Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Collin, Heinrich Joseph von: Coriolan. Berlin, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite
Und nieder wirft er sich vor dir, und legt
Die Kränze hin zu deinen Füßen; -- jetzt
Die Hände, jetzt das theure Haupt dir küssend.
-- O damahls hast auch du geweint, ihn lang'
Umarmt, und deinen lieben Sohn genannt. -- --
Wie? hörst du nicht noch immer diesen Ton,
Den Ton der Kindlichkeit, mit dem er rief:
"O Mutter! Mutter!! glücklich bin ich nun!
"Nun sind mir diese Kränze doppelt werth,
"Da ich sie dir zu Füßen legen kann!" --
Veturia.
Es rührte mich und sehr. Doch bin ich auch
Des Dankes werth. Er ist mir Vieles schuldig!
Volumnia.
Wer also dankt, ist wohl ein edler Mann!
Veturia.
Du wendest, Tochter, sonderbar mein Wort.
Unedel ist er freylich nicht, und kann's nicht seyn;
Er ist mein Sohn.
Volumnia.
Vergib!
Veturia.
Für ihn, durch ihn
Hab' ich gelebt. Bey aller Rauhheit ist
Er gut, -- und groß ist er, mein Sohn, -- zu Haus',
Im Felde groß! -- Ich habe nicht umsonst
Gelebt! -- -- Nur daß sein Stolz zum Übermuth,
Und nieder wirft er ſich vor dir, und legt
Die Kränze hin zu deinen Füßen; — jetzt
Die Hände, jetzt das theure Haupt dir küſſend.
— O damahls haſt auch du geweint, ihn lang’
Umarmt, und deinen lieben Sohn genannt. — —
Wie? hörſt du nicht noch immer dieſen Ton,
Den Ton der Kindlichkeit, mit dem er rief:
»O Mutter! Mutter!! glücklich bin ich nun!
»Nun ſind mir dieſe Kränze doppelt werth,
»Da ich ſie dir zu Füßen legen kann!« —
Veturia.
Es rührte mich und ſehr. Doch bin ich auch
Des Dankes werth. Er iſt mir Vieles ſchuldig!
Volumnia.
Wer alſo dankt, iſt wohl ein edler Mann!
Veturia.
Du wendeſt, Tochter, ſonderbar mein Wort.
Unedel iſt er freylich nicht, und kann’s nicht ſeyn;
Er iſt mein Sohn.
Volumnia.
Vergib!
Veturia.
Für ihn, durch ihn
Hab’ ich gelebt. Bey aller Rauhheit iſt
Er gut, — und groß iſt er, mein Sohn, — zu Hauſ’,
Im Felde groß! — Ich habe nicht umſonſt
Gelebt! — — Nur daß ſein Stolz zum Übermuth,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#VOLU">
            <p><pb facs="#f0018" n="10"/>
Und nieder wirft er &#x017F;ich vor dir, und legt<lb/>
Die Kränze hin zu deinen Füßen; &#x2014; jetzt<lb/>
Die Hände, jetzt das theure Haupt dir kü&#x017F;&#x017F;end.<lb/>
&#x2014; O damahls ha&#x017F;t auch <hi rendition="#g">du</hi> geweint, ihn lang&#x2019;<lb/>
Umarmt, und deinen lieben Sohn genannt. &#x2014; &#x2014;<lb/>
Wie? hör&#x017F;t du nicht noch immer die&#x017F;en Ton,<lb/>
Den Ton der Kindlichkeit, mit dem er rief:<lb/>
»O Mutter! Mutter!! glücklich bin ich nun!<lb/>
»Nun &#x017F;ind mir die&#x017F;e Kränze doppelt werth,<lb/>
»Da ich &#x017F;ie <hi rendition="#g">dir</hi> zu Füßen legen kann!« &#x2014;</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#VET">
            <speaker><hi rendition="#g">Veturia</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Es rührte mich und &#x017F;ehr. Doch bin ich auch<lb/>
Des Dankes werth. Er i&#x017F;t mir Vieles &#x017F;chuldig!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#VOLU">
            <speaker><hi rendition="#g">Volumnia</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Wer al&#x017F;o dankt, i&#x017F;t wohl ein edler Mann!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#VET">
            <speaker><hi rendition="#g">Veturia</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Du wende&#x017F;t, Tochter, &#x017F;onderbar mein Wort.<lb/><hi rendition="#g">Unedel</hi> i&#x017F;t er freylich nicht, und kann&#x2019;s nicht &#x017F;eyn;<lb/>
Er i&#x017F;t mein Sohn.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#VOLU">
            <speaker><hi rendition="#g">Volumnia</hi>.</speaker><lb/>
            <p> <hi rendition="#c">Vergib!</hi> </p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#VET">
            <speaker><hi rendition="#g">Veturia</hi>.</speaker><lb/>
            <p><hi rendition="#et">Für ihn, durch ihn</hi><lb/>
Hab&#x2019; ich gelebt. Bey aller Rauhheit i&#x017F;t<lb/>
Er gut, &#x2014; und groß i&#x017F;t er, mein Sohn, &#x2014; zu Hau&#x017F;&#x2019;,<lb/>
Im Felde groß! &#x2014; Ich habe nicht um&#x017F;on&#x017F;t<lb/>
Gelebt! &#x2014; &#x2014; Nur daß &#x017F;ein Stolz zum Übermuth,<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0018] Und nieder wirft er ſich vor dir, und legt Die Kränze hin zu deinen Füßen; — jetzt Die Hände, jetzt das theure Haupt dir küſſend. — O damahls haſt auch du geweint, ihn lang’ Umarmt, und deinen lieben Sohn genannt. — — Wie? hörſt du nicht noch immer dieſen Ton, Den Ton der Kindlichkeit, mit dem er rief: »O Mutter! Mutter!! glücklich bin ich nun! »Nun ſind mir dieſe Kränze doppelt werth, »Da ich ſie dir zu Füßen legen kann!« — Veturia. Es rührte mich und ſehr. Doch bin ich auch Des Dankes werth. Er iſt mir Vieles ſchuldig! Volumnia. Wer alſo dankt, iſt wohl ein edler Mann! Veturia. Du wendeſt, Tochter, ſonderbar mein Wort. Unedel iſt er freylich nicht, und kann’s nicht ſeyn; Er iſt mein Sohn. Volumnia. Vergib! Veturia. Für ihn, durch ihn Hab’ ich gelebt. Bey aller Rauhheit iſt Er gut, — und groß iſt er, mein Sohn, — zu Hauſ’, Im Felde groß! — Ich habe nicht umſonſt Gelebt! — — Nur daß ſein Stolz zum Übermuth,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/collin_coriolan_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/collin_coriolan_1804/18
Zitationshilfe: Collin, Heinrich Joseph von: Coriolan. Berlin, 1804, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/collin_coriolan_1804/18>, abgerufen am 23.11.2024.