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Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715.

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Gemsen
sonderliches, und gesundes gerüh-
met, und nur auf vornehmen Ta-
feln aufgesetzet wird. Hierzu Lande
sind sie zwar nicht gänge; doch ist
ihre Zubereitung diese. 1) Gem-
sen-Keule oder Schlegel gebraten,
2) Gemsen-Schlegel gepeitzt.

Gemsen-Keule oder Schlegel
gebraten,

Wenn der Gems als ein Hirsch
oder Rehe zerwircket ist, so nehmet
eine Keule oder Schlegel, wie es ge-
nennet wird, schneidet die dünne
Haut, welche über das Wildpret
zusammen gehet, mit einem scharf-
fen Meßer oben herunter, schneidet
auch Speck fein sauber über ein,
und spicket ihn so zierlich, als es nur
immer seyn will. Ist er nun recht
gespicket, so werffet ihn ein wenig
ins Wasser, daß sich die Röthe aus-
ziehet. Hernach thut ihn heraus,
saltzet ihn ein, nehmet grosse Zwie-
beln, schelet und schneidet sie Schei-
benweis, und leget sie über den gan-
tzen Schlegel. Hierauf, wenn ihr
dieses gethan habt, so stecket ihn an
einen Spieß, leget selben zum Feu-
er und lasset ihn bey harten Holtz
oder Kohlen fein gemächlich bra-
ten; begiesset solchen auch öffters
mit Butter; die nur zergangen
und gar nicht heiß worden ist. Fän-
get nun der Schlegel an zu bräunen
oder bekömmt Farbe, so verbindet
ihn mit Papier, denn so wird er fein
mürbe und safftig gebraten. Wann
er soll angerichtet werden, so leget
ihn auf die darzu gehörige Schüssel,
giesset von der heraus gebratenen
jus (oder Brühe) aus der Brat-
pfanne drunter, machet ein wenig
gischichte Butter, die gar nicht zu
[Spaltenumbruch]

Gemsen Gene
braun worden, und giesset selbe
drüber, garnirets auch so gut als es
die Jahreszeit mit sich bringet oder
wie es die Küche vermag.

Gemsen-Schlegel gepeitzt,

Diesen häutelt wie den vorigen,
darnach setzet solchen auf einen
Rost, und lasset ihn auf dem Kohl-
feuer ein wenig anlauffen. Hierauf
leget ihn in ein Geschin, saltzet selben
ein, nehmet Eßig und lasset ihn sie-
den, thut Kräuter, als Thymian,
Lorbeer-Blätter, Roßmarien, I-
sop, und gantze Zwiebeln hinein;
bestecket den Schlegel oder Keule
mit gantzen Gewürtz und giesset die-
sen gesottenen Eßig drüber; decket
solchen zu, setzet ihn an einen Ort, da
er nicht gar zu warm stehet, so mag
er wohl ein halb Jahr gut bleiben.
Soll er verspeiset werden, könnet
ihr solchen dämpffen, braten, auch
in eine Pastete schlagen auf die Art,
wie beym Hirsch-Wildpret alles
ausführlich wird dargethan wer-
den.

Gemüse. siehe. Tiegel-
Brey.
Genebria,

Eine gelehrte Dame von Verona
aus der Venedischen Lombardey
gebürtig, lebete in der Mitten des
XV. Seculi zu den Zeiten des Pabsts
Pii II. und hat sich durch ihre Gelehr-
samkeit unsterblich gemacht. Ihre
Episteln sind sehr nett und gelehrt,
wie sie denn auch überdieß geschickt,
war eine vortreffliche Rednerin u.
zwar mit einer sonderbahren Gra-
vitaet
abzugeben, sintemahl sie an
annehmlicher und zierlicher Aus-

sprache

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Gemſen
ſonderliches, und geſundes geruͤh-
met, und nur auf vornehmen Ta-
feln aufgeſetzet wird. Hierzu Lande
ſind ſie zwar nicht gaͤnge; doch iſt
ihre Zubereitung dieſe. 1) Gem-
ſen-Keule oder Schlegel gebraten,
2) Gemſen-Schlegel gepeitzt.

