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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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weltentfremdet, unversuchbar .. aber viel Drang zu
suchen und forschen war in ihm ... und viel
tiefe Herzensstille -- und Adam beneidete einen
Augenblick seinen Wirth um die Enge und Welt-
abgekehrtheit seiner Klause ... und um eine Natur,
die sich in ihren besten Stunden durch ernste,
neutrale Betrachtung alles Seins und Werdens und
gesammeltes Versenktsein in die Räthsel des Kosmos
erlösen durfte vom Staube und der beklemmenden
Enge des Daseins .. Oh! Er genoß dieser großen
Stunden manche nicht minder. Aber immer wieder
ließ er sich in das Leben .. in dieses fade, er-
müdende, abflachende und wurzelausrodende Werkel-
tagsleben hinausverführen ... Und darum denn
so oft dieser Ekel .. und darum so oft diese namen-
lose, zermarternde Angst vor einem Verhängnisse,
das über ihm schwebte -- und dem zu trotzen
er doch keine Waffen besaß .. keine Waffen mehr
besaß ... Nein! Er hatte nicht mehr die Kraft,
mit souveräner Ironie auf das Leben zu verzichten --
auf seine kargen Reize und Freuden, welche er auf-
suchte, um sie einfach hinzunehmen .. kaum, um sie mit
vollem, starkem, innerem Dabeisein zu genießen --
und die er trotzdem so oft auch mit wahnsinniger Wuth
und Gier aufsuchte, um sich zu vergessen -- um
sich zu betäuben .. um seine harte Seelennoth ..
das bohrende Grübeln über die Fruchtlosigkeit seines
Arbeitens .. die Unzuverlässigkeit seines Temperaments
... die sociale Lüge und Aussichtslosigkeit seiner Lage
durch physische Ausschweifungen abzustumpfen ...

weltentfremdet, unverſuchbar .. aber viel Drang zu
ſuchen und forſchen war in ihm ... und viel
tiefe Herzensſtille — und Adam beneidete einen
Augenblick ſeinen Wirth um die Enge und Welt-
abgekehrtheit ſeiner Klauſe ... und um eine Natur,
die ſich in ihren beſten Stunden durch ernſte,
neutrale Betrachtung alles Seins und Werdens und
geſammeltes Verſenktſein in die Räthſel des Kosmos
erlöſen durfte vom Staube und der beklemmenden
Enge des Daſeins .. Oh! Er genoß dieſer großen
Stunden manche nicht minder. Aber immer wieder
ließ er ſich in das Leben .. in dieſes fade, er-
müdende, abflachende und wurzelausrodende Werkel-
tagsleben hinausverführen ... Und darum denn
ſo oft dieſer Ekel .. und darum ſo oft dieſe namen-
loſe, zermarternde Angſt vor einem Verhängniſſe,
das über ihm ſchwebte — und dem zu trotzen
er doch keine Waffen beſaß .. keine Waffen mehr
beſaß ... Nein! Er hatte nicht mehr die Kraft,
mit ſouveräner Ironie auf das Leben zu verzichten —
auf ſeine kargen Reize und Freuden, welche er auf-
ſuchte, um ſie einfach hinzunehmen .. kaum, um ſie mit
vollem, ſtarkem, innerem Dabeiſein zu genießen —
und die er trotzdem ſo oft auch mit wahnſinniger Wuth
und Gier aufſuchte, um ſich zu vergeſſen — um
ſich zu betäuben .. um ſeine harte Seelennoth ..
das bohrende Grübeln über die Fruchtloſigkeit ſeines
Arbeitens .. die Unzuverläſſigkeit ſeines Temperaments
... die ſociale Lüge und Ausſichtsloſigkeit ſeiner Lage
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[207/0215] weltentfremdet, unverſuchbar .. aber viel Drang zu ſuchen und forſchen war in ihm ... und viel tiefe Herzensſtille — und Adam beneidete einen Augenblick ſeinen Wirth um die Enge und Welt- abgekehrtheit ſeiner Klauſe ... und um eine Natur, die ſich in ihren beſten Stunden durch ernſte, neutrale Betrachtung alles Seins und Werdens und geſammeltes Verſenktſein in die Räthſel des Kosmos erlöſen durfte vom Staube und der beklemmenden Enge des Daſeins .. Oh! Er genoß dieſer großen Stunden manche nicht minder. Aber immer wieder ließ er ſich in das Leben .. in dieſes fade, er- müdende, abflachende und wurzelausrodende Werkel- tagsleben hinausverführen ... Und darum denn ſo oft dieſer Ekel .. und darum ſo oft dieſe namen- loſe, zermarternde Angſt vor einem Verhängniſſe, das über ihm ſchwebte — und dem zu trotzen er doch keine Waffen beſaß .. keine Waffen mehr beſaß ... Nein! Er hatte nicht mehr die Kraft, mit ſouveräner Ironie auf das Leben zu verzichten — auf ſeine kargen Reize und Freuden, welche er auf- ſuchte, um ſie einfach hinzunehmen .. kaum, um ſie mit vollem, ſtarkem, innerem Dabeiſein zu genießen — und die er trotzdem ſo oft auch mit wahnſinniger Wuth und Gier aufſuchte, um ſich zu vergeſſen — um ſich zu betäuben .. um ſeine harte Seelennoth .. das bohrende Grübeln über die Fruchtloſigkeit ſeines Arbeitens .. die Unzuverläſſigkeit ſeines Temperaments ... die ſociale Lüge und Ausſichtsloſigkeit ſeiner Lage durch phyſiſche Ausſchweifungen abzuſtumpfen ...

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/215>, abgerufen am 28.11.2024.