmahl vor das beſte ge-
halten. Vid. Joh. Frauenlob in
der Lobwuͤrdigen Geſellſchafft ge-
lehrter Weiber p. 5.

Artiſchocke,

Cinara, Artichaud, iſt ein bekannt
Garten-Gewaͤchs. Man findet
deren dreyerley Sorten, ſo hier zu
ſpecificiren, nicht noͤthig. Dieſe
Frucht ſiehet aus wie ein Diſtel-
Kopff, traͤget eine Purpurfarbene
roͤthlichte Blume, faſt wie der wil-
de Saffran, und will ein ſehr war-
mes uñ darbey nitrœſes Land haben.
Delicate Maͤuler machen ſich viel
draus, und halten ſelbige vor eine
geſunde und angenehme Speiſe.
Sonſt ſchreibet man ihr dieſe
Krafft zu, daß ſie Venerem ſtimuli-
ren, und renes & veſicam von
Schleim purgiren ſollen; zu dem
Ende werden ſie in Franckreich,
wenn nur die faͤſerichte Subſtanz
weggeſchnitten worden, des Mor-
gens nuͤchtern, mit Saltz und Pfef-
fer bey einem Glas Wein roh genoſ-
ſen. Weil ſelbige auch in dem
regard ein Antiſcorbuticum mit ab-
geben, bedienen ſich die Frantzoͤi-
ſchen Chirurgi ſolcher bey denen
Gonorrhæiſten beyderley Ge-
ſchlechts mit groſſen Nutzen. Iſt
alſo Schade, daß ſie von Medicis
nicht fleißiger zur Artzney, als zur
Mahlzeit gebraucht werden. Un-
ſere Koͤche richten ſie unterſchiedlich
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Artiſchocken
zu. 1) Mit Muſcaten-Bluͤten,
2) mit einer Spargel-Bruͤh, 3)
mit gruͤnen Erbſen, 4) gefuͤl-
let, 5) gefuͤllt auf eine andere Art,
6.) dergl. noch auf eine andere Art,
7) gebacken, 8) mit Maͤhren und
gruͤner Peterſillie, 9) roh zu berei-
tet.

Artiſchocken mit Muſcaten-
Bluͤten.

