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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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"Schriftstellern? Mein Gott! Nun ja, wenn
man's so nennen will.. Aber weit ist's damit Gott
sei Dank! nicht her -- ich bin durchaus kein soge-
nannter "Schriftsteller von Beruf" -- um Himmels-
willen -- nein! ... nein! .. Ich habe Dies und
Das gemacht -- einige Artikel philosophisch-kritischen,
nationalökonomischen, literarhistorischen Charakters
für Zeitungen zusammengestoppelt -- ein paar
längere Aufsätze über psychophysische Materien für
wissenschaftliche Fachblätter geliefert -- na! das ist
aber auch Alles.. Allerdings ... nicht zu ver-
gessen die ulkigen Brochüren, die mich momentan
beschäftigen. ..."

Das war leichthin, nachlässig gesprochen, ohne
weitere innere Theilnahme, mit dem Accente halb
ehrlicher, halb affectirter Selbstironie.

Herr Doctor Irmer nickte mit dem Kopfe.
Wiederum trat eine Pause ein. Was wollten die
beiden Menschen nur von einander?

Adam musterte seine Umgebung. Zur Noth
konnte man diese Einrichtung ja behaglich nennen!
Und doch athmete das Zimmer einen Geruch der
Aermlichkeit aus, der kaum verschleierten, kaum zu
verkennenden Nüchternheit, der Adam etwas be-
klemmte. Er liebte den mit feinem, ästhetisch
durchgebildetem Geschmacke angewandten Luxus. Er
bewohnte selbst zwei sehr comfortabel ausgestattete
Zimmer, die ihn eigentlich mehr kosteten, als er
nach seinen Verhältnissen an Miethszins dafür hätte
ausgeben dürfen. Aber es war ihm Bedürfniß, in

„Schriftſtellern? Mein Gott! Nun ja, wenn
man's ſo nennen will.. Aber weit iſt's damit Gott
ſei Dank! nicht her — ich bin durchaus kein ſoge-
nannter „Schriftſteller von Beruf“ — um Himmels-
willen — nein! ... nein! .. Ich habe Dies und
Das gemacht — einige Artikel philoſophiſch-kritiſchen,
nationalökonomiſchen, literarhiſtoriſchen Charakters
für Zeitungen zuſammengeſtoppelt — ein paar
längere Aufſätze über pſychophyſiſche Materien für
wiſſenſchaftliche Fachblätter geliefert — na! das iſt
aber auch Alles.. Allerdings ... nicht zu ver-
geſſen die ulkigen Brochüren, die mich momentan
beſchäftigen. ...“

Das war leichthin, nachläſſig geſprochen, ohne
weitere innere Theilnahme, mit dem Accente halb
ehrlicher, halb affectirter Selbſtironie.

Herr Doctor Irmer nickte mit dem Kopfe.
Wiederum trat eine Pauſe ein. Was wollten die
beiden Menſchen nur von einander?

Adam muſterte ſeine Umgebung. Zur Noth
konnte man dieſe Einrichtung ja behaglich nennen!
Und doch athmete das Zimmer einen Geruch der
Aermlichkeit aus, der kaum verſchleierten, kaum zu
verkennenden Nüchternheit, der Adam etwas be-
klemmte. Er liebte den mit feinem, äſthetiſch
durchgebildetem Geſchmacke angewandten Luxus. Er
bewohnte ſelbſt zwei ſehr comfortabel ausgeſtattete
Zimmer, die ihn eigentlich mehr koſteten, als er
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[111/0119] „Schriftſtellern? Mein Gott! Nun ja, wenn man's ſo nennen will.. Aber weit iſt's damit Gott ſei Dank! nicht her — ich bin durchaus kein ſoge- nannter „Schriftſteller von Beruf“ — um Himmels- willen — nein! ... nein! .. Ich habe Dies und Das gemacht — einige Artikel philoſophiſch-kritiſchen, nationalökonomiſchen, literarhiſtoriſchen Charakters für Zeitungen zuſammengeſtoppelt — ein paar längere Aufſätze über pſychophyſiſche Materien für wiſſenſchaftliche Fachblätter geliefert — na! das iſt aber auch Alles.. Allerdings ... nicht zu ver- geſſen die ulkigen Brochüren, die mich momentan beſchäftigen. ...“ Das war leichthin, nachläſſig geſprochen, ohne weitere innere Theilnahme, mit dem Accente halb ehrlicher, halb affectirter Selbſtironie. Herr Doctor Irmer nickte mit dem Kopfe. Wiederum trat eine Pauſe ein. Was wollten die beiden Menſchen nur von einander? Adam muſterte ſeine Umgebung. Zur Noth konnte man dieſe Einrichtung ja behaglich nennen! Und doch athmete das Zimmer einen Geruch der Aermlichkeit aus, der kaum verſchleierten, kaum zu verkennenden Nüchternheit, der Adam etwas be- klemmte. Er liebte den mit feinem, äſthetiſch durchgebildetem Geſchmacke angewandten Luxus. Er bewohnte ſelbſt zwei ſehr comfortabel ausgeſtattete Zimmer, die ihn eigentlich mehr koſteten, als er nach ſeinen Verhältniſſen an Miethszins dafür hätte ausgeben dürfen. Aber es war ihm Bedürfniß, in

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/119>, abgerufen am 13.05.2024.