Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

Bild:
<< vorherige Seite

dunstig, dazu der impertinent scharfe Gestank von
schlechten Cigarren.

Adam setzte sich an den ersten besten Tisch in
der Mitte des Zimmers. Aus dem Hintergrunde,
aus der Nachbarschaft des Buffets, kam eine Kellnerin
auf ihn zu.

"Sie wünschen --?" fragte sie mürrisch, ab-
stoßend.

"Ein Bairisch und 'was zu essen --"

"Ein belegtes Brötchen, Frankfurter Würstchen,
Aal in Gelee oder --? --"

"Bringen Sie mir 'n belegtes Brötchen --"

"Mit Wurst, Schinken, Käse --?"

"Ach Gott, das ist gleichgültig .. also meinet-
wegen mit Käse, Schweizerkäse -- es ist ja ganz
egal -- -- nur 'n Bissel hurtig, mein Fräulein -- --"

Die Kellnerin begnügte sich, eine verächtliche
Kopfbewegung zu machen und ging ab. Jetzt stellte
sie das Bier vor Adam hin und zündete eine zweite
Gasflamme an.

Adam schräg gegenüber, am Nebentische, saß
ein junger Kerl, der darauf zu brennen schien, sich
mit dem neuen Ankömmling in ein Gespräch einzu-
lassen. Er war augenscheinlich nicht mehr ganz
nüchtern. Seine Hände zitterten, wenn er nach dem
Glase griff, er fuhr unruhig auf seinem Stuhle hin
und her und tolpatschte unbeholfen an seinem Ci-
garrenstummel herum, den er schon ganz zerkaut und
zerdrückt hatte.

"Ick bin Sie man nämlich heute nur in ab-

dunſtig, dazu der impertinent ſcharfe Geſtank von
ſchlechten Cigarren.

Adam ſetzte ſich an den erſten beſten Tiſch in
der Mitte des Zimmers. Aus dem Hintergrunde,
aus der Nachbarſchaft des Buffets, kam eine Kellnerin
auf ihn zu.

„Sie wünſchen —?“ fragte ſie mürriſch, ab-
ſtoßend.

„Ein Bairiſch und 'was zu eſſen —“

„Ein belegtes Brötchen, Frankfurter Würſtchen,
Aal in Gelée oder —? —“

„Bringen Sie mir 'n belegtes Brötchen —“

„Mit Wurſt, Schinken, Käſe —?“

„Ach Gott, das iſt gleichgültig .. alſo meinet-
wegen mit Käſe, Schweizerkäſe — es iſt ja ganz
egal — — nur 'n Biſſel hurtig, mein Fräulein — —“

Die Kellnerin begnügte ſich, eine verächtliche
Kopfbewegung zu machen und ging ab. Jetzt ſtellte
ſie das Bier vor Adam hin und zündete eine zweite
Gasflamme an.

Adam ſchräg gegenüber, am Nebentiſche, ſaß
ein junger Kerl, der darauf zu brennen ſchien, ſich
mit dem neuen Ankömmling in ein Geſpräch einzu-
laſſen. Er war augenſcheinlich nicht mehr ganz
nüchtern. Seine Hände zitterten, wenn er nach dem
Glaſe griff, er fuhr unruhig auf ſeinem Stuhle hin
und her und tolpatſchte unbeholfen an ſeinem Ci-
garrenſtummel herum, den er ſchon ganz zerkaut und
zerdrückt hatte.