Es muͤſſen denen Artiſchocken
der Stiel und die Spitzen an denen
Blaͤttern abgeſchnitten werden.
Darnach ſetzet Waſſer in einen
Topff oder Keſſel aufs Feuer, wenn
es ſiedet, werffet ein wenig Saltz
hinein, leget die Artiſchocken auch
darzu, und laſſet ſelbige ſo lange ſie-
den, biß ſie die Blaͤtter, welches die
rechte Proba iſt, fahren laſſen, neh-
met ſie wieder aus dem Keſſel, und
leget ſie in kaltes Waſſer. Se-
tzet hierauf in einer Caſſerole oder
Tiegel Fleiſch-Bruͤh (iſts beym
Catholiſchen Peterſillien Waſſer)
uͤbers Kohl-Feuer, ſtreuet klar ge-
riebene Semmel drein, thut ein
viertel Pfund rein gewaſchene
Butter darzu, wuͤrtzet ſie auch mit
Muſcaten-Bluͤten, und etwas
weiſſen Ingber ab, leget die Arti-
ſchocken in die Bruͤhe, und laſt es
fein gemaͤhlig unter einander ko-
chen. Es ſoll aber vorhero denen
Artiſchocken das inweñdige weiſſe
harichte Zeug genommen werden.
Meynet ihr nun, daß die Artiſcho-
cken bald genung gekochet haben,
und es Anrichtens Zeit iſt, ſo ſetzet
die ſchoͤnſte in die mitte, leget die
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tiſchocken ausgezogen worden, or-
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[0073] Arte Artiſ Artiſchocken Artemiſia, Koͤnig Xerxis Gemahlin, ein ſolches hoch verſtaͤndiges und er- fahrnes Weibs-Bild, daß der Koͤ- nig, wenn er im Rath eine wichtige Sache abhandeln wollen, ſie allezeit darzu erfodern laſſen, und ihr Gut- duͤncken jedesmahl vor das beſte ge- halten. Vid. Joh. Frauenlob in der Lobwuͤrdigen Geſellſchafft ge- lehrter Weiber p. 5. Artiſchocke, Cinara, Artichaud, iſt ein bekannt Garten-Gewaͤchs. Man findet deren dreyerley Sorten, ſo hier zu ſpecificiren, nicht noͤthig. Dieſe Frucht ſiehet aus wie ein Diſtel- Kopff, traͤget eine Purpurfarbene roͤthlichte Blume, faſt wie der wil- de Saffran, und will ein ſehr war- mes uñ darbey nitrœſes Land haben. Delicate Maͤuler machen ſich viel draus, und halten ſelbige vor eine geſunde und angenehme Speiſe. Sonſt ſchreibet man ihr dieſe Krafft zu, daß ſie Venerem ſtimuli- ren, und renes & veſicam von Schleim purgiren ſollen; zu dem Ende werden ſie in Franckreich, wenn nur die faͤſerichte Subſtanz weggeſchnitten worden, des Mor- gens nuͤchtern, mit Saltz und Pfef- fer bey einem Glas Wein roh genoſ- ſen. Weil ſelbige auch in dem regard ein Antiſcorbuticum mit ab- geben, bedienen ſich die Frantzoͤi- ſchen Chirurgi ſolcher bey denen Gonorrhæiſten beyderley Ge- ſchlechts mit groſſen Nutzen. Iſt alſo Schade, daß ſie von Medicis nicht fleißiger zur Artzney, als zur Mahlzeit gebraucht werden. Un- ſere Koͤche richten ſie unterſchiedlich zu. 1) Mit Muſcaten-Bluͤten, 2) mit einer Spargel-Bruͤh, 3) mit gruͤnen Erbſen, 4) gefuͤl- let, 5) gefuͤllt auf eine andere Art, 6.) dergl. noch auf eine andere Art, 7) gebacken, 8) mit Maͤhren und gruͤner Peterſillie, 9) roh zu berei- tet. Artiſchocken mit Muſcaten- Bluͤten. Es muͤſſen denen Artiſchocken der Stiel und die Spitzen an denen Blaͤttern abgeſchnitten werden. Darnach ſetzet Waſſer in einen Topff oder Keſſel aufs Feuer, wenn es ſiedet, werffet ein wenig Saltz hinein, leget die Artiſchocken auch darzu, und laſſet ſelbige ſo lange ſie- den, biß ſie die Blaͤtter, welches die rechte Proba iſt, fahren laſſen, neh- met ſie wieder aus dem Keſſel, und leget ſie in kaltes Waſſer. Se- tzet hierauf in einer Caſſerole oder Tiegel Fleiſch-Bruͤh (iſts beym Catholiſchen Peterſillien Waſſer) uͤbers Kohl-Feuer, ſtreuet klar ge- riebene Semmel drein, thut ein viertel Pfund rein gewaſchene Butter darzu, wuͤrtzet ſie auch mit Muſcaten-Bluͤten, und etwas weiſſen Ingber ab, leget die Arti- ſchocken in die Bruͤhe, und laſt es fein gemaͤhlig unter einander ko- chen. Es ſoll aber vorhero denen Artiſchocken das inweñdige weiſſe harichte Zeug genommen werden. Meynet ihr nun, daß die Artiſcho- cken bald genung gekochet haben, und es Anrichtens Zeit iſt, ſo ſetzet die ſchoͤnſte in die mitte, leget die Blaͤtter, welche denen andern Ar- tiſchocken ausgezogen worden, or- dentlich auf den Schuͤſſel-Rand he- rum D 2

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Zitationshilfe: Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/corvinus_frauenzimmer_1715/73>, abgerufen am 23.11.2024.