Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

p2c_767.001
am besten. Z. B. diene nur der Schluß eines Logogryphe p2c_767.002
von rosee si vous otez toutes les deux (r und e ersten p2c_767.003
und letzten Buchstaben) je suis un mot fort precieux, p2c_767.004
qu'a l'amant, que a scu lui plaire, l'amante ne dicte, p2c_767.005
que des yeux
. - Gewissermaßen kann man hierher p2c_767.006
auch andre Spielereyen der Dichter rechnen, wenn Anfangsbuchstaben p2c_767.007
von Worten oder Versen einen besondern Sinn p2c_767.008
haben, wenn die Verse hingeschrieben eine Figur bilden, p2c_767.009
eine Künsteley, welche man bey den Alten findet. Z. B. p2c_767.010
Syrinx Theocriti, Ara, securis, Alae von Simmias p2c_767.011
Rhodius. Das pterugion (das Räthsel auf den Amor) p2c_767.012
ist ein erhabenes Gedicht. Die Räthsel sind von jeher in p2c_767.013
Ansehn gewesen. Bey den alten Völkern waren die Orakelsprüche p2c_767.014
oft Räthsel. Homer, fabelt man, soll aus Gram p2c_767.015
über ein unauflösliches Räthsel gestorben seyn. Die Hirten p2c_767.016
in den Jdyllen der Alten geben sich Räthsel auf. Ein Räthsel p2c_767.017
war das Unglück Thebens und der Familie des Lajus. p2c_767.018
Bey den Griechen gab man sich Räthsel auf unter Androhung p2c_767.019
gesellschaftlicher Strafen, im Fall sie nicht aufgelöst p2c_767.020
werden konnten. Die Dichter gaben sich Räthsel in Versen, p2c_767.021
und lösten sie auf in demselben Sylbenmaße, z. B. p2c_767.022
Sappho beym Athenäus. Oft war die Auflösung gleich p2c_767.023
mit dem Räthsel in einem Gedichte verbunden. Clearch hat p2c_767.024
ein ganzes Buch über die Räthsel geschrieben. Er nimmt, p2c_767.025
wie Athenäus sagt, sieben Gattungen an. Daß die Alten p2c_767.026
auch Charaden und Logogryphen hatten, sieht man aus dem p2c_767.027
Athenäus X. 17. Gryphus hieß bey ihnen eine verfängliche p2c_767.028
und zweydeutige Aufgabe. ainigma eine dunkle allegorische

p2c_767.001
am besten. Z. B. diene nur der Schluß eines Logogryphe p2c_767.002
von rosée si vous otez toutes les deux (r und e ersten p2c_767.003
und letzten Buchstaben) je suis un mot fort précieux, p2c_767.004
qu'à l'amant, que a sçu lui plaire, l'amante ne dicte, p2c_767.005
que des yeux
. ─ Gewissermaßen kann man hierher p2c_767.006
auch andre Spielereyen der Dichter rechnen, wenn Anfangsbuchstaben p2c_767.007
von Worten oder Versen einen besondern Sinn p2c_767.008
haben, wenn die Verse hingeschrieben eine Figur bilden, p2c_767.009
eine Künsteley, welche man bey den Alten findet. Z. B. p2c_767.010
Syrinx Theocriti, Ara, securis, Alae von Simmias p2c_767.011
Rhodius. Das πτερυγιον (das Räthsel auf den Amor) p2c_767.012
ist ein erhabenes Gedicht. Die Räthsel sind von jeher in p2c_767.013
Ansehn gewesen. Bey den alten Völkern waren die Orakelsprüche p2c_767.014
oft Räthsel. Homer, fabelt man, soll aus Gram p2c_767.015
über ein unauflösliches Räthsel gestorben seyn. Die Hirten p2c_767.016
in den Jdyllen der Alten geben sich Räthsel auf. Ein Räthsel p2c_767.017
war das Unglück Thebens und der Familie des Lajus. p2c_767.018
Bey den Griechen gab man sich Räthsel auf unter Androhung p2c_767.019
gesellschaftlicher Strafen, im Fall sie nicht aufgelöst p2c_767.020
werden konnten. Die Dichter gaben sich Räthsel in Versen, p2c_767.021
und lösten sie auf in demselben Sylbenmaße, z. B. p2c_767.022
Sappho beym Athenäus. Oft war die Auflösung gleich p2c_767.023
mit dem Räthsel in einem Gedichte verbunden. Clearch hat p2c_767.024
ein ganzes Buch über die Räthsel geschrieben. Er nimmt, p2c_767.025
wie Athenäus sagt, sieben Gattungen an. Daß die Alten p2c_767.026
auch Charaden und Logogryphen hatten, sieht man aus dem p2c_767.027
Athenäus X. 17. Gryphus hieß bey ihnen eine verfängliche p2c_767.028
und zweydeutige Aufgabe. αινιγμα eine dunkle allegorische

