p2c_750.001 organisirt wird. Hierin ist Dante so ziemlich tadellos, p2c_750.002 wenn man ihn als beschreibenden Dichter ansieht. Zweytens p2c_750.003 muß aber auch der Plan so eingerichtet seyn, daß sich p2c_750.004 das System der Jdeen, der höhere Sinn der Hieroglyphe p2c_750.005 beym Genuß des Gedichts in uns immer mehr ausbilden p2c_750.006 kann. Dieses innere System, gleichsam die unsichtbare p2c_750.007 Seele der poetischen Welt, welche er erschafft, muß einfach p2c_750.008 und begreiflich seyn. Hierin fehlt es vorzüglich bey Dante.p2c_750.009 Einzeln sind seine Jdeen herrlich, höchst philosophisch, p2c_750.010 rein christlich. Z. B. was er von der Erlösung sagt. Mancher p2c_750.011 Theolog gestand, aus dem Dichter mehr Theologie gelernt p2c_750.012 zu haben, als von seinen akademischen Lehrern. Aber p2c_750.013 im Ganzen ist das Gebäude doch gothisch, zwar kühn, p2c_750.014 aber winklicht, voll sophistischer Spitzfindigkeiten. Es fehlt p2c_750.015 noch an einem lichten Hauptgedanken, der uns durch dies p2c_750.016 Labyrinth geleite. Wenn auch Dante über sein Zeitalter p2c_750.017 hervorragt, wie eine Pyramide, so mußte er doch die Dogmatik p2c_750.018 seiner Zeit zur Grundlage nehmen. - Der höhere p2c_750.019 Sinn des allegorischen Gedichts liegt in den gefühlten p2c_750.020 Jdeen. Aber jede Kleinigkeit, jeden Nebenumstand der p2c_750.021 Erfindung deuten zu wollen, ist eben so fehlerhaft, als p2c_750.022 wenn man ein wirklich episches Gedicht, wie Tasso und p2c_750.023 Ariosts Werke allegorisch auslegen wollte, wie zuweilen von p2c_750.024 den Dichtern und Commentatoren geschehen ist.
p2c_750.025 Anmerk. 2. Das Symbol soll individuell anschaulich p2c_750.026 sinnlich genug seyn, um die Einbildungskraft zu p2c_750.027 interessiren, und mit den göttlichen Jdeen vertraulich zu
p2c_750.001 organisirt wird. Hierin ist Dante so ziemlich tadellos, p2c_750.002 wenn man ihn als beschreibenden Dichter ansieht. Zweytens p2c_750.003 muß aber auch der Plan so eingerichtet seyn, daß sich p2c_750.004 das System der Jdeen, der höhere Sinn der Hieroglyphe p2c_750.005 beym Genuß des Gedichts in uns immer mehr ausbilden p2c_750.006 kann. Dieses innere System, gleichsam die unsichtbare p2c_750.007 Seele der poetischen Welt, welche er erschafft, muß einfach p2c_750.008 und begreiflich seyn. Hierin fehlt es vorzüglich bey Dante.p2c_750.009 Einzeln sind seine Jdeen herrlich, höchst philosophisch, p2c_750.010 rein christlich. Z. B. was er von der Erlösung sagt. Mancher p2c_750.011 Theolog gestand, aus dem Dichter mehr Theologie gelernt p2c_750.012 zu haben, als von seinen akademischen Lehrern. Aber p2c_750.013 im Ganzen ist das Gebäude doch gothisch, zwar kühn, p2c_750.014 aber winklicht, voll sophistischer Spitzfindigkeiten. Es fehlt p2c_750.015 noch an einem lichten Hauptgedanken, der uns durch dies p2c_750.016 Labyrinth geleite. Wenn auch Dante über sein Zeitalter p2c_750.017 hervorragt, wie eine Pyramide, so mußte er doch die Dogmatik p2c_750.018 seiner Zeit zur Grundlage nehmen. ─ Der höhere p2c_750.019 Sinn des allegorischen Gedichts liegt in den gefühlten p2c_750.020 Jdeen. Aber jede Kleinigkeit, jeden Nebenumstand der p2c_750.021 Erfindung deuten zu wollen, ist eben so fehlerhaft, als p2c_750.022 wenn man ein wirklich episches Gedicht, wie Tasso und p2c_750.023 Ariosts Werke allegorisch auslegen wollte, wie zuweilen von p2c_750.024 den Dichtern und Commentatoren geschehen ist.
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804, S. 750. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/274>, abgerufen am 19.07.2024.
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