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Collin, Heinrich Joseph von: Coriolan. Berlin, 1804.

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Das denkt er nicht, der Thor! ist heute stolz,
Und morgen fühlt er sich vernichtet! Beydes
Mit Unrecht, denk' ich; -- denn er ist doch nur
Ein Ball, geschleudert aus des Schicksals Hand!
Coriolan.
Was soll mir das?
Sulpitius.
Dann wird er alt, und sicht
Mit tiefem Gram: -- er hat den Weg verfehlt!!
Nichts ist gewisser: Herrschen soll der Mensch;
Doch das Gebiet der unumschränkten Macht,
Wo er sich alles dankt, und nichts den Andern, --
Es liegt in ihm, es ist die eigne Brust!
Hier ist die wahre Welt für seine Herrscherlust!
Wem das Bewußtseyn lohnt: "Was ich auch that;
"Doch wollt' ich stets, was Recht ist" -- dessen
Glück
Ist nicht des Zufalls Sklave; seine Größe
Hebt ihn empor auf Flügeln zu den Göttern --
Mit ihnen ist er froh und unabhängig! --
Ob auch Erfolg und Absicht sich vereinen,
Was kümmert's ihn? Er hat sein Glück in sich!
Und laßt den Weltenbau mit ihm versinken,
Sein Wille hält und steht und sinket nicht!
Laßt unter Weltentrümmer ihn begraben,
Sein Wille schwingt sich unbezwungen auf! -- --
So denkt man, wird man alt -- dann ist's zu
spät!
F
Das denkt er nicht, der Thor! iſt heute ſtolz,
Und morgen fühlt er ſich vernichtet! Beydes
Mit Unrecht, denk’ ich; — denn er iſt doch nur
Ein Ball, geſchleudert aus des Schickſals Hand!
Coriolan.
Was ſoll mir das?
Sulpitius.
Dann wird er alt, und ſicht
Mit tiefem Gram: — er hat den Weg verfehlt!!
Nichts iſt gewiſſer: Herrſchen ſoll der Menſch;
Doch das Gebiet der unumſchränkten Macht,
Wo er ſich alles dankt, und nichts den Andern, —
Es liegt in ihm, es iſt die eigne Bruſt!
Hier iſt die wahre Welt für ſeine Herrſcherluſt!
Wem das Bewußtſeyn lohnt: »Was ich auch that;
»Doch wollt’ ich ſtets, was Recht iſt« — deſſen
Glück
Iſt nicht des Zufalls Sklave; ſeine Größe
Hebt ihn empor auf Flügeln zu den Göttern —
Mit ihnen iſt er froh und unabhängig! —
Ob auch Erfolg und Abſicht ſich vereinen,
Was kümmert’s ihn? Er hat ſein Glück in ſich!
Und laßt den Weltenbau mit ihm verſinken,
Sein Wille hält und ſteht und ſinket nicht!
Laßt unter Weltentrümmer ihn begraben,
Sein Wille ſchwingt ſich unbezwungen auf! — —
So denkt man, wird man alt — dann iſt’s zu
ſpät!
F
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[81/0089] Das denkt er nicht, der Thor! iſt heute ſtolz, Und morgen fühlt er ſich vernichtet! Beydes Mit Unrecht, denk’ ich; — denn er iſt doch nur Ein Ball, geſchleudert aus des Schickſals Hand! Coriolan. Was ſoll mir das? Sulpitius. Dann wird er alt, und ſicht Mit tiefem Gram: — er hat den Weg verfehlt!! Nichts iſt gewiſſer: Herrſchen ſoll der Menſch; Doch das Gebiet der unumſchränkten Macht, Wo er ſich alles dankt, und nichts den Andern, — Es liegt in ihm, es iſt die eigne Bruſt! Hier iſt die wahre Welt für ſeine Herrſcherluſt! Wem das Bewußtſeyn lohnt: »Was ich auch that; »Doch wollt’ ich ſtets, was Recht iſt« — deſſen Glück Iſt nicht des Zufalls Sklave; ſeine Größe Hebt ihn empor auf Flügeln zu den Göttern — Mit ihnen iſt er froh und unabhängig! — Ob auch Erfolg und Abſicht ſich vereinen, Was kümmert’s ihn? Er hat ſein Glück in ſich! Und laßt den Weltenbau mit ihm verſinken, Sein Wille hält und ſteht und ſinket nicht! Laßt unter Weltentrümmer ihn begraben, Sein Wille ſchwingt ſich unbezwungen auf! — — So denkt man, wird man alt — dann iſt’s zu ſpät! F

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Zitationshilfe: Collin, Heinrich Joseph von: Coriolan. Berlin, 1804, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/collin_coriolan_1804/89>, abgerufen am 25.11.2024.