p2c_540.001 die, als solche, nicht ganz logisch unvollkommen seyn p2c_540.002 darf, so muß in Absicht auf die Gedanken und Bilder p2c_540.003 eine künstliche Unordnung herrschen, die auf p2c_540.004 einen verborgenen Plan hindeutet.
p2c_540.005 Anmerk. So wie der Dichter eine zufällige Veranlassung p2c_540.006 zu seiner Gemüthsstimmung haben darf, die er p2c_540.007 gleich anfangs ankündigt, so kann und muß er auch einen p2c_540.008 Hauptgedanken haben, welcher der ganzen Jdeenreihe ein p2c_540.009 gewisses Licht giebt. Nur darf dieser nicht als der Hauptgedanke p2c_540.010 angekündigt seyn und logisch durchgeführt werden, p2c_540.011 sonst würde dies der Phantasie Zwang anlegen. Daher wird p2c_540.012 er weder mit dem Hauptgedanken beginnen, noch mit ihm p2c_540.013 schließen. Denn nur dadurch bekommt die Jdeenreihe eine p2c_540.014 gewisse Unendlichkeit, daß sie zu Anfang und zu Ende frey p2c_540.015 ist. Darum verliehrt sich Horaz sehr gern am Ende seiner p2c_540.016 Gedichte in die Darstellung eines Bildes, einer Geschichte. p2c_540.017 Er will z. B. III. 11. die Lyde rühren durch seinen Gesang. p2c_540.018 Diese Absicht giebt er nicht gleich anfangs zu erkennen. p2c_540.019 Sondern er ruft den Merkur an, den Erfinder des Gesangs. p2c_540.020 Nun erwähnt er erst seine Hauptabsicht, daß er die Geliebte p2c_540.021 erweichen will. Dann verliehrt er sich ganz in die p2c_540.022 Erzählung der Geschichte eines liebenden großmüthigen Mädchens, p2c_540.023 und schließt damit. Hier scheint er sich von seinem p2c_540.024 Wege verirrt zu haben. Allein die freye lyrische Unordnung p2c_540.025 deutet auf einen verborgenen Plan. Denn Lyde p2c_540.026 kann an dieser Erzählung sich ein Beyspiel nehmen. - p2c_540.027 L. III. od. 4. ist die Hauptidee vielleicht, die Horaz hatte,
p2c_540.001 die, als solche, nicht ganz logisch unvollkommen seyn p2c_540.002 darf, so muß in Absicht auf die Gedanken und Bilder p2c_540.003 eine künstliche Unordnung herrschen, die auf p2c_540.004 einen verborgenen Plan hindeutet.
p2c_540.005 Anmerk. So wie der Dichter eine zufällige Veranlassung p2c_540.006 zu seiner Gemüthsstimmung haben darf, die er p2c_540.007 gleich anfangs ankündigt, so kann und muß er auch einen p2c_540.008 Hauptgedanken haben, welcher der ganzen Jdeenreihe ein p2c_540.009 gewisses Licht giebt. Nur darf dieser nicht als der Hauptgedanke p2c_540.010 angekündigt seyn und logisch durchgeführt werden, p2c_540.011 sonst würde dies der Phantasie Zwang anlegen. Daher wird p2c_540.012 er weder mit dem Hauptgedanken beginnen, noch mit ihm p2c_540.013 schließen. Denn nur dadurch bekommt die Jdeenreihe eine p2c_540.014 gewisse Unendlichkeit, daß sie zu Anfang und zu Ende frey p2c_540.015 ist. Darum verliehrt sich Horaz sehr gern am Ende seiner p2c_540.016 Gedichte in die Darstellung eines Bildes, einer Geschichte. p2c_540.017 Er will z. B. III. 11. die Lyde rühren durch seinen Gesang. p2c_540.018 Diese Absicht giebt er nicht gleich anfangs zu erkennen. p2c_540.019 Sondern er ruft den Merkur an, den Erfinder des Gesangs. p2c_540.020 Nun erwähnt er erst seine Hauptabsicht, daß er die Geliebte p2c_540.021 erweichen will. Dann verliehrt er sich ganz in die p2c_540.022 Erzählung der Geschichte eines liebenden großmüthigen Mädchens, p2c_540.023 und schließt damit. Hier scheint er sich von seinem p2c_540.024 Wege verirrt zu haben. Allein die freye lyrische Unordnung p2c_540.025 deutet auf einen verborgenen Plan. Denn Lyde p2c_540.026 kann an dieser Erzählung sich ein Beyspiel nehmen. ─ p2c_540.027 L. III. od. 4. ist die Hauptidee vielleicht, die Horaz hatte,
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/64>, abgerufen am 16.02.2025.
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