p2c_549.001 göttlicher Wesen die Veranlassung zu einer Hymne seyn p2c_549.002 müsse, ist dem Sprachgebrauch nach nicht nothwendig. p2c_549.003 Man hat Hymnen an das Licht (Abr. Cowley), an das p2c_549.004 Grab, auf Publicität u. s. w. Schillers Gesang an die p2c_549.005 Freude ist ganz eigentlich eine Hymne. Der Marseiller p2c_549.006 Kriegsgesang von de Lille wird auch eine Hymne genannt.
p2c_549.007 §. 8.
p2c_549.008 1) Da die Hymne ein höheres lyrisches Gedicht p2c_549.009 ist, so ist ihr Hauptinhalt eine Empfindung p2c_549.010 des höhern Schönen. Da aber die Veranlassung p2c_549.011 feyerlich ist, und vorausgesetzt wird, daß mehrere p2c_549.012 singen, so wird nicht jede Untergattung des rührend p2c_549.013 Schönen passend seyn. Diese Untergattungen werden p2c_549.014 auch nicht so unter einander abwechseln, wie bey der p2c_549.015 Ode. Denn das leicht bewegliche Gemüth des einsamen p2c_549.016 Dichters geht eher aus einer Empfindung in die p2c_549.017 andere über, als sich die Stimmung einer Menge p2c_549.018 Menschen bey einer feyerlichen Gelegenheit verändert. p2c_549.019 Es muß also mehr Einheit der Empfindung in der p2c_549.020 Hymne seyn, als in der Ode, und das Große, das p2c_549.021 Feyerliche durchaus herrschen.
p2c_549.022 Anmerk. Besonders muß der Aufang der Hymne p2c_549.023 ein prosopon telauges seyn. Man betritt ein Heiligthum. p2c_549.024 Gewöhnlich ists ein Anruf, der die Hauptver=
p2c_549.001 göttlicher Wesen die Veranlassung zu einer Hymne seyn p2c_549.002 müsse, ist dem Sprachgebrauch nach nicht nothwendig. p2c_549.003 Man hat Hymnen an das Licht (Abr. Cowley), an das p2c_549.004 Grab, auf Publicität u. s. w. Schillers Gesang an die p2c_549.005 Freude ist ganz eigentlich eine Hymne. Der Marseiller p2c_549.006 Kriegsgesang von de Lille wird auch eine Hymne genannt.
p2c_549.007 §. 8.
p2c_549.008 1) Da die Hymne ein höheres lyrisches Gedicht p2c_549.009 ist, so ist ihr Hauptinhalt eine Empfindung p2c_549.010 des höhern Schönen. Da aber die Veranlassung p2c_549.011 feyerlich ist, und vorausgesetzt wird, daß mehrere p2c_549.012 singen, so wird nicht jede Untergattung des rührend p2c_549.013 Schönen passend seyn. Diese Untergattungen werden p2c_549.014 auch nicht so unter einander abwechseln, wie bey der p2c_549.015 Ode. Denn das leicht bewegliche Gemüth des einsamen p2c_549.016 Dichters geht eher aus einer Empfindung in die p2c_549.017 andere über, als sich die Stimmung einer Menge p2c_549.018 Menschen bey einer feyerlichen Gelegenheit verändert. p2c_549.019 Es muß also mehr Einheit der Empfindung in der p2c_549.020 Hymne seyn, als in der Ode, und das Große, das p2c_549.021 Feyerliche durchaus herrschen.
p2c_549.022 Anmerk. Besonders muß der Aufang der Hymne p2c_549.023 ein προσωπον τηλαυγες seyn. Man betritt ein Heiligthum. p2c_549.024 Gewöhnlich ists ein Anruf, der die Hauptver=
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804, S. 549. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/73>, abgerufen am 16.02.2025.
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