traurig. Nun ich mich an Dir messen kann, fühle ich meine Kraftlosigkeit doppelt. Aber auch Du, Adam -- auch Du bist nicht gesund -- ich meine: bist nicht so, wie die Anderen -- wie die Mehrzahl -- die Masse. Robustes und Dickhäutiges -- nein! das hast Du gar nicht. Du bist viel zu fein und zart organisirt, um Dich in dieser rauhen Zeit so behaupten zu können, wie Du es wohl ver- dientest. Wenn Du wirken .. noch wirken willst -- wenn Du noch mit Deinen Kräften für jene Ideale eintreten willst, die Du vorhin erwähntest, muß Dir die Sonne scheinen .. mußt Du in die volle, warme Mittagssonne gehen. Bei mir findest Du nur Schatten. Wir beide zusammen -- wir empfänden die Schwere und Reizbarkeit unserer Naturen nur doppelt scharf -- wir wären nur doppelt unglücklich. An einer endlosen Kette unerträglichen Elends würden wir zu schleppen haben. Mit mir kannst Du Deine Kräfte nicht flüssig machen. Ich stehe dem Leben zu skeptisch gegenüber, obwohl ich es fast gar nicht kenne. Meine Zweifel würden auf Dich fallen .. würden Dich hemmen, wenn Du einmal Deine eigenen glücklich vergessen hättest. Um für Deine Ideale eintreten zu können, mußt Du mit neuen Illusionen rechnen dürfen. Das ist mir sehr klar. Und um Dir diese Illusionen zu schaffen, bedarfst Du der Fülle, des Glanzes, des Reichthums, der Dich aller kleinlichen Alltagssorgen überhebt und Dir die gröbsten Rei- bungen des Lebens beseitigt. Wenn Du nicht in den Besitz von Gold, von Mitteln kommst, gehst Du
traurig. Nun ich mich an Dir meſſen kann, fühle ich meine Kraftloſigkeit doppelt. Aber auch Du, Adam — auch Du biſt nicht geſund — ich meine: biſt nicht ſo, wie die Anderen — wie die Mehrzahl — die Maſſe. Robuſtes und Dickhäutiges — nein! das haſt Du gar nicht. Du biſt viel zu fein und zart organiſirt, um Dich in dieſer rauhen Zeit ſo behaupten zu können, wie Du es wohl ver- dienteſt. Wenn Du wirken .. noch wirken willſt — wenn Du noch mit Deinen Kräften für jene Ideale eintreten willſt, die Du vorhin erwähnteſt, muß Dir die Sonne ſcheinen .. mußt Du in die volle, warme Mittagsſonne gehen. Bei mir findeſt Du nur Schatten. Wir beide zuſammen — wir empfänden die Schwere und Reizbarkeit unſerer Naturen nur doppelt ſcharf — wir wären nur doppelt unglücklich. An einer endloſen Kette unerträglichen Elends würden wir zu ſchleppen haben. Mit mir kannſt Du Deine Kräfte nicht flüſſig machen. Ich ſtehe dem Leben zu ſkeptiſch gegenüber, obwohl ich es faſt gar nicht kenne. Meine Zweifel würden auf Dich fallen .. würden Dich hemmen, wenn Du einmal Deine eigenen glücklich vergeſſen hätteſt. Um für Deine Ideale eintreten zu können, mußt Du mit neuen Illuſionen rechnen dürfen. Das iſt mir ſehr klar. Und um Dir dieſe Illuſionen zu ſchaffen, bedarfſt Du der Fülle, des Glanzes, des Reichthums, der Dich aller kleinlichen Alltagsſorgen überhebt und Dir die gröbſten Rei- bungen des Lebens beſeitigt. Wenn Du nicht in den Beſitz von Gold, von Mitteln kommſt, gehſt Du
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traurig. Nun ich mich an Dir meſſen kann, fühle
ich meine Kraftloſigkeit doppelt. Aber auch Du,
Adam — auch Du biſt nicht geſund — ich meine:
biſt nicht ſo, wie die Anderen — wie die Mehrzahl
— die Maſſe. Robuſtes und Dickhäutiges — nein!
das haſt Du gar nicht. Du biſt viel zu fein
und zart organiſirt, um Dich in dieſer rauhen
Zeit ſo behaupten zu können, wie Du es wohl ver-
dienteſt. Wenn Du wirken .. noch wirken willſt —
wenn Du noch mit Deinen Kräften für jene Ideale
eintreten willſt, die Du vorhin erwähnteſt, muß Dir
die Sonne ſcheinen .. mußt Du in die volle, warme
Mittagsſonne gehen. Bei mir findeſt Du nur Schatten.
Wir beide zuſammen — wir empfänden die Schwere
und Reizbarkeit unſerer Naturen nur doppelt ſcharf
— wir wären nur doppelt unglücklich. An einer
endloſen Kette unerträglichen Elends würden wir
zu ſchleppen haben. Mit mir kannſt Du Deine Kräfte
nicht flüſſig machen. Ich ſtehe dem Leben zu ſkeptiſch
gegenüber, obwohl ich es faſt gar nicht kenne. Meine
Zweifel würden auf Dich fallen .. würden Dich
hemmen, wenn Du einmal Deine eigenen glücklich
vergeſſen hätteſt. Um für Deine Ideale eintreten zu
können, mußt Du mit neuen Illuſionen rechnen
dürfen. Das iſt mir ſehr klar. Und um Dir dieſe
Illuſionen zu ſchaffen, bedarfſt Du der Fülle, des
Glanzes, des Reichthums, der Dich aller kleinlichen
Alltagsſorgen überhebt und Dir die gröbſten Rei-
bungen des Lebens beſeitigt. Wenn Du nicht in
den Beſitz von Gold, von Mitteln kommſt, gehſt Du
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/252>, abgerufen am 25.11.2024.
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