Gemſen-Keule oder Schlegel
gebraten,

Wenn der Gems als ein Hirſch
oder Rehe zerwircket iſt, ſo nehmet
eine Keule oder Schlegel, wie es ge-
nennet wird, ſchneidet die duͤnne
Haut, welche uͤber das Wildpret
zuſammen gehet, mit einem ſcharf-
fen Meßer oben herunter, ſchneidet
auch Speck fein ſauber uͤber ein,
und ſpicket ihn ſo zierlich, als es nur
immer ſeyn will. Iſt er nun recht
geſpicket, ſo werffet ihn ein wenig
ins Waſſer, daß ſich die Roͤthe aus-
ziehet. Hernach thut ihn heraus,
ſaltzet ihn ein, nehmet groſſe Zwie-
beln, ſchelet und ſchneidet ſie Schei-
benweis, und leget ſie uͤber den gan-
tzen Schlegel. Hierauf, wenn ihr
dieſes gethan habt, ſo ſtecket ihn an
einen Spieß, leget ſelben zum Feu-
er und laſſet ihn bey harten Holtz
oder Kohlen fein gemaͤchlich bra-
ten; begieſſet ſolchen auch oͤffters
mit Butter; die nur zergangen
und gar nicht heiß worden iſt. Faͤn-
get nun der Schlegel an zu braͤunen
oder bekoͤmmt Farbe, ſo verbindet
ihn mit Papier, denn ſo wird er fein
muͤrbe und ſafftig gebraten. Wann
er ſoll angerichtet werden, ſo leget
ihn auf die darzu gehoͤrige Schuͤſſel,
gieſſet von der heraus gebratenen
jus (oder Bruͤhe) aus der Brat-
pfanne drunter, machet ein wenig
giſchichte Butter, die gar nicht zu
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Gemſen Gene
braun worden, und gieſſet ſelbe
druͤber, garnirets auch ſo gut als es
die Jahreszeit mit ſich bringet oder
wie es die Kuͤche vermag.

Gemſen-Schlegel gepeitzt,

Dieſen haͤutelt wie den vorigen,
darnach ſetzet ſolchen auf einen
Roſt, und laſſet ihn auf dem Kohl-
feuer ein wenig anlauffen. Hierauf
leget ihn in ein Geſchin, ſaltzet ſelben
ein, nehmet Eßig und laſſet ihn ſie-
den, thut Kraͤuter, als Thymian,
Lorbeer-Blaͤtter, Roßmarien, I-
ſop, und gantze Zwiebeln hinein;
beſtecket den Schlegel oder Keule
mit gantzen Gewuͤrtz und gieſſet die-
ſen geſottenen Eßig druͤber; decket
ſolchen zu, ſetzet ihn an einen Ort, da
er nicht gar zu warm ſtehet, ſo mag
er wohl ein halb Jahr gut bleiben.
Soll er verſpeiſet werden, koͤnnet
ihr ſolchen daͤmpffen, braten, auch
in eine Paſtete ſchlagen auf die Art,
wie beym Hirſch-Wildpret alles
ausfuͤhrlich wird dargethan wer-
den.

Gemuͤſe. ſiehe. Tiegel-
Brey.
Genebria,

Eine gelehrte Dame von Verona
aus der Venediſchen Lombardey
gebuͤrtig, lebete in der Mitten des
XV. Seculi zu den Zeiten des Pabſts
Pii II. und hat ſich durch ihꝛe Gelehꝛ-
ſamkeit unſterblich gemacht. Ihre
Epiſteln ſind ſehr nett und gelehrt,
wie ſie denn auch uͤbeꝛdieß geſchickt,
war eine vortreffliche Rednerin u.
zwar mit einer ſonderbahren Gra-
vitæt
abzugeben, ſintemahl ſie an
annehmlicher und zierlicher Aus-

