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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.

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den Verstand. Die Allegorische wird also im ästhetischen p2c_734.002
Gebiete der Vernunft entsprechen. Was in der p2c_734.003
Logik Mittelbegriff ist, wird in der allegorischen p2c_734.004
Poesie Sinnbild.
Durch das Symbol äußerer Gegenstände p2c_734.005
ahnt und vernimmt die Vernunft mittelbar ihr p2c_734.006
inneres gesetzliches aber unbekanntes Wesen. Je mehr p2c_734.007
sich im Menschen die Vernunft entwickelt, desto mehr wird p2c_734.008
sein Geist auch im Aesthetischen die Richtung nehmen, p2c_734.009
alles äußere nur als Abbild eines innern reinern Urbilds anzusehn. p2c_734.010
Er wird sich gewöhnen, überall einen verborgnen p2c_734.011
höhern Sinn zu vermuthen, der nie ganz enthüllt werden p2c_734.012
kann. Er wird sich in doppelseitigen Beziehungen und einer p2c_734.013
räthselhaften Sprache üben, die ganze Natur wird ihm zu einer p2c_734.014
Allegorie des Geistes, welche der wissenschaftliche Naturkundige p2c_734.015
zu entziffern sucht.

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§. 2.

p2c_734.017
Da die sinnbildlichen Gegenstände, welche p2c_734.018
die allegorische Poesie darstellt, in einem idealen p2c_734.019
Licht erscheinen sollen, so muß nach den oben festgestellten p2c_734.020
Grundsätzen, 1) die poetische Allegorie keinen p2c_734.021
Zwang des überlegenden Verstandes verrathen, sie p2c_734.022
muß begriffslos, wie eine freye Phantasie in der Seele p2c_734.023
des Dichters entstehn, 2) sie muß sinnlich, anschaulich, p2c_734.024
lebendig, individuell seyn, 3) sie muß die Sphäre der p2c_734.025
allegorisch individualisirten Begriffe vollkommen erschöpfend p2c_734.026
nach allen Beziehungen erklärbar als eine systematische

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[734/0258] p2c_734.001 den Verstand. Die Allegorische wird also im ästhetischen p2c_734.002 Gebiete der Vernunft entsprechen. Was in der p2c_734.003 Logik Mittelbegriff ist, wird in der allegorischen p2c_734.004 Poesie Sinnbild. Durch das Symbol äußerer Gegenstände p2c_734.005 ahnt und vernimmt die Vernunft mittelbar ihr p2c_734.006 inneres gesetzliches aber unbekanntes Wesen. Je mehr p2c_734.007 sich im Menschen die Vernunft entwickelt, desto mehr wird p2c_734.008 sein Geist auch im Aesthetischen die Richtung nehmen, p2c_734.009 alles äußere nur als Abbild eines innern reinern Urbilds anzusehn. p2c_734.010 Er wird sich gewöhnen, überall einen verborgnen p2c_734.011 höhern Sinn zu vermuthen, der nie ganz enthüllt werden p2c_734.012 kann. Er wird sich in doppelseitigen Beziehungen und einer p2c_734.013 räthselhaften Sprache üben, die ganze Natur wird ihm zu einer p2c_734.014 Allegorie des Geistes, welche der wissenschaftliche Naturkundige p2c_734.015 zu entziffern sucht. p2c_734.016 §. 2. p2c_734.017 Da die sinnbildlichen Gegenstände, welche p2c_734.018 die allegorische Poesie darstellt, in einem idealen p2c_734.019 Licht erscheinen sollen, so muß nach den oben festgestellten p2c_734.020 Grundsätzen, 1) die poetische Allegorie keinen p2c_734.021 Zwang des überlegenden Verstandes verrathen, sie p2c_734.022 muß begriffslos, wie eine freye Phantasie in der Seele p2c_734.023 des Dichters entstehn, 2) sie muß sinnlich, anschaulich, p2c_734.024 lebendig, individuell seyn, 3) sie muß die Sphäre der p2c_734.025 allegorisch individualisirten Begriffe vollkommen erschöpfend p2c_734.026 nach allen Beziehungen erklärbar als eine systematische

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Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804, S. 734. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/258>, abgerufen am 22.11.2024.