Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].was er vor einer .. vor zwei Stunden mit Lydia was er vor einer .. vor zwei Stunden mit Lydia <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0168" n="160"/> was er vor einer .. vor zwei Stunden mit Lydia<lb/> erlebt hatte: einer Geſprächswendung erinnerte<lb/> er ſich ... einer Frage ihrerſeits, einer Antwort<lb/> ſeinerſeits — plötzlich ſah er ſich wieder zu den<lb/> Füßen der ſchönen Frau liegen — er ſpürte den<lb/> weichen Druck ihrer Hand, er ließ ſich noch einmal<lb/> von ihrer zarten Liebkoſung durchbeben — er<lb/> athmete das Parfüm ihrer Kleider ein — er ſah<lb/> wieder die erregt auf- und niedergehende Bruſt vor<lb/> ſich — — dann ſtand er Lydia noch einmal<lb/> gegenüber, nachläſſig-herausfordernd an den Tiſch<lb/> gelehnt — hm! der Schlußtrumpf mit ſeinen<lb/> kleinen, niedlichen Anhängſeln: der Bibeldedication,<lb/> dem eleganten Handkuß — er war wirklich nicht übel!<lb/> Aber was ſollte er nun mit der Dame ſeines<lb/> Herzens anfangen? Wie verhielten ſie ſich zu einander?<lb/> Hatte er noch Etwas zu erwarten — oder war Alles<lb/> vorbei — ſollte er das Spiel verloren geben?<lb/> Welches Spiel? Aber — beim Zeus! — war ihm<lb/> das Weib denn jetzt ſchon wieder gleichgültig?<lb/> War ſeine Liebe, ſeine Leidenſchaft wirklich weiter<lb/> nichts, denn ſchemenhafte Augenblicksphantaſie ...<lb/> überflüſſige Einbildung geweſen? Waren ſeine<lb/> Stimmungen in derbſter Thatſächlichkeit weiter<lb/> nichts — als eben die lösbarſten Stimmungen von<lb/> der Welt? Durfte er ſich gar nicht mehr auf ſich<lb/> verlaſſen? Haftete Nichts mehr in ihm? Hatte der<lb/> Impuls ſeiner Kräfte ſo bedeutend eingebüßt —<lb/> war er in jeder Hinſicht ſo entſcheidend herabge-<lb/> drückt worden? Und Adam dachte eine Sekunde<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [160/0168]
was er vor einer .. vor zwei Stunden mit Lydia
erlebt hatte: einer Geſprächswendung erinnerte
er ſich ... einer Frage ihrerſeits, einer Antwort
ſeinerſeits — plötzlich ſah er ſich wieder zu den
Füßen der ſchönen Frau liegen — er ſpürte den
weichen Druck ihrer Hand, er ließ ſich noch einmal
von ihrer zarten Liebkoſung durchbeben — er
athmete das Parfüm ihrer Kleider ein — er ſah
wieder die erregt auf- und niedergehende Bruſt vor
ſich — — dann ſtand er Lydia noch einmal
gegenüber, nachläſſig-herausfordernd an den Tiſch
gelehnt — hm! der Schlußtrumpf mit ſeinen
kleinen, niedlichen Anhängſeln: der Bibeldedication,
dem eleganten Handkuß — er war wirklich nicht übel!
Aber was ſollte er nun mit der Dame ſeines
Herzens anfangen? Wie verhielten ſie ſich zu einander?
Hatte er noch Etwas zu erwarten — oder war Alles
vorbei — ſollte er das Spiel verloren geben?
Welches Spiel? Aber — beim Zeus! — war ihm
das Weib denn jetzt ſchon wieder gleichgültig?
War ſeine Liebe, ſeine Leidenſchaft wirklich weiter
nichts, denn ſchemenhafte Augenblicksphantaſie ...
überflüſſige Einbildung geweſen? Waren ſeine
Stimmungen in derbſter Thatſächlichkeit weiter
nichts — als eben die lösbarſten Stimmungen von
der Welt? Durfte er ſich gar nicht mehr auf ſich
verlaſſen? Haftete Nichts mehr in ihm? Hatte der
Impuls ſeiner Kräfte ſo bedeutend eingebüßt —
war er in jeder Hinſicht ſo entſcheidend herabge-
drückt worden? Und Adam dachte eine Sekunde
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