Abends -- und es geht stark auf Mitternacht ... Gestatten Sie darum, daß ich mich empfehle. Und verzeihen Sie in Gnaden dem reumüthigen Sünder! Ich danke Ihnen für die schönste Stunde meines Lebens, verehrte Frau -- sie wird mir unvergeßlich bleiben. Ich habe nicht umsonst gelebt, da ich einmal -- doch pardon! Und nun geben Sie mir Ihre kleine, süße Hand zum Abschied -- ja? Ich bitte --"
Lydia stand einen Augenblick unbeweglich. Dann streckte sie Adam langsam ihre rechte Hand entgegen. Der zog diese entzückende, nur jetzt etwas schweiß- feuchte Hand galant an seine Lippen und küßte sie.
"Und nun gute Nacht, liebe, gnädige Frau .. doch .. ach ja! was wird .. was wird nun aus unserer modernen Bibel --? Soll sie für immer -- ungeschrieben bleiben .. oder ..?"
"Nun ... wir haben ja heute Abend .. wir haben ja ein Capitel aus ihr -- erlebt .. renken Sie's ein, Herr Doctor, und ... und bringen Sie's mir gelegent- lich .. ich bitte darum .. für die Zukunft dürfte es sich allerdings kaum empfehlen -- -- "
Lydia versuchte ihre Worte in einem leichten, harmlos-liebenswürdigen Tone vorzubringen. Aber es wollte ihr nicht so recht gelingen. Ihre Stimme klang unsicher, hart, etwas heiser, verwalzt.
"-- dürfte es sich kaum empfehlen, daß wir wieder so .. so plastisch verfahren, wie es .. leider heute der Fall gewesen," ergänzte Adam -- "seien Sie unbesorgt, gnädige Frau! . Aber ... wenn Sie
Abends — und es geht ſtark auf Mitternacht ... Geſtatten Sie darum, daß ich mich empfehle. Und verzeihen Sie in Gnaden dem reumüthigen Sünder! Ich danke Ihnen für die ſchönſte Stunde meines Lebens, verehrte Frau — ſie wird mir unvergeßlich bleiben. Ich habe nicht umſonſt gelebt, da ich einmal — doch pardon! Und nun geben Sie mir Ihre kleine, ſüße Hand zum Abſchied — ja? Ich bitte —“
Lydia ſtand einen Augenblick unbeweglich. Dann ſtreckte ſie Adam langſam ihre rechte Hand entgegen. Der zog dieſe entzückende, nur jetzt etwas ſchweiß- feuchte Hand galant an ſeine Lippen und küßte ſie.
„Und nun gute Nacht, liebe, gnädige Frau .. doch .. ach ja! was wird .. was wird nun aus unſerer modernen Bibel —? Soll ſie für immer — ungeſchrieben bleiben .. oder ..?“
„Nun ... wir haben ja heute Abend .. wir haben ja ein Capitel aus ihr — erlebt .. renken Sie's ein, Herr Doctor, und ... und bringen Sie's mir gelegent- lich .. ich bitte darum .. für die Zukunft dürfte es ſich allerdings kaum empfehlen — — “
Lydia verſuchte ihre Worte in einem leichten, harmlos-liebenswürdigen Tone vorzubringen. Aber es wollte ihr nicht ſo recht gelingen. Ihre Stimme klang unſicher, hart, etwas heiſer, verwalzt.
„— dürfte es ſich kaum empfehlen, daß wir wieder ſo .. ſo plaſtiſch verfahren, wie es .. leider heute der Fall geweſen,“ ergänzte Adam — „ſeien Sie unbeſorgt, gnädige Frau! . Aber ... wenn Sie
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Abends — und es geht ſtark auf Mitternacht ...
Geſtatten Sie darum, daß ich mich empfehle. Und
verzeihen Sie in Gnaden dem reumüthigen Sünder!
Ich danke Ihnen für die ſchönſte Stunde meines
Lebens, verehrte Frau — ſie wird mir unvergeßlich
bleiben. Ich habe nicht umſonſt gelebt, da ich
einmal — doch pardon! Und nun geben Sie mir
Ihre kleine, ſüße Hand zum Abſchied — ja? Ich
bitte —“
Lydia ſtand einen Augenblick unbeweglich. Dann
ſtreckte ſie Adam langſam ihre rechte Hand entgegen.
Der zog dieſe entzückende, nur jetzt etwas ſchweiß-
feuchte Hand galant an ſeine Lippen und küßte ſie.
„Und nun gute Nacht, liebe, gnädige Frau ..
doch .. ach ja! was wird .. was wird nun aus
unſerer modernen Bibel —? Soll ſie für immer —
ungeſchrieben bleiben .. oder ..?“
„Nun ... wir haben ja heute Abend .. wir haben
ja ein Capitel aus ihr — erlebt .. renken Sie's ein,
Herr Doctor, und ... und bringen Sie's mir gelegent-
lich .. ich bitte darum .. für die Zukunft dürfte
es ſich allerdings kaum empfehlen — — “
Lydia verſuchte ihre Worte in einem leichten,
harmlos-liebenswürdigen Tone vorzubringen. Aber
es wollte ihr nicht ſo recht gelingen. Ihre Stimme
klang unſicher, hart, etwas heiſer, verwalzt.
„— dürfte es ſich kaum empfehlen, daß wir wieder
ſo .. ſo plaſtiſch verfahren, wie es .. leider heute
der Fall geweſen,“ ergänzte Adam — „ſeien Sie
unbeſorgt, gnädige Frau! . Aber ... wenn Sie
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/164>, abgerufen am 05.12.2024.
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