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0291" n="767"/><lb n="p2c_767.001"/>
am besten. Z. B. diene nur der Schluß eines Logogryphe <lb n="p2c_767.002"/>
von <hi rendition="#aq">rosée si vous otez toutes les deux (r</hi> und <hi rendition="#aq">e</hi> ersten <lb n="p2c_767.003"/>
und letzten Buchstaben) <hi rendition="#aq">je suis un mot fort précieux, <lb n="p2c_767.004"/>
qu'à l'amant, que a sçu lui plaire, l'amante ne dicte, <lb n="p2c_767.005"/>
que des yeux</hi>. &#x2500; Gewissermaßen kann man hierher <lb n="p2c_767.006"/>
auch andre Spielereyen der Dichter rechnen, wenn Anfangsbuchstaben <lb n="p2c_767.007"/>
von Worten oder Versen einen besondern Sinn <lb n="p2c_767.008"/>
haben, wenn die Verse hingeschrieben eine Figur bilden, <lb n="p2c_767.009"/>
eine Künsteley, welche man bey den Alten findet. Z. B. <lb n="p2c_767.010"/> <hi rendition="#aq">Syrinx Theocriti, Ara, securis, Alae</hi> von Simmias <lb n="p2c_767.011"/>
Rhodius. Das <foreign xml:lang="grc">&#x03C0;&#x03C4;&#x03B5;&#x03C1;&#x03C5;&#x03B3;&#x03B9;&#x03BF;&#x03BD;</foreign> (das Räthsel auf den Amor) <lb n="p2c_767.012"/>
ist ein <hi rendition="#g">erhabenes</hi> Gedicht. Die Räthsel sind von jeher in <lb n="p2c_767.013"/>
Ansehn gewesen. Bey den alten Völkern waren die Orakelsprüche <lb n="p2c_767.014"/>
oft Räthsel. Homer, fabelt man, soll aus Gram <lb n="p2c_767.015"/>
über ein unauflösliches Räthsel gestorben seyn. Die Hirten <lb n="p2c_767.016"/>
in den Jdyllen der Alten geben sich Räthsel auf. Ein Räthsel <lb n="p2c_767.017"/>
war das Unglück Thebens und der Familie des Lajus. <lb n="p2c_767.018"/>
Bey den Griechen gab man sich Räthsel auf unter Androhung <lb n="p2c_767.019"/>
gesellschaftlicher Strafen, im Fall sie nicht aufgelöst <lb n="p2c_767.020"/>
werden konnten. Die Dichter gaben sich Räthsel in Versen, <lb n="p2c_767.021"/>
und lösten sie auf in demselben Sylbenmaße, z. B. <lb n="p2c_767.022"/>
Sappho beym Athenäus. Oft war die Auflösung gleich <lb n="p2c_767.023"/>
mit dem Räthsel in einem Gedichte verbunden. Clearch hat <lb n="p2c_767.024"/>
ein ganzes Buch über die Räthsel geschrieben. Er nimmt, <lb n="p2c_767.025"/>
wie Athenäus sagt, sieben Gattungen an. Daß die Alten <lb n="p2c_767.026"/>
auch Charaden und Logogryphen hatten, sieht man aus dem <lb n="p2c_767.027"/>
Athenäus <hi rendition="#aq">X</hi>. 17. Gryphus hieß bey ihnen eine verfängliche <lb n="p2c_767.028"/>
und zweydeutige Aufgabe. <foreign xml:lang="grc">&#x03B1;&#x03B9;&#x03BD;&#x03B9;&#x03B3;&#x03BC;&#x03B1;</foreign> eine dunkle allegorische
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[767/0291] p2c_767.001 am besten. Z. B. diene nur der Schluß eines Logogryphe p2c_767.002 von rosée si vous otez toutes les deux (r und e ersten p2c_767.003 und letzten Buchstaben) je suis un mot fort précieux, p2c_767.004 qu'à l'amant, que a sçu lui plaire, l'amante ne dicte, p2c_767.005 que des yeux. ─ Gewissermaßen kann man hierher p2c_767.006 auch andre Spielereyen der Dichter rechnen, wenn Anfangsbuchstaben p2c_767.007 von Worten oder Versen einen besondern Sinn p2c_767.008 haben, wenn die Verse hingeschrieben eine Figur bilden, p2c_767.009 eine Künsteley, welche man bey den Alten findet. Z. B. p2c_767.010 Syrinx Theocriti, Ara, securis, Alae von Simmias p2c_767.011 Rhodius. Das πτερυγιον (das Räthsel auf den Amor) p2c_767.012 ist ein erhabenes Gedicht. Die Räthsel sind von jeher in p2c_767.013 Ansehn gewesen. Bey den alten Völkern waren die Orakelsprüche p2c_767.014 oft Räthsel. Homer, fabelt man, soll aus Gram p2c_767.015 über ein unauflösliches Räthsel gestorben seyn. Die Hirten p2c_767.016 in den Jdyllen der Alten geben sich Räthsel auf. Ein Räthsel p2c_767.017 war das Unglück Thebens und der Familie des Lajus. p2c_767.018 Bey den Griechen gab man sich Räthsel auf unter Androhung p2c_767.019 gesellschaftlicher Strafen, im Fall sie nicht aufgelöst p2c_767.020 werden konnten. Die Dichter gaben sich Räthsel in Versen, p2c_767.021 und lösten sie auf in demselben Sylbenmaße, z. B. p2c_767.022 Sappho beym Athenäus. Oft war die Auflösung gleich p2c_767.023 mit dem Räthsel in einem Gedichte verbunden. Clearch hat p2c_767.024 ein ganzes Buch über die Räthsel geschrieben. Er nimmt, p2c_767.025 wie Athenäus sagt, sieben Gattungen an. Daß die Alten p2c_767.026 auch Charaden und Logogryphen hatten, sieht man aus dem p2c_767.027 Athenäus X. 17. Gryphus hieß bey ihnen eine verfängliche p2c_767.028 und zweydeutige Aufgabe. αινιγμα eine dunkle allegorische

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/291
Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804, S. 767. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/291>, abgerufen am 22.11.2024.