„Ick bin Sie man nämlich heute nur in ab-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0405" n="397"/>
dun&#x017F;tig, dazu der impertinent &#x017F;charfe Ge&#x017F;tank von<lb/>
&#x017F;chlechten Cigarren.</p><lb/>
        <p>Adam &#x017F;etzte &#x017F;ich an den er&#x017F;ten be&#x017F;ten Ti&#x017F;ch in<lb/>
der Mitte des Zimmers. Aus dem Hintergrunde,<lb/>
aus der Nachbar&#x017F;chaft des Buffets, kam eine Kellnerin<lb/>
auf ihn zu.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie wün&#x017F;chen &#x2014;?&#x201C; fragte &#x017F;ie mürri&#x017F;ch, ab-<lb/>
&#x017F;toßend.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ein Bairi&#x017F;ch und 'was zu e&#x017F;&#x017F;en &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ein belegtes Brötchen, Frankfurter Wür&#x017F;tchen,<lb/>
Aal in Gel<hi rendition="#aq">é</hi>e oder &#x2014;? &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Bringen Sie mir 'n belegtes Brötchen &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Mit Wur&#x017F;t, Schinken, Kä&#x017F;e &#x2014;?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ach Gott, das i&#x017F;t gleichgültig .. al&#x017F;o meinet-<lb/>
wegen mit Kä&#x017F;e, Schweizerkä&#x017F;e &#x2014; es i&#x017F;t ja ganz<lb/>
egal &#x2014; &#x2014; nur 'n Bi&#x017F;&#x017F;el hurtig, mein Fräulein &#x2014; &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>Die Kellnerin begnügte &#x017F;ich, eine verächtliche<lb/>
Kopfbewegung zu machen und ging ab. Jetzt &#x017F;tellte<lb/>
&#x017F;ie das Bier vor Adam hin und zündete eine zweite<lb/>
Gasflamme an.</p><lb/>
        <p>Adam &#x017F;chräg gegenüber, am Nebenti&#x017F;che, &#x017F;<lb/>
ein junger Kerl, der darauf zu brennen &#x017F;chien, &#x017F;ich<lb/>
mit dem neuen Ankömmling in ein Ge&#x017F;präch einzu-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en. Er war augen&#x017F;cheinlich nicht mehr ganz<lb/>
nüchtern. Seine Hände zitterten, wenn er nach dem<lb/>
Gla&#x017F;e griff, er fuhr unruhig auf &#x017F;einem Stuhle hin<lb/>
und her und tolpat&#x017F;chte unbeholfen an &#x017F;einem Ci-<lb/>
garren&#x017F;tummel herum, den er &#x017F;chon ganz zerkaut und<lb/>
zerdrückt hatte.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ick bin Sie man nämlich heute nur <hi rendition="#aq">in ab-<lb/></hi></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[397/0405] dunſtig, dazu der impertinent ſcharfe Geſtank von ſchlechten Cigarren. Adam ſetzte ſich an den erſten beſten Tiſch in der Mitte des Zimmers. Aus dem Hintergrunde, aus der Nachbarſchaft des Buffets, kam eine Kellnerin auf ihn zu. „Sie wünſchen —?“ fragte ſie mürriſch, ab- ſtoßend. „Ein Bairiſch und 'was zu eſſen —“ „Ein belegtes Brötchen, Frankfurter Würſtchen, Aal in Gelée oder —? —“ „Bringen Sie mir 'n belegtes Brötchen —“ „Mit Wurſt, Schinken, Käſe —?“ „Ach Gott, das iſt gleichgültig .. alſo meinet- wegen mit Käſe, Schweizerkäſe — es iſt ja ganz egal — — nur 'n Biſſel hurtig, mein Fräulein — —“ Die Kellnerin begnügte ſich, eine verächtliche Kopfbewegung zu machen und ging ab. Jetzt ſtellte ſie das Bier vor Adam hin und zündete eine zweite Gasflamme an. Adam ſchräg gegenüber, am Nebentiſche, ſaß ein junger Kerl, der darauf zu brennen ſchien, ſich mit dem neuen Ankömmling in ein Geſpräch einzu- laſſen. Er war augenſcheinlich nicht mehr ganz nüchtern. Seine Hände zitterten, wenn er nach dem Glaſe griff, er fuhr unruhig auf ſeinem Stuhle hin und her und tolpatſchte unbeholfen an ſeinem Ci- garrenſtummel herum, den er ſchon ganz zerkaut und zerdrückt hatte. „Ick bin Sie man nämlich heute nur in ab-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/405
Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/405>, abgerufen am 12.05.2024.