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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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Der siegreiche Entführer hatte indessen ganz andere
Gedanken. Er suchte recht intime Fühlung mit seiner
Herzallerliebsten zu gewinnen. Er legte seinen Arm
um ihre schlanke, vielleicht ein Wenig zu schlanke
Taille und preßte das Weiblein in wüthender Glut
an sich.

"Laß mich --! nicht hier --" sträubte sich Hed-
wig. "Adam --!"

Endlich standen sie auf der Straße. Es war
so still. Der Hausschlüssel ging schwer und kreischte
mit belegter Stimme. Schlaftrunken blätterte
der Nachtwind im schwarzgrünen Laube der Lin-
den. --

"Gieb mir den Arm, mein Lieb!"

"Wo gehen wir hin, Adam --?"

"Nun -- ich denke: wir athmen uns erst 'mal
recht tüchtig aus -- die Luft ist zwar schauderhaft
dick und heiß, aber doch nicht ganz so drückend, wie bei
Euch oben. Und nachher -- nachher können wir ja in
ein Cafe spazieren -- vielleicht ist auch noch 'ne
Weinstube auf -- --"

"Du bist überall bekannt --?"

"Hier und da --"

"Du verkehrst wohl viel in den Cafes --?"

"Das macht sich so .. mein Gott! Dann und
wann .. Man geht 'mal mit Ander'n hin, 'mal allein
-- es ist ja überall nicht viel zu holen .. Man
langweilt sich .. spielt eine Partie Billard -- liest
'ne Zeitung -- am Angenehmsten ist es noch, wenn
man eine oder .. oder auch ... mehrere Damen

Conradi, Adam Mensch. 17

Der ſiegreiche Entführer hatte indeſſen ganz andere
Gedanken. Er ſuchte recht intime Fühlung mit ſeiner
Herzallerliebſten zu gewinnen. Er legte ſeinen Arm
um ihre ſchlanke, vielleicht ein Wenig zu ſchlanke
Taille und preßte das Weiblein in wüthender Glut
an ſich.

„Laß mich —! nicht hier —“ ſträubte ſich Hed-
wig. „Adam —!“

Endlich ſtanden ſie auf der Straße. Es war
ſo ſtill. Der Hausſchlüſſel ging ſchwer und kreiſchte
mit belegter Stimme. Schlaftrunken blätterte
der Nachtwind im ſchwarzgrünen Laube der Lin-
den. —

„Gieb mir den Arm, mein Lieb!“

„Wo gehen wir hin, Adam —?“

„Nun — ich denke: wir athmen uns erſt 'mal
recht tüchtig aus — die Luft iſt zwar ſchauderhaft
dick und heiß, aber doch nicht ganz ſo drückend, wie bei
Euch oben. Und nachher — nachher können wir ja in
ein Café ſpazieren — vielleicht iſt auch noch 'ne
Weinſtube auf — —“

„Du biſt überall bekannt —?“

„Hier und da —“

„Du verkehrſt wohl viel in den Cafés —?“

„Das macht ſich ſo .. mein Gott! Dann und
wann .. Man geht 'mal mit Ander'n hin, 'mal allein
— es iſt ja überall nicht viel zu holen .. Man
langweilt ſich .. ſpielt eine Partie Billard — lieſt
'ne Zeitung — am Angenehmſten iſt es noch, wenn
man eine oder .. oder auch ... mehrere Damen

Conradi, Adam Menſch. 17
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[257/0265] Der ſiegreiche Entführer hatte indeſſen ganz andere Gedanken. Er ſuchte recht intime Fühlung mit ſeiner Herzallerliebſten zu gewinnen. Er legte ſeinen Arm um ihre ſchlanke, vielleicht ein Wenig zu ſchlanke Taille und preßte das Weiblein in wüthender Glut an ſich. „Laß mich —! nicht hier —“ ſträubte ſich Hed- wig. „Adam —!“ Endlich ſtanden ſie auf der Straße. Es war ſo ſtill. Der Hausſchlüſſel ging ſchwer und kreiſchte mit belegter Stimme. Schlaftrunken blätterte der Nachtwind im ſchwarzgrünen Laube der Lin- den. — „Gieb mir den Arm, mein Lieb!“ „Wo gehen wir hin, Adam —?“ „Nun — ich denke: wir athmen uns erſt 'mal recht tüchtig aus — die Luft iſt zwar ſchauderhaft dick und heiß, aber doch nicht ganz ſo drückend, wie bei Euch oben. Und nachher — nachher können wir ja in ein Café ſpazieren — vielleicht iſt auch noch 'ne Weinſtube auf — —“ „Du biſt überall bekannt —?“ „Hier und da —“ „Du verkehrſt wohl viel in den Cafés —?“ „Das macht ſich ſo .. mein Gott! Dann und wann .. Man geht 'mal mit Ander'n hin, 'mal allein — es iſt ja überall nicht viel zu holen .. Man langweilt ſich .. ſpielt eine Partie Billard — lieſt 'ne Zeitung — am Angenehmſten iſt es noch, wenn man eine oder .. oder auch ... mehrere Damen Conradi, Adam Menſch. 17

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/265>, abgerufen am 25.11.2024.