ſprache
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[0348] Gemſen Gemſen Gene ſonderliches, und geſundes geruͤh- met, und nur auf vornehmen Ta- feln aufgeſetzet wird. Hierzu Lande ſind ſie zwar nicht gaͤnge; doch iſt ihre Zubereitung dieſe. 1) Gem- ſen-Keule oder Schlegel gebraten, 2) Gemſen-Schlegel gepeitzt. Gemſen-Keule oder Schlegel gebraten, Wenn der Gems als ein Hirſch oder Rehe zerwircket iſt, ſo nehmet eine Keule oder Schlegel, wie es ge- nennet wird, ſchneidet die duͤnne Haut, welche uͤber das Wildpret zuſammen gehet, mit einem ſcharf- fen Meßer oben herunter, ſchneidet auch Speck fein ſauber uͤber ein, und ſpicket ihn ſo zierlich, als es nur immer ſeyn will. Iſt er nun recht geſpicket, ſo werffet ihn ein wenig ins Waſſer, daß ſich die Roͤthe aus- ziehet. Hernach thut ihn heraus, ſaltzet ihn ein, nehmet groſſe Zwie- beln, ſchelet und ſchneidet ſie Schei- benweis, und leget ſie uͤber den gan- tzen Schlegel. Hierauf, wenn ihr dieſes gethan habt, ſo ſtecket ihn an einen Spieß, leget ſelben zum Feu- er und laſſet ihn bey harten Holtz oder Kohlen fein gemaͤchlich bra- ten; begieſſet ſolchen auch oͤffters mit Butter; die nur zergangen und gar nicht heiß worden iſt. Faͤn- get nun der Schlegel an zu braͤunen oder bekoͤmmt Farbe, ſo verbindet ihn mit Papier, denn ſo wird er fein muͤrbe und ſafftig gebraten. Wann er ſoll angerichtet werden, ſo leget ihn auf die darzu gehoͤrige Schuͤſſel, gieſſet von der heraus gebratenen jus (oder Bruͤhe) aus der Brat- pfanne drunter, machet ein wenig giſchichte Butter, die gar nicht zu braun worden, und gieſſet ſelbe druͤber, garnirets auch ſo gut als es die Jahreszeit mit ſich bringet oder wie es die Kuͤche vermag. Gemſen-Schlegel gepeitzt, Dieſen haͤutelt wie den vorigen, darnach ſetzet ſolchen auf einen Roſt, und laſſet ihn auf dem Kohl- feuer ein wenig anlauffen. Hierauf leget ihn in ein Geſchin, ſaltzet ſelben ein, nehmet Eßig und laſſet ihn ſie- den, thut Kraͤuter, als Thymian, Lorbeer-Blaͤtter, Roßmarien, I- ſop, und gantze Zwiebeln hinein; beſtecket den Schlegel oder Keule mit gantzen Gewuͤrtz und gieſſet die- ſen geſottenen Eßig druͤber; decket ſolchen zu, ſetzet ihn an einen Ort, da er nicht gar zu warm ſtehet, ſo mag er wohl ein halb Jahr gut bleiben. Soll er verſpeiſet werden, koͤnnet ihr ſolchen daͤmpffen, braten, auch in eine Paſtete ſchlagen auf die Art, wie beym Hirſch-Wildpret alles ausfuͤhrlich wird dargethan wer- den. Gemuͤſe. ſiehe. Tiegel- Brey. Genebria, Eine gelehrte Dame von Verona aus der Venediſchen Lombardey gebuͤrtig, lebete in der Mitten des XV. Seculi zu den Zeiten des Pabſts Pii II. und hat ſich durch ihꝛe Gelehꝛ- ſamkeit unſterblich gemacht. Ihre Epiſteln ſind ſehr nett und gelehrt, wie ſie denn auch uͤbeꝛdieß geſchickt, war eine vortreffliche Rednerin u. zwar mit einer ſonderbahren Gra- vitæt abzugeben, ſintemahl ſie an annehmlicher und zierlicher Aus- ſprache

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Zitationshilfe: Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/corvinus_frauenzimmer_1715/348>, abgerufen am 22.11.2024.